Ralf Marquard
· 31.03.2013
Privateer Elegance 43: ein Stahlverdränger, der auf zwei Personen zugeschnitten ist Wir fuhren das Boot auf dem niederländischen Heegermeer.
Auf über 13 m Bootslänge bringen Kajütboothersteller in der Regel mindestens zwei Schlafkabinen unter. Nicht so auf unserem Testboot, der Privateer Elegance 43, die von den niederländischen Bootsbauern zusammen mit dem Eigner für ein bequemes Leben zu zweit konstruiert wurde.
Zu diesem Zweck bringt die Werft nur im Bug eine Kabine unter, in der eine große, bequeme Doppelkoje mit vorbildlich unterlüfteten (Lattenroste) Polstern steht. Damit es sich leichter in die Koje krabbeln lässt, findet man neben der Koje Stufen. Weitere Annehmlichkeiten: Die Stauraumklappe unter dem Bett ist zum einfachen Bedienen mit Gasdämpfern ausgerüstet, und im vorderen Bereich befindet sich eine Schublade, die vom Fußraum aus gut zugänglich ist. Kleinigkeiten kommen auf die Ablagen und Kleidung in die zwei Schränke mit Haltestangen.
Gelüftet wird über Bullaugen und Deckenluk. Wem das an warmen Tagen nicht reicht, der ordert gegen Aufpreis eine Klimaanlage. Fazit hinsichtlich der Kabine: nicht riesig, aber sehr praktisch angeordnet und ausgerüstet. Ein gut belüfteter WC-Raum an Steuerbord und eine Dusche an Backbord, beide großzügig geschnitten und komfortabel bestückt, sind vor der Bugkabine eingebaut. Die Stehhöhen liegen um 1,93 m bis 1,96 m. Eine Etage höher im Salon beträgt der Abstand Boden–Decke gar über 2,00 m. Dort findet man eine U-Sitzecke mit Tisch, die sich zur Koje wandeln lässt, um beispielsweise Kinder übernachten zu lassen oder einem Gast als „Notquartier“ zu dienen.
Die Festigkeit der Polster bekommt gute Noten, was ebenfalls für die Ausrüstung und Aufteilung der Pantry auf der gegenüberliegenden Seite gilt. Hier arbeitet der Smutje mitten im Geschehen. Damit er auch am Ankerplatz auf Cerankocher (Extra) und Mikrowelle seiner Leidenschaft frönen kann, installiert Privateer auf unserem Testboot einen 5-kW-Inverter. Das Schönste am Ankerplatz ist aber unbestritten die Aussicht vom Salon aus. Verantwortlich für den uneingeschränkten Rundumblick sind die großen Fenster in der Front, in den Seiten und im Heckbereich. Kurz: ideal zum Sitzen, Schauen, Klönen und Essen.
Wer Letzteres unter freiem Himmel tun möchte, begibt sich ins geräumige Cockpit zur geteilten U-Sitzbank mit freistehendem Tisch. Zusätzliche Sitzmöglichkeiten lassen sich jederzeit mit weiteren Möbeln realisieren. Fürs Cockpit gibt es ein Biminiverdeck, um sich vor zu kräftiger Sonneneinstrahlung oder leichtem Regen zu schützen.
Badelustige finden ihren Platz auf der ausreichend großen Badeplattform, die man über eine stabile Schotttür zwischen der Heckbank bequem erreicht. Die serienmäßige 4-Stufen-Niroleiter lässt sich auch vom Wasser aus ordentlich bedienen, und wer sich nach dem Bad kurz abduschen möchte, erledigt dies an einer Heckdusche (warm/kalt).
Fahren und Manövrieren
Gefahren wird, wie bei den Sedan-Versionen üblich, vom Salon aus. Der Fahrstand auf unserm Testboot befindet sich auf der Backbordseite und bietet einen bequemen Fahrersitz mit Armlehne und Verstellmöglichkeiten nach vorn und zurück. Wer seine Füße auf das vorgesehene Fußstützbrett stellen möchte, muss entweder die Knie spreizen oder den Fahrersitz weit nach hinten schieben. Letzteres ist aber stets ein Kompromiss zwischen dem Abstand zum Steuerrad und der Beinfreiheit.
Besser hat es in diesem Punkt der Beifahrer auf einer gut gepolsterten Doppelbank an Steuerbord, die für zwei Personen reicht. Zum Festhalten bieten sich hier allerdings nur die Möbelkanten an. Damit der Fahrer auch an Regentagen immer gute Sicht hat, installiert Privateer an der geteilten Frontscheibe (Thermoglas) drei Doppelarmscheibenwischer (mit Waschanlage). Der Blick auf die Instrumente ist praxistauglich, wobei sich besonders der schräggestellte Raymarine-Kartenplotter sitzend und stehend gut ablesen lässt.
