Saisonstart Special, Teil 4Die besten Tipps vom Pantaenius-Spezialisten

Johannes Erdmann

 · 12.03.2023

Das Saisonstart-Special wird präsentiert von:
Saisonstart Special, Teil 4: Die besten Tipps vom Pantaenius-SpezialistenFoto: Christan Beeck

Viele Eigner sind stolz darauf, die meisten Winterlager- und Frühjahrsarbeiten selbst erledigen zu können. Doch was, wenn etwas schief läuft und das Boot wegen mangelnder Erfahrung Schäden nimmt? An welche Aufgaben sollte der Skipper lieber einen Fachmann lassen? Wir haben mit einem Experten von Pantaenius gesprochen.


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Herr Hilcken, Sie sind seit 20 Jahren beim größten Vermittler von Bootspolicen, warum ist das Thema Saisonstart aus Ihrer Sicht so wichtig?

Dirk Hilcken: Ganz einfach: Vorbereitung ist das beste Mittel, um sicher einen Törn zu starten und die Saison ohne Schaden zu überstehen. Natürlich kann nicht alles, was einem auf dem Wasser so passieren kann, mit regelmäßiger Kontrolle und dem richtigen Werkzeug vermieden werden. Mindestens 15 Prozent der bei uns registrierten Schäden, das sind in Summe etwa 1000 pro Jahr, lassen sich jedoch auf mangelnde Pflege und Wartung zurückführen. Die Dunkelziffer dürfte etwas höher liegen. Dabei scheitert es in der Regel nicht am Willen, sondern vielleicht eher am Zeitmanagement. Den Saisonstart vernünftig zu planen und vorzubereiten, halten wir deshalb für extrem wichtig.

Welche Schäden gehören denn ganz konkret zu denen, die Pantaenius auf Wartungs- und Instandhaltungsmängel zurückführt?

Das sind unter anderem Wassereinbrüche durch marode wasserführende Armaturen bzw. Borddurchlässe, Brand- und Sengschäden im Bereich der Elektrik und Verkabelung sowie insbesondere auch Motorschäden, hervorgerufen durch Verunreinigungen, Korrosion oder einfach gewöhnliche Abnutzung.

Sind das Probleme die es früher nicht gab?

Das Problem ist vermutlich älter als Pantaenius aber wir nehmen wahr, dass Wartungsstaus und die daraus resultierenden Probleme zunehmen. Boote werden heute immer häufiger Mittel zum Zweck und sind nicht mehr unbedingt der Lebensmittelpunkt Ihrer Besitzerinnen und Besitzer. Das klingt vermutlich nach Romantisierung der guten alten Zeit aber so ist es nicht unbedingt gemeint. Früher war die Winterarbeit am Schiff einfach selbstverständlicher und die Boote natürlich insgesamt etwas kleiner und technisch weniger komplex. 2000 war ein bei uns versichertes Boot im Wert von rund 60.000 Euro im Schnitt noch etwas über acht Meter lang. Zwanzig Jahre später liegen wir bei deutlich über neun Metern. Inflation einberechnet. Von der heutigen Menge an Kabelbäumen und Elektronik ganz zu schweigen. Der allgemeine Alterungsprozess der Stahl- und GFK-Flotte trägt natürlich auch zu diesem Effekt bei und sorgt dafür, dass es heute mehr altes Boot für verhältnismäßig weniger Geld gibt, aber ich glaube, die Entwicklung wird deutlich.

Was kann der Eigner denn aus eurer Sicht heute noch gut bewältigen und was gibt er lieber gleich in die Hände eines Fachbetriebs?

Das lässt sich für uns pauschal eigentlich kaum beantworten und hat viel mit persönlichem Geschick und Schiffstyp zu tun. Es gibt schließlich nicht den einen Wintercheck und hinzukommt, dass es kaum eine Werft geben dürfte, die als einzelner Fachbetrieb alle relevanten Systeme prüfen, beurteilen und warten kann. Es handelt sich eben um eine Vielzahl von Gewerken, die da ins Spiel kommen. Meiner Erfahrung nach fährt man am besten mit einer möglichst detaillierten Dokumentation aller Serviceintervalle im Bordbuch. Wer sich unsicher ist, kann die dafür notwendigen Infos heute einfach im Internet bekommen oder mit persönlicher Beratung auch bei der nächsten Messe. Denn auch, wenn ein Fachbetrieb beauftragt wird, kann man nicht pauschal davon ausgehen, dass dieser alle Eckdaten genau kennt und auch die Hersteller werden Eigner nicht automatisch an die Einhaltung entsprechender Intervalle erinnern, wie man es vielleicht vom Neuwagen gewohnt ist.

Abseits der Frage nach dem für Laien Machbaren, was sind die absoluten No-Goes in Sachen do-it-yourself aus Sicht der Bootsversicherung? Gibt es so etwas überhaupt?

Finger weg, wenn es um stromführende Leitungen und elektrische Installationen geht. Unsachgemäße Verkabelungen, korrodierte Steckverbindungen und ähnliches sind bei uns eine der häufigsten Ursachen für Feuer an Bord und Totalverluste. Nur die wenigsten dürften berufsbedingt oder aufgrund persönlicher Begabung über Wissen und Geschick verfügen, das nötig ist, um solche Arbeiten wirklich sicher durchzuführen. Wenn es um Seeventile, Wellenlager, Faltenbalg usw. geht, ist eine persönliche Begutachtung häufig durchaus machbar aber nur dann, wenn man von einem erfahrenen Praktiker erfahren hat, wonach man eigentlich sucht.

Sie haben zu Anfangs das Thema Zeitmanagement erwähnt. Woran scheitern manche Eigner?

