

Reportage: Pedrazzini
Die Künstler vom Zürichsee - Seite 2
Könige des Mahagoniholzes
Nach technischen Spielereien sucht man bei Pedrazzini-Booten vergeblich. Die Werft hat keinen anderen Anspruch, als beim traditionellen Holzbootbau aus Mahagoni international führend zu sein. Unverzichtbare Grundlage dafür sind die Qualität der verarbeiteten Holzarten sowie die außergewöhnliche Sorgfalt und Geduld in jeder Produktionsphase, vom Zuschneiden der Hölzer über den Trocknungsprozess bis zum Zusammenbau. Jeder Arbeitsschritt wird nach wie vor von Hand ausgeführt, vom Zeichenbrett bis zum letzten Polieren. In den Werkshallen herrscht eine Mischung aus ernster Konzentration und ehrlicher Freude über das Geschaffte.
Eine verlässliche Quelle für das benötigte Mahagoni ist dabei unverzichtbar, um Qualität und Haltbarkeit des Endproduktes zu sichern. Die Baumstämme, die besonders gerade gewachsen sein müssen und eine Länge von etwa elf Metern haben sollten, stammen aus Afrika. Angekauft werden sie in Deutschland, bevor sie in der Schweiz für vier Jahre zum Trocknen gelagert werden. Das Edelholz im Lager der Werft reicht in der Regel für ein Jahr.
Der Rumpf einer typischen Capri, Vivale oder Special entsteht um ein Gerüst herum, dessen einzelne Elemente in einem Stück aus solidem Holz ausgesägt werden. Die Rumpfseiten bestehen aus drei Holzschichten aus einzelnen Streifen, die unter Berücksichtigung des Faserverlaufes in Längsrichtung oder diagonal gelegt werden, um der Struktur die größte Stabilität zu geben. Die Stärke beträgt insgesamt 13 Millimeter, am Rumpfboden sind es, je nach Modell, 12,5 bis 15 Millimeter aus maximal elf Schichten.
Fünfzehn Arbeiter – darunter mehrere Lehrlinge – stellen auf diese Weise sechs bis sieben Rümpfe pro Jahr her. Derzeit entspricht das ungefähr dem, was das Auftragsbuch der Werft ausweist. Vor knapp zehn Jahren habe man zwar noch über die zwei- bis dreifache Anzahl von Aufträgen verfügt, berichtet Claudio, dazu kämen heute jedoch noch Lagerung, Wartung, Restauration und Pflege von bis zu dreißig weiteren Runabouts auf dem Gelände.
Drei Glückssterne
Rund 100 Jahre nach der Firmengründung blickt man bei Pedrazzini deshalb durchaus zuversichtlich in die Zukunft. Etwa 2000 Boote sind in dieser Zeit am Zürichsee gebaut worden, eine Baunummerierung führte Ferruccio allerdings erst 1958 ein. Das derzeit letzte ausgelieferte Runabout trägt daher „erst“ die Nummer 1155.
Es ist kein Zufall, dass das Original-Pedrazzini-Steuerrad, angefertigt von der berühmten Firma Nardi, von drei Sternen geziert wird: das Glückssymbol, das auf dem Stander am Mast flattert, gilt als Schutzzeichen in einer Welt, die zwar komplizierter wird, aber zum Glück noch immer Wert auf perfektes Handwerk legt – von Generation zu Generation.
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