Meinert Matzek
· 24.10.2022
Hohe Luftfeuchtigkeit im Winterlager schadet Boot und Ausrüstung. Wir zeigen, wie man die Luft trocken bekommt und dafür sorgt, dass sie auch trocken bleibt
Während der Sommermonate ist in der Regel durch den Gebrauch des Bootes für genügend Luftaustausch gesorgt. Der verhindert den übermäßigen Anstieg der Luftfeuchtigkeit und begrenzt so ihren zerstörerischen Einfluss. Im Winterlager jedoch ist sie mit Hilfsmitteln so niedrig wie möglich zu halten. Anderenfalls kann die Feuchtigkeit über Monate in aller Stille für unkontrollierbaren Spak sorgen, der überallhin kriecht und für Muffgeruch sorgt. Hinter Einbauten und Verkleidungen ist der nur schwer wieder zu beseitigen.
Auch Textilien jeglicher Art sind gefährdet. In einem mit Ölzeug vollgestopften Schrank kann selbst unter besten Voraussetzungen kein Luftaustausch erfolgen, sogar im Sommer nicht. Total verspaktes Regenzeug kann die Folge sein. Teile aus Leder sind im Frühjahr unter Umständen nur noch Schimmelklumpen. Durch das Senkrechtstellen von Kojenauflagen und Sitzpolstern lassen sich zwar die möglichen Schäden an deren Unterseiten vermeiden, aber nicht an den Kanten, mit denen sie nun allein aufliegen.
Ob im Frühjahr derlei Probleme offenbar werden, ist nur eine Frage des Klimas. Das lässt sich relativ einfach beeinflussen. Sobald das Schiff an Land steht und alle Reinigungsarbeiten mit Wasser am und im Rumpf abgeschlossen sind, werden deshalb sämtliche Wasserreste aus dem Schiff entfernt. Und zwar nicht nur aus allen Bilgensektionen und der Motorbilge, sondern auch aus allen Stauräumen und sonstigen möglichen versteckten Winkeln. Schwämme, Saugtücher und Haushaltsrollen sind dabei von Nutzen. Hervorragend geeignet sind auch Baby-Windeln, die man in die Bilge legt.
Bei dieser Gelegenheit wird auch untersucht, wo sich überall Nässe bilden und stehen bleiben könnte. Manchmal ist es nur die tropfenförmige Kondensfeuchtigkeit, die innen an den Bordwänden unbemerkt herabläuft. Auch unter Kühlschränken oder -boxen kann es unbemerkt zu Nässeansammlungen kommen. Ursache dafür sind schlecht oder gar nicht isolierte Leitungsübergänge in die Kühlbox, an denen sich Eis bilden kann. Dieses sorgt permanent für Schmelzwasser. Nicht nur, wenn der Kühlschrank nach dem Wochenendtörn außer Betrieb genommen wird, sondern auch beim Abtauen. Bleibt es unentdeckt, kann es obendrein in aller Stille für Rott sorgen, sobald es unbehandelte Holzteile in einer Dauerfeuchte hält.
Auch an den Außenwänden von Wassertanks, besonders denen aus Metall, können sich überraschende Mengen an Kondenswasser bilden. Erst wenn alles aufnehmbare Wasser entfernt ist, ist der Einsatz von Luftentfeuchtern zur Erhaltung einer möglichst niedrigen Luftfeuchtigkeit wirksam. Wasserentzug oder, genauer gesagt, Lufttrocknung lässt sich auf chemischem oder physikalischem Wege erreichen. Bei ersterer Methode kommen hygroskopische Granulate zum Einsatz, die die Wassermoleküle binden und zur Reaktion verleiten. Die dabei entstehende Flüssigkeit muss aufgefangen werden. Bei der elektrischen Methode wird die feuchte Luft wie in einer Klimaanlage abgekühlt und das dabei entstehende Kondenswasser ebenfalls aufgefangen.
Die hygroskopische Methode ist die einfachste und preiswerteste. Je nach Größe und Ausstattung des Auffangsystems gibt es die unterschiedlichsten Marken und Produkte, einige schon für weniger als fünf Euro. Das Bindemittel, ein Granulat im luftdurchlässigen Beutel oder in Tablettenform, wird luftdicht eingeschweißt zusammen mit dem meist raumsparend ineinander verschachtelten Auffangbehälter geliefert. Die Granulate gibt es preisgünstig als Nachfüllpack. Die Gefäße sind in der Regel so dimensioniert, dass sie für die gesamte Wassermenge bis zur vollständigen Auflösung des Granulats ausreichen. Diese Luftentfeuchter werden von vielen Yachtausrüstern angeboten, sind aber auch in Bau- oder Supermärkten erhältlich.
Eine Sonderform dieser eher passiven Lufttrocknung sind sogenannte Dry Bags. Sie enthalten Granulate aus Silicagel, die ebenfalls der Umgebungsluft Feuchtigkeit entziehen, sich dabei aber nicht selbst auflösen. Sie können daher mehrfach verwendet werden, indem man sie unter Hitzezufuhr regeneriert, beispielsweise bei 175 Grad im Backofen. Manche Luftentfeuchter enthalten als Trockenmedium Gesteinsgranulate, deren Regenerierung auch in der Mikrowelle erfolgen kann. Derartige Dry Bags können bis zu 80 Prozent ihres Eigengewichts an Wassermenge aufnehmen Sie sind etwas teurer als die sich auflösenden Granulate.
Die elektrische Methode ist der effektivste Weg, um der Feuchtigkeit Herr zu werden. Einfachere Geräte gibt es schon für weniger als 50 Euro. Diese Luftentfeuchter sind zwar recht leistungsstark, haben aber bauartbedingt ihre Grenze im Fassungsvermögen. Ist diese erreicht, schalten sie aus Sicherheitsgründen selbstständig ab. Das tun auch die größeren, leistungsfähigeren mit größeren Tankkapazitäten. Einige bieten jedoch als Alternative zum Sammeltank die Möglichkeit einer Permanentabführung der Kondensflüssigkeit mithilfe eines Schlauchanschlusses nach außen. Wer sich im Internet unter dem Begriff „elektrische Luftentfeuchter“ umschaut, findet eine riesige Auswahl der unterschiedlichsten Leistungsstufen und Preisklassen.
Dieser aktive Weg der Lufttrocknung erfordert jedoch permanente Stromzufuhr und hat zur Folge, dass auf Dauer ein elektrisches Gerät ohne Aufsicht im Boot betrieben wird. Beides ist in der Regel aber in professionellen Winterlagern aus Sicherheitsgründen untersagt. Was also tun? Nach gründlichster manueller Austrocknung sollte das Boot kurzfristig mittels eines elektrischen Entfeuchters bei geöffneten Schränken und Stauräumen weiter getrocknet werden. Danach die passive Form der Zustandserhaltung des so erzeugten optimalen Raumklimas anwenden. Schimmel und Spak haben dann keine Chance mehr.
Wer sein Boot derart versorgt hat, muss übrigens nicht für eine Permanentbelüftung sorgen. Im Gegenteil, man sollte sogar alle Luken gut verschließen, damit keine Luftfeuchtigkeit von außen nachfließen kann.