90 Jahre Bootswerft Frauscher - Tradition und Innovation

Gernot Apfelstedt

 · 28.06.2017

90 Jahre Bootswerft Frauscher - Tradition und InnovationFoto: x

Ein kleiner Handwerksbetrieb erobert die Welt: Die österreichische Bootswerft Frauscher feiert rundes Jubiläum

„Damals wie heute geht es darum, den Blick in die Zukunft zu richten, neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu sein und den Mut zu haben, neue Wege zu gehen, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren."

Das schreibt Stefan Frauscher in der Jubiläumszeitung zum 90-jährigen Bestehen eines Familienbetriebs, den er gemeinsam mit seinem Bruder Michael und seiner Cousine Andrea Frauscher-Oberfrank in dritter Genera­tion führt. Er verrät damit wohl das Erfolgs­geheimnis einer in vielfacher Hinsicht außergewöhnlichen Bootswerft.

Was wie die Quadratur des Kreises anmutet, scheint bei Frauscher weder widersprüchlich noch unerreichbar. Der Spagat zwischen den nach wie vor regionalen Wurzeln und der internationalen Ausrichtung des Unternehmens gelingt offenbar ebenso wie die Fusion von Tradition und Innovation. Ob die beliebten, zwischen fünf und sechs Meter langen Holzmotorboote mit Außenborder Marke Fisch, Starfisch, Untertasse und Delphin in den 1950er- und 1960er-Jahren oder die modernen Motor- und Elektroyachten mit dem unverwechselbaren Frauscher-Design wie St. Tropez, Valencia, Lido, Riviera, Benaco, Fantom, die preisgekrönten 717 GT und 1017 GT bis zum derzeitigen Flaggschiff 1414 Demon – alle wurden und werden am oberösterreichischen Traunsee gefertigt.

Und doch ist die Werft, die 50 Mitarbeiter beschäftigt, zum Global Player aufgestiegen. Frauscher hat heute Vertretungen in 14 Län­dern, darunter die USA, Russland und Korea und seit 2012 – dem Jahr, in dem die neue Produktion in Ohlsdorf nörd­lich von Gmunden eingeweiht wurde – auch einen Stützpunkt in Port Adriano auf Mallorca.

Eine Entwicklung, von der Engelbert Frauscher wohl kaum zu träumen gewagt hätte, als er 1927 an der Alten Donau in Wien eine Bootswerft gründet. In der Bootswerft Ratz in St. Gilgen am Wolfgangsee hat er sein Handwerk gelernt, dann zieht es ihn aus wirtschaftlichen Überlegungen in die österreichische Hauptstadt. Dort macht er sich bald einen Namen, vor allem durch den Bau der legendären O-Jolle, die 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin gesegelt wird. Der Zweite Weltkrieg trifft auch Frauscher schwer. Werkstatt und Wohnung werden zerbombt, so beginnt die Familie 1945 in Gmunden neu – auf dem Areal an der Traunsteinstraße, wo Frauscher heute zudem einen Boots­hafen betreibt.

Die Gründungswerft 1927 in Wien
Foto: Werft

Dass die amerikanischen Besatzer den dortigen Yachtclub übernommen haben, soll sich für Engelbert Frauscher bald als Chance erweisen. Der versierte Bootsbauer kommt den Amerikanern wie gerufen, um die ramponierten Boote für sie wieder herzurichten. Mit dem Abzug der U.S. Army beginnt der Aufstieg des Betriebes; auch die Söhne Ernst und Hans steigen ein. Der Holzbootbau floriert, eine Segelschule wird eröffnet und 1969 das erste Polyesterboot hergestellt. Die 540 Portofino ist der Schlager im Elektrobootverleih und noch heute auf Seen in Deutschland und Österreich im Einsatz.

1982 markiert einen weiteren Meilenstein in der Historie des Familienbetriebes: Hans Frauscher wird mit dem von der Werft bis heute über 700-mal gebauten H-Boot Segelweltmeister, mit seinem Sohn Michael tritt die dritte Generation in das Unternehmen ein. Seit 1996 sind auch Ernst Frauschers Tochter Andrea – sie führt im Hafen die Geschäfte – und Hans Frauschers jüngster Sohn Stefan mit an Bord. Das Trio entwickelt den Familienbetrieb zu einer der modernsten Bootswerften Europas. Sein Leitgedanke bestimmt auch den künftigen Kurs:

„History writes future.“

Info: Frauscher Bootswerft GmbH & Co KG, Betriebspark Ehrenfeld 3, A-4694 Ohlsdorf, Tel. 0043/(0)7612/63 65 50, Fax 63 65 511