Christian Tiedt
· 06.05.2011
SCHLEUSEN-SPEZIAL, TEIL 4: Was man beachten muss, wenn sich die Schleusentore schließen und es allein oder mit anderen zu Berg oder zu Tal geht.
Einfahrt in die Schleuse
Losmachen sollten Sie immer erst dann, wenn das Signal wirklich Grün zeigt (siehe Kasten auf Seite 81). Selbst wenn die Kammer bereits leer erscheint, kann noch ein unvermuteter Nachzügler herauskommen. Springt sie wieder auf Rot, heißt es zurück zur Wartestelle, selbst, wenn das Tor schon fast passiert ist. Schnelles Vorpreschen wird den Schleusenwärter in keinem Fall umstimmen.
Sind Sie allein, haben Sie in der Regel freie Platzwahl in der Kammer. Bei mehr Verkehr befolgen Sie die Anweisungen des Schleusenpersonals, das die meiste Erfahrung beim „Sortieren“ hat. Auch in der Schleuse wird niemals überholt! Wenn Sie angewiesen werden, bei einem anderen Boot längsseits ins Päckchen zu gehen, fendern Sie diese Seite besonders gut ab.
Neue Schleusenwände bestehen meistens aus glattem Beton (gut) oder stählernem Spundprofil (weniger gut, siehe oben), ältere sind zum Teil noch geziegelt. Eine seltene Besonderheit stellen dabei Schleusen mit geböschten (soll heißen: schrägen) Kammerwänden dar, die dort gebaut wurden, wo der Untergrund weniger fest war; ihre Zahl ist jedoch sehr gering.
Die Leinenführung
Kajütboote und größere Yachten müssen mit mindestens zwei Schleusenleinen gesichert werden, bei kleinen Booten kann eine Leine mittschiffs ausreichend sein – das hängt aber stark davon ab, wie viel Bewegung im Wasser ist (besonders bei einer Bergschleusung, siehe Seite 81). Sehr hilfreich kann ein Schleusenhaken sein, um sich an einer Leiter oder einer Steigstange „einzupicken“. Bootshaken sind – obwohl häufig beobachtet – in der Schleuse nur zum Überlegen einer Leine über einen Poller gut geeignet; um das Boot damit an der Kammerwand zu halten, sind das Hebelverhältnis (und der eher kleine Haken) ungeeignet.
Neben Leitern und Steigstangen eignen sich natürlich auch die in der Wand eingelassenen Poller für die Leinenführung. Großschifffahrtsschleusen sind zudem häufig mit sogenannten Schwimmpollern ausgerüstet; sie laufen in Führungsschienen, sodass sie sich mit dem Wasserspiegel heben und senken. Alle Leinen müssen immer auf Slip geführt und dürfen niemals festgemacht werden – wird ein Boot wegen eines Knotens bei der Talschleusung gewollt oder ungewollt „an der Klampe aufgehängt“, kann es schnell teuer werden!
Der Drempel
Vorsicht auch vor der gelben Drempelmarkierung: Die eigentliche Schleusenkammer wird durch die Tornischen begrenzt. Ihre „nutzbare Länge“ ist jedoch geringer; sie liegt zwischen den Drempelmarkierungen. Boote in der Schleuse dürfen diese Markierung nicht überschreiten, da sie bei der Talschleusung sonst auf dem Oberdrempel aufsitzen können.
Liegt man sicher, wird der Motor abgestellt, damit die Schleusenkammer (besonders für Paddler!) nicht zur Räucherkammer wird. Doch bevor es weitergeht, werfen wir einen schnellen Blick auf die verschiedenen Schleusenbetriebsarten.
Selbstbedienungsbetrieb
Viele Schleusen in den Sportbootrevieren sind inzwischen für den halb automatischen Selbstbedienungsbetrieb ausgelegt. Das bedeutet, dass die Crew keine Muskelarbeit beim Öffnen und Schließen der Tore und Schütze mehr leisten muss, sondern die Schleusung von Bord einleiten kann – wenn am sogenannten „Anforderungsschalter“ gedreht wird.
