Geschichte der Superyachten, Teil 2Der Aufstieg eines globalen Lebensstils

Marianne Nissen

 · 26.01.2023

Geschichte der Superyachten, Teil 2: Der Aufstieg eines globalen LebensstilsFoto: Feadship
Auftritt vor Manhattan. Der US-Verleger Malcolm Forbes fuhr als „bekennender Kapitalist“ einen goldenen Hubschrauber an Deck seiner fünften „The Highlander“. 46 Meter lang, 1986 von Feadship realisiert, war die markante Yacht ein typischer Bannenberg-Entwurf, mit hochgezogener Bordwand, oval liegenden Fenstern und kantigen, verglasten Fronten auf dem Oberdeck.

Von der Nachkriegszeit bis zum Jahr 2000 erlebten Superyachten eine beispiellose Entwicklung. Akteure waren Werften mit Expertise, Designer mit Weitblick und Eigner mit besonderen Wünschen.

Sie machte den Anfang: 99 Meter lang, makellos und elegant. Im noch tristen Nachkriegs-Kiel wurde 1954 „Christina“ getauft. Der Tankerkönig Aristoteles Onassis hatte eine ausgemusterte kanadische Fregatte, die er zum Schrottpreis erwarb, zur ersten Superyacht der Nachkriegszeit umgebaut. Ohne Rücksicht auf Kosten, die Howaldtswerke bekamen den Job – nur fünf Jahre nach Beginn des Wiederaufbaus der von Bomben zerstörten Werft.

Benannt nach der Taufpatin, seinem dreijährigen Töchterchen, sollte „Christina“ über Jahrzehnte die ultimative Yacht sein, unerreicht in Größe und Ausstattung, in den Schlagzeilen präsent, Inbegriff von Extravaganz, Glamour und elitärem Lifestyle des internationalen Jetsets. Paparazzi-Schüsse prominenter Gäste an Bord gingen durch die Yellow Press: Winston Churchill, Greta Garbo, Elizabeth Taylor mit Richard Burton, Grace Kelly und Rainier, außerdem natürlich „Aris“ Geliebte Maria Callas sowie seine Ehefrau Jackie Kennedy. Sie alle unterstrichen den Status des Schifffahrtsgiganten.

Sie ist noch heute Sinnbild für Yachting im ganz großen Stil, für Opulenz und Exzentrik ihres Eigners. „Christina“ – nach ihrer Renovierung 2011 „Christina O“ – war die 99 Meter lange Visitenkarte des Reeders Onassis und signalisierte der Welt Reichtum, Macht und gesellschaftliche Anerkennung.Foto: BOOTE EXCLUSIV
Sie ist noch heute Sinnbild für Yachting im ganz großen Stil, für Opulenz und Exzentrik ihres Eigners. „Christina“ – nach ihrer Renovierung 2011 „Christina O“ – war die 99 Meter lange Visitenkarte des Reeders Onassis und signalisierte der Welt Reichtum, Macht und gesellschaftliche Anerkennung.

Onassis bewies Geschmack, das harmonische Exterior im New Look der Fünfziger sowie das Interior verantwortete der stilsichere Hamburger Villenarchitekt Cäsar Pinnau. Spektakulär das Mosaik im Pool, der zur Tanzfläche angehoben wurde. Dekadenter tobte sich Onassis unter Deck aus: Handrelings und Kleiderhaken ließ er aus Zähnen von Orcas schnitzen, an der berühmten Bar aus dem Holz einer gesunkenen spanischen Galeone saß man auf Hockern, die mit der Haut von Walpenissen bezogen waren – worauf der Hausherr angeblich gern aufmerksam machte.

„Christina“ verdanken wir sämtliche banale Klischees, mit denen das Yachting bis heute lebt. Onassis schrieb das Drehbuch. Sein Reeder-Rivale Stavros Niarchos ertrug diese Alleinstellung nicht und baute 1973 auf seiner Hellenic-Werft die 116 Meter lange „Atlantis“, auch er engagierte Cäsar Pinnau. Doch den Auftritt von „Ari“ beherrschte Niarchos nie, und jahrelang lag seine Yacht, wie ihre Nachfolgerin „Atlantis II“, unbeweglich im Port Hercule von Monaco.

