Christian Tiedt
· 29.04.2011
SCHLEUSEN-SPEZIAL, TEIL 3: Wir erklären Schritt für Schritt, was man vor dem Schleusen mit Sportbooten oder der Berufsschifffahrt beachten sollte.
Unabhängig von den amtlichen Kategorien kann man Wasserstraßen heute auch grob danach einteilen, ob sie noch von der Großschifffahrt genutzt werden und entsprechend ausgebaut sind oder ob Sportskipper dort weitgehend unter sich sind – vom vereinzelten Fahrgastschiff der Weißen Flotte oder dem Dienstfahrzeug der Aufsichtsbehörden einmal abgesehen.
Zu den nach wie vor stark frequentierten Verkehrsadern gehören vor allem die großen, international vernetzten Flüsse und Kanäle, wie etwa das Rhein- und das Elbstromgebiet oder die Achsen des Main-Donau- und des Mittellandkanals mit ihren Anschlüssen. Entsprechend groß fallen dort die Schleusen aus, Sportboote spielen nur eine Nebenrolle.
Zum anderen gibt es jene Reviere, die fest in der Hand der Sportschifffahrt sind. Bestes Beispiel dafür ist Europas größte zusammenhängende Wassersportregion: die Mecklenburgischen und Märkischen Gewässer. Weite Strecken dieses „Blauen Paradieses“ können aus diesem Grund inzwischen mit der Charterbescheinigung befahren werden und sind so nicht nur zum Urlaubsziel für Einheimische und Tourenskipper geworden, sondern auch für zahllose Chartercrews, die dort unter besonderen Auflagen auch ohne Bootsführerschein auf Törn gehen können.
In der Hauptsaison kann es nicht nur in den Häfen, sondern vor allem auch vor und in den Schleusen voll werden. Wartezeiten von zwei Stunden und mehr müssen deshalb durchaus einkalkuliert werden. Ganz nebenbei: Der Begriff „Sportbootschleuse“, der immer häufiger in den Medien auftaucht, ist übrigens nur dann korrekt, wenn die Schleuse tatsächlich nur der Sportschifffahrt zur Verfügung steht.
So gibt es etwa auf der Mosel an den Staustufen spezielle Bootsschleusen, die von Booten bis 18 m Länge genutzt werden müssen – vorausgesetzt, sie funktionieren. Ähnlich sieht es auf Nebengewässern wie etwa der Oberen Spree aus, wo selbst die neugebaute Schleuse Kossenblatt nur eine nutztbare Länge von rund 15 m hat und ausschließlich für den Wassertourismus gedacht ist.
Die Betriebszeiten
Worauf man achten und was man wissen sollte, wenn man allein oder mit anderen schleust, soll jetzt Schritt für Schritt erklärt werden. Lange vor dem ersten Schleusentor steht die Törnplanung. Bevor die Reise beginnt, sollten Sie sich genau über die Betriebszeiten der Schleusen und eventuelle Sperrungen informieren. Nichts ist ärgerlicher, als im Urlaub unverhofft vor verschlossenem Tor zu stehen.
Feste Sperrungen – etwa für Wartungsintervalle – werden im Internet auf den Seiten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (www.elwis.de) angekündigt. Hafenmeister, Wasserschutzpolizei und Wasser- und Schifffahrtsämter können aber meistens ebenfalls Auskunft geben. Die Betriebszeiten findet man dagegen in der nautischen Törnliteratur. BOOTE veröffentlicht die aktuellen Schleusenbetriebszeiten für ganz Deutschland außerdem jedes Jahr in einem Sonderheft, das der Mai-Ausgabe kostenlos beiliegt.
Die Anmeldung
Sind Sie auf einer Großschifffahrtsstraße wie dem Rhein unterwegs, ist eine Anmeldung bei der nächsten Schleuse per Handy oder UKW-Funk spätestens eine Viertelstunde vor Erreichen des Schleusenvorhafens Pflicht. Telefonnummern und Funkkanäle verrät wiederum die nautische Literatur, die Kanäle werden auch auf blauen Tafelzeichen am Ufer angegeben. Das Schleusenpersonal wird Ihnen dann sagen, wie es weitergeht und ob Sie eventuell gleich hinter einem Berufsschiff einfahren können oder erst einmal den Gegenverkehr abwarten müssen.
In Sportbootrevieren ist dagegen in der Regel keine vorherige Anmeldung bei der Schleuse nötig. Wenn doch, weisen Törnliteratur oder Tafelzeichen darauf hin. Solche Aufforderungen können sich auch direkt an der Sportbootwartestelle befinden, beispielsweise wenn die Schleuse fernüberwacht und nur nach Bedarf betrieben wird. Für diesen Zweck sind Gegensprechanlagen vorhanden, die folgenden Anweisungen kommen dann häufig über Lautsprecher.
Nähert man sich einer Schleuse auf Sichtweite und das Signal zeigt Rot, sollte man in jedem Fall an der ausgewiesenen Sportbootwartestelle festmachen. Erstens kann man nie genau wissen, wann es weitergeht, und zweitens kann ein Boot, das ungeduldig Kreise dreht, schnell zum Verkehrshindernis werden.
An der Wartestelle
Die Wartestelle kann eine frei im Wasser stehende Dalbenreihe sein, ein fester Steg oder lediglich ein befestigter Uferstreifen. Vor großen Schleusen sind es entweder glatte Mauern oder Spundwände mit Pollern. Bei Letzteren muss man darauf achten, dass die Fender nicht in die Zwischenräume rutschen und das Boot hart anschlagen lassen, wenn passierende Berufsschiffe Schwell erzeugen.
Feste Regel: Liegen andere Boote weiter vorn, werden sie nicht überholt. Vordrängeln ist in jeder Phase der Schleusung absolut tabu (allerdings spricht nichts dagegen, ein kleines Boot vorzulassen, das vielleicht noch in die Kammer passt).
Natürlich hat ein Berufsfahrzeug immer Vorfahrt, egal wie groß (oder klein) es ist; auch dann, wenn Sportboote „zuerst da“ waren. Vor Großschifffahrtsschleusen kann schnell die eine oder andere Stunde verstreichen, wenn ein Gütermotorschiff nach dem anderen die Kammer voll ausfüllt.
Ist die Schlange länger, werden die Boote nun mit jedem Schleusendurchgang weiter nach vorn verholt, bis sie an die Reihe kommen. Die Zeit kann auch genutzt werden, um Fender auf beiden Seiten auszubringen und die Leinen für die Schleusung vorzubereiten. Bei Selbstbedienungsschleusen befindet sich hier auch der Anforderungsschalter.
Festes Liegen ist an den Wartestellen verboten. Einzige Ausnahme: Erreicht man eine Schleuse in einem Sportbootrevier einmal nach Dienstschluss, kann man an der Wartestelle übernachten. Auch das ist eigentlich nicht erlaubt, wird aber toleriert – wenn am nächsten Morgen pünktlich zur ersten Schleusung die Leinen losgeworfen werden.