Wer Aufträge vergeben will, der sollte das gegen Ende der Saison machen. Also dann, wenn das Schiff noch im Wasser ist. Dann können Dienstleister die Arbeiten gut terminieren und man selbst hat Gelegenheit auf das ein oder andere dabei entdeckte Problem zu reagieren. Außerdem sind es manchmal die Kleinigkeiten, die am Ende einen Unterschied machen und die hat man in der Regel dann am besten vor Augen, wenn man das Boot gerade noch fährt. Wie verhalten sich die Teile eigentlich unter Belastung? Im Frühjahr Aufträge zu vergeben wird hingegen zumeist schwierig. Dann sollten sich Eigner in jedem Fall auf sicherheitsrelevante Aspekte anstelle von Schönheitskorrekturen beschränken, denn die meisten Fachbetriebe sind bereits verplant.

Was kann man unerfahrenen Eignern raten, um die Zeitfalle zu vermeiden?

Was dabei hilft, den Überblick zu bewahren sind Notizen zu all den Dingen, die einem während der Saison aufgefallen sind. Wo tropft es, wo gibt es ein schwergängiges Teil und wo ist plötzlich zu viel Spiel? Alle Checks und Wartungsarbeiten auf die Nebensaison zu schieben ist ohnehin kaum ratsam. Wer längere Touren unternimmt, der sollte logischerweise auch während der Saison regelmäßige Funktions- und Sichtprüfungen vornehmen. Routine gegen böse Überraschungen. Motorradfahrer, Hobbypiloten oder selbst Radsportler kennen das Prinzip. Wer dann noch eine ergänzende Checkliste mit den wichtigsten Punkten zu den verbauten Systemen hat, der ist optimal für effizientes Arbeiten im Winterlager gerüstet.

Wenn dann doch etwas Wichtiges vergessen wurde oder die Zeit einfach nicht gereicht hat aber der Hafenbetreiber drängt, den Platz freizumachen: nicht aus der Ruhe bringen lassen. Oft gibt es die Möglichkeit z.B. im Freilager oder auf Ausweichplätzen gegen ein geringes Entgelt das Kranen noch etwas hinauszuzögern, ohne den ganzen Betrieb aufzuhalten.

Prüft die Versicherung denn im Schadenfall, ob und wann Wartungsarbeiten durchgeführt wurden?

Nein, die Versicherung prüft erst einmal nicht, welche Serviceintervalle eingehalten wurden. Einzige Ausnahme sind bei uns Deckungserweiterungen, etwa für Motor- und Maschinenanlage. Da die Leistungen hier weit über die übliche Herstellergarantie hinausgehen, ist für uns die Einhaltung der vom Motorenhersteller vorgegebenen Wartungsintervalle in diesem Fall Pflicht. Den entsprechenden Zusatzbaustein Motorschutz Plus muss jedoch niemand abschließen. Darüber hinaus prüft die Versicherung aber natürlich, was schadenursächlich war. Daraus sollte Eignern bei einem guten Versicherungsanbieter jedoch kein Strick gedreht werden. Qualitativ hochwertige Policen schließen zwar das schadhafte Teil selbst aus, kommen jedoch für den Folgeschaden auf. Ein Seeventil, das alterungsbedingt ‚aufgeben‘ sollte, bekomme ich somit nicht ersetzt. Den daraus resultierenden Schaden bei Wassereinbruch schon.

Wie sieht es bei Versicherungsabschluss aus?

Hier wird z.B. bei Stahlbooten genauer hingeschaut. Ab 30 Jahre Alter möchten wir gerne wissen ob der Rumpf in einem guten Zustand ist. Am besten lässt sich das mit einem Schallgutachten nachprüfen. Versicherungen sollen schließlich vor dem Unerwarteten schützen. Unsere Statistik zeigt jedoch, dass Wassereinbrüche bei Stahlyachten mit zunehmendem Alter immer wahrscheinlicher werden. Ab einem bestimmten Punkt geht es also nicht mehr um die Frage, ob etwas passiert, sondern wann. Dabei ist eine solche Kontrolle relativ einfach und die notwendige Reparatur im Fall einer zu dünnen Materialstärke ebenfalls. Korrosion gehört eben dazu und als Eigner sollte man sich über die Auswirkungen bewusst sein. Ist ein Boot allerdings erst einmal in Deckung, stellen gute Versicherungsanbieter wie bereits erwähnt in der Regel keine Anforderungen an Wartung oder Kontrollen. Das sollte man jedoch im eigenen Interesse nicht überstrapazieren. Am Ende sind wahrscheinlich ist man selbst an Bord, wenn der Kahn auf Tiefe geht.

Vielen Dank, Herr Hilcken. Sie haben das Schlusswort

Ein Schaden bleibt nicht ohne Schaden. Das sagen wir nicht, weil uns die Rolle des Bedenkenträgers so gut gefällt, sondern, weil wir uns seit über 50 Jahren jeden Tag mit den kleineren und größeren Problemen von Yachteignern beschäftigen. Auch, wenn die meisten Schäden versichert sind, der Ärger für die Betroffenen ist trotzdem groß. Murphy’s Law bei der Arbeit. Wenn Dinge schiefgehen, dann zum ungünstigsten Zeitpunkt und am ungünstigsten Ort. Gerade dieser Tage ist z.B. die Versorgung mit Ersatzteilen oder freien Plätzen in Reparaturbetrieben nicht immer selbstverständlich. Von neuen Booten ganz zu schweigen. Am Ende vertraue ich dem Schiff aber auch schlussendlich mein Leben an und sollte mit entsprechender Ehrfurcht bei der Sache sein. Mit der richtigen Planung habe ich mehr Zeit fürs Wesentliche und das sind für mich in erster Linie der Spaß am Boot fahren und lange Tage auf dem Wasser.


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