Superyachten als Statussymbol ist eine Never Ending Story

Es sollte noch eine Weile dauern, bis eine deutsche Werft in der Größenordnung von „Christina“ bauen würde. Lürssen lieferte 1962 die 55 Meter lange „Pegasus II“, Abeking & Rasmussen ein Jahr später 33 Meter für Henry Ford und 1966 die 36-Meter-„The A and Eagle“ für die US-Bierdynastie Anheuser Busch. Schon 1971 bekam der Kaufhauskönig Helmut Horten von Lürssen seine legendäre „Carinthia VI“, mit 71 Metern Länge damals das größte Projekt des jungen Jon Bannenberg – jenes Designers, der so nachhaltig das Yachtdesign revolutionieren sollte. Sie war pure Avantgarde, heute gilt sie als Ikone des neuen Yachtbaus. Ein Jahr später erhielt Abeking & Rasmussen den Auftrag eines nicht weniger anspruchsvollen Yachties: „Kalamoun“, 46 Knoten mit Diesel für den Aga Khan. Konstruiert wurde das 36,50-m-Schnellboot in Aluminium von dem Bremer Gerhard Gilgenast, der als Naval Architect und Gestalter in die Yachtgeschichte eingehen sollte, den Nimbus Bannenbergs erreichte er jedoch nie.

So entwarf Gilgenast 1983, als dieser Schiffstyp noch lange nicht auf der Agenda stand, für Fiat-Boss Agnelli den 30-Meter-Trawler F100. Agnelli, ein rund um die Uhr beschützter Industrieller, wollte absolut unauffällig mit einem „Fischtrawler“ unterwegs sein. 1988 zeichnete Gilgenast die „T.M. Blue One“ für den Modeschöpfer Valentino, gebaut wurde bei Picchiotti. Es handelte sich um ein moderates Design, allerdings mit 7000 Seemeilen Reichweite. Sein frühes wegweisendes 50-Meter-Explorer-Design „Margaux Rose“ entstand bei Schweers an der Unterweser, berühmt der Gasballon, der auf seinem Vordeck abhob. Und 1988 besorgte Gilgenast das Exterior der legendären Aluminium-Konstruktion „Octopussy“, die bei Heesen gebaut wurde und bei 43,62 Metern Länge mit 50 Knoten die schnellste Yacht der Zeit war. Auch bei „Shergar“, der nachfolgenden Yacht des Aga Khan, die 1983 – diesmal bei Lürssen – realisiert wurde, war Gilgenast dabei – als Naval Architect mit Pininfarina als Designer.

Meilensteine in der Geschichte der Superyachten:

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Deutschland wurde für One-offs die erste Adresse

Eigner, die einen Solitär mit Qualität wollten, waren bei deutschen Werften richtig. Von einer „Yachtindustrie“, wie es sie in Italien und Holland da schon gab, war nicht die Rede – der Bau von Superyachten war in die übrigen Aktivitäten der Werften integriert, mit vielen wertvollen Synergien. Erst Ende der 1980er beschlossen die deutschen Werften, das Segment proaktiv zu betreiben. Lürssen gründete seine Yachtabteilung mit Jörg Beiderbeck an der Spitze, Abeking & Rasmussen folgte, und auch der Koloss Blohm & Voss wollte nun nicht mehr abwarten, bis die Eigner anklopften, sondern mit einer Yachtdivision den Markt aufrollen. Das Portfolio der Hamburger war schließlich extrem eindrucksvoll: 1987 hatte die Werft mit der 65-Meter-„Katalina“ ihr Megayacht-Debüt. 1990 wurde „Lady Moura“ abgeliefert,

105 Meter lang, eine voluminöse Ausnahmeyacht mit spektakulärem Interior des italienischen Meisters Luigi Sturchio, dazu Helipad, Kino, Krankenstation, Indoor-Pool und erstmalig großen ausfahrbaren Luken im Rumpf. 1990 war auch „Golden Odyssey“ fertig, das 80 Meter lange Flaggschiff der „Golden Fleet“ des saudischen Prinzen Khaled, auf der unter dem Pool ein Aquarium installiert werden musste. Ein Jahr später kam das sensationelle Gegenstück, „Eco“ von Martin Francis, 74,50 Meter lang, atemberaubend schlank, mit extrem gewölbten Fensterformationen. Sie wurden ihr berühmtes Markenzeichen und Nachweis für die herausragenden – wenn auch nicht immer lukrativen – Kapazitäten einer deutschen Werft. Mit ihrem Gasturbinen-Diesel-Jet-Antrieb lief „Eco“ 36 Knoten.

