TestLinssen Grand Sturdy 530 - Strecke machen

Ralf Marquard

 · 27.06.2016

Test: Linssen Grand Sturdy 530 - Strecke machenFoto: Morten Strauch
Test Linssen Grand Sturdy 530 | 30

Linssen Grand Sturdy 530 AC Wheelhouse: baut die Werft für große Fahrten. Angetrieben wird sie von zwei 174-PS-Dieselmotoren aus dem Hause Volvo Penta.

Um im Vorwege die Verwirrung so gering wie möglich zu halten, ein paar Worte zu der Bezeichnung Linssen 530. Als wir mit dem Boot im Sommer gefahren sind, trug es noch die Bezeichnung 52.9. Zum 01.09.2015 hat Linssen jedoch seiner gesamten Modellpalette neue Namen gegeben und umstrukturiert. Wieso? Dazu aus Händlerkreisen:

„Die Modellvielfalt bei Linssen hat die Übersicht nicht gerade einfach gemacht. Durch die neue Straffung möchte man dem Kunden eine übersichtlichere Modellpalette, bessere Gestaltungsmöglichkeit und Individualität an die Hand geben. Außerdem erhofft sich Linssen noch eine serienfreundlichere Produktion."

Gefahren sind wir unsere Testversion 52.9 Wheelhouse auf der Ems zwischen Emden und der Nordsee. Letzteres ist ein Gebiet, wo das Boot auch gut hinpasst, denn mit der CE-Kategorie A (Hochsee) ist sie für die große Fahrt gedacht.

An unserem Testtag zeigte sich die Ems von einer ruhigen Seite, und wir bekamen es nur mit „einfachen" Kabbelwellen zu tun, die der robuste Stahlrumpf spielend durchfuhr. Für größere Kaliber hat die Linssen ein Stabili-sierungssystem (Rotorswing, siehe dazu auch BOOTE 07/15) an Bord, das gut 50 000 Euro Aufpreis kostet.

Gefahren wird die 530 an einem aufgeräumten Fahrstand an Backbord. Er befindet sich zusammen mit einem längs zur Fahrtrichtung eingebauten „Sofa" und verstellbarer Fahrer-Doppelsitzbank (Lehne zum Klappen) im Wheelhouse (Steuerradhaus mit Schiebedach), das eine gute Rundumsicht bietet.

Der Blick auf die Monitore ist tadellos, auf den waagerecht eingebauten Volvo-Instrumenten treten mäßige Reflexionen auf. Verbraucher schaltet man modern über Touch-Screen-Displays. Sollten sie ausfallen, hat Linssen vorbildlich Notschalter (hinter der Dinette) installiert.

Die beiden Volvos bedient man über eine elektronische EVC-Einheit, dessen Hebel sich kinderleicht schieben lassen. Das Steuerrad dreht man, selbst entspannt zurückgelehnt, leichtgängig und exakt. Das Lenkrad benötigt der Fahrer beim Manövrieren nur wenig, denn mit zwei Maschinen und dem Bug- sowie Heckstrahlruder lässt sich die Linssen geschickt lenken.

Das gibt dem Skipper absolute Sicherheit beim Anlegen. Eine gute Figur macht die 530 ebenfalls bei schnellen Manövern. Hierbei legt sich das Stahlboot nur wenig auf die Kurvenaußenseite und schwingt behäbig in die selbst erzeugte Welle. Das macht der Rumpf mit eingeschaltetem Stabilisierungssystem noch eine Nummer softer als ohne.

Wer Strecke fahren möchte, schaltet am besten den Autopiloten ein und beobachtet nur den Schiffsverkehr. Das soll allerdings nicht heißen, dass man mit der Linssen im Handbetrieb nicht gut geradeausfahren kann. Egal mit welcher Geschwindigkeit man unterwegs ist, es sind nur wenige Kurskorrekturen notwendig. Die passende Motordrehzahl auf Langstrecken gibt die Werft mit etwa 2000 U/min an.

Test Linssen Grand Sturdy 530 | 30Foto: Morten Strauch
Test Linssen Grand Sturdy 530 | 30

Nach unseren Messungen läuft das Boot in dieser Situation knapp 8 kn und kommt mit einer Tankladung abzüglich 15% Reserve bei einem Verbrauch von gut 3 l/sm auf etwa 600 sm. Eine Reichweite und Geschwindigkeit, die für diesen Bootstyp durchaus angemessen ist. Klar muss sein, dass man Vollgas (9,6 kn) möglichst vermeiden sollte, denn dann benötigen die beiden Volvos mehr als das Doppelte an Diesel.

Die Motoren stehen gut gekapselt unter dem Salonboden. Wasser und Öl kontrolliert man über eine Klappe im Salonboden. Für größere Servicearbeiten lassen sich noch weitere Bodenplatten herausnehmen und bei einer Totalerneuerung sogar das Kajütdach mittelmäßig einfach öffnen.

Bei der Kraftstoffanlage fehlt uns der elektrische Alarm bei dem sonst fachmännischen Filtersystem, und teilweise sind die Dieselleitungen nur mit einer Schraubschelle gesichert.

Die Leitungsverlegung (meist in Kabelkanälen) zeigt einen hohen Standard. Gleiches Lob gilt für das Feuerlöschsystem und die Bewegungssicherheit. Bei der Lenzanlage setzt die Werft nur auf drei elektrische Pumpen. Handlenzpumpe? Fehlanzeige.

Das sieht bei der langen Badeleiter an der großen Plattform anders aus. Die spendiert Linssen genauso serienmäßig wie die seitlichen Treppen, die ins Cockpit führen. Hier oben dominiert eine U-Bank mit Holztisch, und durch eine riesige Flügeltür (mit Stopper) geht es in das Wheelhouse.

Das Credo unter Deck ist „Offenheit", was besonders für die Verbindung zwischen Steuerhaus und dem eine Etage tiefer liegenden Salon gilt. Der ist wiederum zu der nach achtern angeordneten Pantry frei zugänglich. Kabinen und Nasszellen strahlen mit modernen Wandapplikationen und hochwertigen Möbeln eine Wohlfühlatmosphäre aus.

Wem unser Testmodell Wheelhouse nicht ganz zusagt, weil es zu „stahldampfermäßig" aussieht, der sollte sich mal die Pläne von der Variotop-Version (nur CE- Kategorie B) ansehen, die etwas mehr südländisches Flair ausstrahlt.

Test Linssen Grand Sturdy 530
Foto: Morten Strauch

Datenblatt: Linssen Grand Sturdy 530