Ein Schleusenwärter ist nicht mehr vor Ort, bei Problemen gibt es jedoch in der Regel eine Rufanlage, und das Gelände wird per Videokamera überwacht. Schleusen dieser Art findet man auf den weitverzweigten Mecklenburgischen und Brandenburgischen Gewässern immer häufiger – entweder als Ersatzneubau oder umgerüstet.
Die Anforderungsschalter sind meistens blau, doch auch Grün kommt vor. In unmittelbarer Nähe befindet sich zusätzlich eine Tafel mit Bedienungshinweisen. Wird die Stange gedreht, beginnt ein Signallicht an ihrer Spitze zu leuchten – die Anforderung wurde von der Automatik registriert. Nun ist den Anweisungen auf der Leuchtschriftanzeige und den Ampelsignalen Folge zu leisten.
Nach der Einfahrt in die Kammer wird der „Weiterschleusungsschalter“ (in gleicher Farbe) erst gedreht, wenn alle mitschleusenden Boote Bereitschaft signalisieren. Die rote Stange darf nur im Notfall gedreht werden; sie unterbricht die laufende Schleusung, und die Leitstelle wird alarmiert. Rettungsmittel befinden sich an Land.
Im Bereich der Großschifffahrt ist Selbstbedienung (noch) keine Option; allerdings werden auch hier immer mehr Schleusen auf fernüberwachten Betrieb umgerüstet, bei dem ein ganzer Revierabschnitt von einer Zentrale per Knopfdruck gesteuert wird. Der Großteil der Schleusen verfügt aber immer noch über Personal während der Betriebszeiten.
Die Schleusung
Wie die eigentliche Schleusung abläuft, wurde bereits in Teil 1 erklärt. Natürlich läuft die Talschleusung gleich in mehrfacher Hinsicht leichter ab: Strudel und Strömungen treten kaum auf, und das Boot zerrt trotz Sog nur selten an den Leinen. Die können – wenn die Fallhöhe nicht zu groß ist – bequem oben auf dem Poller am Kammerrand liegen bleiben und müssen nur auf Slip nachgefiert, aber nicht umgelegt werden. Unten angekommen, wird ein Ende einfach abgezogen (natürlich muss man vorher sicher sein, dass die Leine dafür lang genug ist).
Bei der Bergschleusung kann es wie erwähnt, besonders in kleineren Schleusen, schon etwas rauer zugehen. Das Wichtigste: Denken Sie daran, die Leinen immer rechtzeitig auf einen höheren Punkt umzulegen. Warten Sie nicht, bis der Poller mit der Leine schon unter der Wasserlinie verschwindet – auch eine Leine auf Slip kann sich verhaken.
Und keine Angst vor Schlick und Dreck an der Kammerwand, ziehen Sie lieber alte Arbeitshandschuhe an. Zu den Aufgaben des Skippers gehört übrigens auch, die anderen Fahrzeuge um sich herum im Auge zu behalten. Geht dort alles so glatt wie bei Ihnen an Bord? Ein freier Fender, der schnell an gefährdeter Stelle eingesetzt werden kann, vermeidet Beulen.
Bei der Ausfahrt lässt man, wenn möglich, Kanuten und Kajakfahrern den Vortritt. Den Motor sollte man erst starten, wenn sich das Tor öffnet und die Leinen erst dann lösen, wenn man grünes Licht hat und der Weg wirklich frei ist.
Im Notfall
Tritt doch einmal ein Notfall ein, wenn sich eine Leine verhakt hat, die unter Zug nicht mehr gelöst werden kann, machen Sie so schnell wie möglich auf Ihre Lage aufmerksam, sodass die Schleusung gestoppt werden kann – entweder von einer anderen Crew (bei einer Selbstbedienungsschleuse) oder vom Schleusenpersonal. Auch eine Schwimmweste kann in der Schleuse generell nicht schaden