Feadships aus den Niederlanden starten eine Erfolgsgeschichte

Völlig anders als in Deutschland war man nach Kriegsende in Holland das Thema angegangen: Schon 1949 wurde die „First Export Association of Dutch Shipbuilders“ gegründet, kurz Feadship, vor allem um den lukrativen amerikanischen Markt mit Yachten zu bedienen. Die Gruppe steht bis heute für eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Unter den Gründungsmitgliedern die traditionsreichen Familienwerften De Vries und Van Lent, außerdem der Konstrukteur Frits de Voogt, der über Jahrzehnte das Gesicht der Feadships prägte.

Wie die frühen Feadships standen alle Motoryachten der 1950er- und 1960er-Jahre ganz in der Tradition von Berufsschifffahrt oder auch Marine. Der Yachteigner bekam natürlich gefälliger modellierte Linien, hochwertiges Material, nette Polster und dezent eingebaute Bars. Es waren nüchterne, effiziente Entwürfe – welch krasser Gegensatz zur eleganten, fast verspielten Dampfyacht, deren einzigartige Formensprache die Jahrzehnte davor dominierte. Jetzt baute man robust ohne Flair, ausnahmslos mit umlaufenden Decks, hochgezogener Bugpartie und klassischen Bullaugen, Fensterpartien erfüllten ihren Zweck, mehr nicht. Es war der Yachtbau der Zeit: Rumpf, Exterior und Interior wurden von der Werft entwickelt, alles aus einer Hand.

Mit der Arbeit von Frits de Voogt wurden Feadship-Yachten eine Marke. „Diana II“ für Deutschlands reichsten Industriellen Friedrich Karl Flick war solch eine Yacht, 60 Meter lang, 1979 getauft, oder die 46-Meter-„Panimusch“ von 1982 für Joachim Fürst zu Fürstenberg. 160 Yachten bauten die beiden Werften bis zum Millennium, etliche Baunummern der 1960er fahren noch heute, sind cool und Mitglied der „Feadship Heritage Fleet“. 1978 wurde mit der 64,64-Meter-„Al Riyadh“ die 60-Meter-Marke übersprungen. Die erste Feadship mit einem weltweit funktionierenden Satcom-Kommunikationssystem war 1979 die 48 Meter lange „Daria“, keine andere Innovation sollte das Yachting nachhaltiger verändern. Der Boss war ab jetzt immer erreichbar.

Weitere Yachtwerften wie Amels, Heesen, Hakvoort und Oceanco, dazu eine Fülle von hoch spezialisierten Zulieferern der immer aufwendiger werdenden Yachttechnik ließen Holland in den folgenden Jahrzehnten zum Mekka des Custom-Baus avancieren.

Frits de Voogt gab den Feadships über Jahrzehnte ihr unverwechselbares Gesicht und begründete die Marke. Ein gutes Beispiel ist die 60 Meter lange „Diana“ für den deutschen Industriellen Flick von 1979 mit ihren harmonischen Linien. Ein heute durchaus gefragtes Format mit KultstatusFoto: Feadship
Frits de Voogt gab den Feadships über Jahrzehnte ihr unverwechselbares Gesicht und begründete die Marke. Ein gutes Beispiel ist die 60 Meter lange „Diana“ für den deutschen Industriellen Flick von 1979 mit ihren harmonischen Linien. Ein heute durchaus gefragtes Format mit Kultstatus