Als Testrevier zeigte er das Heegermeer in Holland. Ein optimales Revier, um mit der Privateer zu wandern. Wer dies in Schleichfahrt tun möchte, lässt den Vetus-Diesel etwa 1000/min drehen und bewegt sich mit gemütlichen 4,5 kn durchs Wasser. Die Reichweite mit 600 l Spritvorrat beträgt abzüglich 15 % fast 1000 sm. Als Marschfahrt nennt die Werft 7,5 kn was nach unseren Messungen gut 2000/min entspricht. Für die Reichweite errechnen sich in dieser Situation akzeptable 250 sm. Mit Vollgas verzeichneten wir eine theoretische Reichweite von gut 150 sm bei einer Geschwindigkeit von maximal 8,4 kn. Auf tieferen Gewässern würde sich diese noch ein wenig erhöhen, da sich eine Wassertiefe von nur etwa drei Metern auf dem Testrevier negativ auf die Fahrt auswirkt und der Rumpf quasi abgebremst wird.
Um den einmal eingeschlagenen Kurs zu halten, muss man den Rumpf kurz einpendeln lassen und dabei – wenn überhaupt – nur wenig gegenlenken. Gut ist in diesem Punkt die Ruderlagenanzeige, die nach einer Kurvenfahrt schnell die "neue Mitte" finden lässt. Integriert ist diese Anzeige in der Selbststeueranlage, die bei Bedarf auf Seen (oder auf See) den Steuermann ersetzt. Damit die Reise sich auch für die Ohren komfortabel gestaltet, versieht die Werft den Motorraum sorgsam mit einer Schallisolierung, die den Sound der Maschine (maximal 69 dB/A) wirksam dämmt.
Weitere Annehmlichkeit und Sicherheit gewährleisten die installierten Bug- und Heckstrahlruder. Mit diesen und dem leichtgängigen Ruder (Hydraulik) steuert man die Privateer zielgenau in die Box, an den Steg oder an die Schleusenwand.
Schnelle Kurven von etwa 1 ½ Bootslängen Durchmesser quittiert der Rumpf mit geringer Schräglage auf der Kurvenaußenseite und weichem Einschwingen in die eigene Welle. Einziges Manko: Beim Herauslenken muss man auf den ersten Zentimetern Kraft aufwenden, um das Steuerrad zu drehen. – Der Rauwassertest fiel wegen fehlender Wellen aus.
Motor, Tank, Elektrik
Den fest auf Stahlfundamenten stehenden Vetus-Diesel erreicht man über eine Klappe im Salon mit zwei Gasdämpfern. Im Bereich der Luke hat der Servicemann ordentlich Platz für Wartungsarbeiten, auf der Backbordseite muss er sich mit etwa 0,70 m Kopffreiheit zufriedengeben. Leitungen und Schläuche verlegten die Techniker sauber und fest. Weiteres Lob gibt es für Dieselleitungen aus Kupferrohr, Absperrhahn (fernschaltbar), doppelt ausgeführte Dieselreinigung mit Filterpatronen und Ablasshahn.
Damit der Strom ohne Landanschluss nicht so schnell ausgeht, installiert die Werft reichlich Starter, Strahlruder- sowie Bordnetzbatterien und (auf unserem Testboot) einen 3,5-kW-Whisper-Generator (Extra). Die Steuerung der Verbraucher läuft über ein Bussystem, das über Taster angesteuert wird. Teilweise lassen sich auch die Haupt-schalter des Bordnetzsystems darüber bedienen. Ansonsten sitzen im Motorraum noch die altbewährten manuellen Hauptschalter.
Dass Privateer ein hohes Maß an Sicherheit bietet, sieht man nicht nur an der stabilen Reling und dem rutschfesten Stabdeck, sondern auch an der Ausrüstung mit drei elektrischen und einer manuellen Lenzpumpe sowie zwei Feuerlöschern und einer Feuerlöschanlage im Motorraum. Erstklassige Baukunst findet man auf dem gesamten Boot. Das beginnt mit fachmännischen Schweißnähten und der Lackierung, geht über die polierte Reling und Scheuerleiste und endet bei den Einbauten mit exakten Spaltmaßen.
Fazit: Privateer Elegance 43 ist ein perfektes Boot für zwei Personen, die Ruhe und Komfort schätzen. Die mäßige Durchfahrtshöhe ist optimal für Binnenreviere; Reichweite und CE-Kategorie B lassen jedoch auch die Fahrt auf See zu, wie beispielsweise zur Insel Bornholm.
Werft: Privateer
Typbezeichnung: Privateer Elegance 43
CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern
Material von Rumpf und Deck: Stahl
Länge: 13,10 m
Breite: 4,20 m
Verdrängung: 16,50 t
Preis: 571.200,00 €