Auch in Italien setzten zahlreiche Werften früh auf die Motoryacht, viele von ihnen wie Picchiotti, Baglietto, Codecasa und Fratelli Benetti blickten auf eine traditionsreiche Geschichte zurück. Verschiedene Neugründungen kamen im Lauf der Zeit dazu, und kein anderes Land hat das Segment Motoryacht so dynamisch vorangetrieben, natürlich – wie könnte es anders sein – mit Design und Speed als Markenzeichen. Große Formate lieferten die Spezialisten vom Stiefel vor allem an die Klientel im Nahen Osten. Picchiotti baute 1982 „Al Said“, 103 Meter für den Sultan von Oman, und Nicolini lieferte 1987 die 63-Meter-„Al Menwar“ für Katar, was allerdings den Zusammenbruch der Werft zur Folge hatte. CRN baute 1981 „Shaf“, 53 Meter, und 1987 „Il Vagabondo“, 61 Meter, jeweils für saudische Eigner. Aber auch der Fürther Elektronik-Industrielle Max Grundig orderte in Italien, seine wuchtige 62 Meter lange „Maria Alexandra“ lief im Jahr 1981 bei Codecasa vom Stapel, drei Jahre bevor Grundig sein Unternehmen an Philips verkaufte.

Kashoggi zahlte die Rechnung für „Nabila“ nie

Spektakulär gestaltete sich 1980 die Taufe von „Nabila“ des saudischen Waffenhändlers Adnan Kashoggi bei Fratelli Benetti: 86 Meter Bannenberg-Design, fünf Decks, Discothek, Kino, Heli-Landeplatz, Rolls-Royce-Phantom-Garage. Die Gruppe „Queen“ verewigte die Yacht in ihrem Album „The Miracle“, und im James-Bond-Thriller „Sag niemals nie“ ist sie die Yacht des Bösewichts Largo. Kashoggi verkaufte seinen schwimmenden Palast notgedrungen an den Sultan von Brunei, die Baukosten – apropos Bösewicht – beglich er nicht, und die Werft ging an dem gigantischen Projekt pleite. Der dritte Besitzer Donald Trump nannte die Yacht medienwirksam „Trump Princess“ – gründlicher ließen sich Reichtum und Prestige nicht zur Schau stellen. Vor allem das wie immer atemberaubende Interior von Luigi Sturchio soll „The Donald“ beeindruckt haben.

Donald Trump taufte die ehemalige Waffenhändler-Yacht „Trump Princess“, glamourös inszenierte der 
Medienprofi mit Frau Ivana an Bord sein Immobilien-Imperium.Foto: AP Photo/Marty Lederhandler
Donald Trump taufte die ehemalige Waffenhändler-Yacht „Trump Princess“, glamourös inszenierte der Medienprofi mit Frau Ivana an Bord sein Immobilien-Imperium.

Abseits des Boulevards verhält sich der schwerreiche saudische Investor Prinz al-Walid, der die Yacht von Trump übernahm und sie in „Kingdom 5KR“ umbenannte. Markenzeichen von „Nabila“ sind Bannenbergs seitlich nach oben ragende Flügel-Schornsteine, die die Abluft vom Schiff führen – eine seiner Innovationen, die die Yachtwelt verblüfften. Bannenberg hinterfragte alles Herkömmliche, er durchbrach das gewohnte Rumpf-Deck-Aufbautenmuster. Bei den Schwestern “Paraiso“ und “Azteca“, die Feadship 1983 für den mexikanischen Magnaten Azcárraga baute, zog er die Bordwand bis zum zweiten Deck, platzierte ausdrucksvolle ovale Fenster und kantig verglaste Observation-Rooms auf dem Oberdeck – nie gesehene Linien. Auch den bekennenden Kapitalisten und Big Spender Malcolm Forbes überzeugte dieses Prinzip, und Bannenberg entwarf für den Verleger dessen fünfte „Highlander“. Feadship lieferte sie 1986, als insgesamt vierte, die die Holländer seit 1957 für den Motorrad-Fan bauten – die Harley war selbstredend an Bord. Eine Stilgeschichte über drei Jahrzehnte für sich.

16 extrem ausdrucksstarke Superyachten entstanden in Bannenbergs Heimat auf der australischen Werft Oceanfast. 1985 verpasste er dem Kunststoff-Semi-Displacement „Never Say Never“ drei deckshohe Bullaugen als Fenster, auch das ein bis dahin nie gesehenes Feature. Seine innovative, raffinierte, oft radikale Auffassung von Innen-Außen-Design bewies er auch 1991 mit der 55-Meter-Oceanfast „Bolkiah“ für den Sultan von Brunei, der sich allerdings von ihr trennte. Der Gründer des badischen Unternehmens FlowTex, Manfred Schmider, griff zu und taufte sie „Maalana“. Mit Scheinbuchungen bescherte Schmider Deutschland dann den bis dahin größten Wirtschaftskrimi des Landes und tauschte Bannenbergs geniales Deckslayout gegen den Knast, eine von vielen Geschichten, die den Yacht-Hype vor der Jahrtausendwende so bunt machten. Oceanfast war durchaus ein Player, nicht zuletzt dank Bannenberg, doch Europa dominierte – und dominiert bis heute – den Bau großer Motoryachten. Etliche Werften in den USA – Christensen, Trinity, Broward, Burger oder Delta – bauten in großen Stückzahlen, vor allem für den amerikanischen Markt. Palmer Johnson in Sturgeon Bay/Wisconsin war die Ausnahme für internationale Individualisten. Die traditionsreiche Werft wagte sich 1979 an die „Fortuna“ für den spanischen König Juan Carlos in Aluminium – 30,50 Meter lang und über eine Dekade mit 46 Knoten die schnellste Yacht der Welt. Eine Reihe großer Motoryachten folgten.

Kunden wurden Malcolm Forbes, Robert Maxwell, Larry Ellison

Mit Jon Bannenberg begann die Ära des Yachtdesigns als eigener Disziplin. Eine stolze Reihe von Talenten entsprang seinem Londoner Büro – Andrew Winch, Terence Disdale, Donald Starkey, Tim Heywood, eine rein britische Domäne. Sie alle sollten in den folgenden Jahren das Geschehen dominieren. Ab jetzt führten Werften das aus, was Designer entwarfen – egal was, oft mit extremem Aufwand. Legendär das Feilschen zwischen Designern und Werften über das Machbare. Je komplexer die Aufgabe, desto schwieriger die Kalkulation für den Bau. Yachten zum Festpreis wurden erst wieder möglich, als die Werften dazu übergingen, Semi-Customs anzubieten, bei denen die Optionen für den Eigner überschaubar waren.

Die rasante Entwicklung ging nicht nur mit immer mehr Länge einher – eine schlichte, nicht ganz falsche Formel besagte, dass Yachten alle zehn Jahre um zehn Meter wuchsen –, sondern vor allem mit technischer Innovation. Verbrauch, Dämmung, Kommunikation, Aircondition, Wasseraufbereitung, Stabilisation, die Liste der Anforderungen explodierte. Konstruktive Aufgaben wurden mithilfe von unterschiedlichen CAD-Programmen bewältigt: Öffnungen im Rumpf, ausfahrbare Schwimmplattformen, Heli-Landeplätze, Garagen für veritable Tenderflotten, Wellness-Landschaften, raumhohe bewegliche Glasfronten, offene Foyers, Lightweight-Interiors, Fahrstühle, die auch bei Schräglage durch mehrere Decks liefen. Zentimeterweise wurde um Raum gekämpft, Energie berechnet, für alle Funktionen die hoffentlich professionelle Crew gebrieft. Crewing wurde selbst zum Thema, und nicht selten wuchsen Yachten oft nur deshalb, weil man einsah, dass eine gute Crew auch attraktiv untergebracht sein muss.

Mitläufer versuchten am Boom teilzuhaben, mit aus den Boden gestampften Werften, die auch wieder dichtmachten. Doch der Yachtbau, der in den letzten Jahrzehnten des Jahrtausends entstand, war geprägt von extremer Professionalität und Expertise, von mutigem Unternehmergeist, von Werften, die sich den oft exorbitanten Forderungen der schwerreichen Eigner stellten. Kurz gesagt: eine Industrie ohnegleichen.

Bleiben wir zum Abschluss in Deutschland: Lürssen baute 1993 den Aufreger „Izanami“ – 59 graue, kantige Meter von Stararchitekt Norman Foster auf einem Schnellbootrumpf. Wie ganz anders dagegen das elegant-harmonische 97-Meter-Bannenberg-Design „Limitless“ von 1997. Mehr „One-off“ ging nicht. Und mit der bis dahin größten je gebauten Yacht, der 139 Meter langen „Al Salamah“ für Saudi-Arabien, läutet die Werft das nächste Millennium ein. Aber ist solch ein gigantischer Sechsdecker mit 8000 Quadratmeter Wohnfläche noch eine Yacht? Eine damals berechtigte Frage – heute beantworten wir sie mit einem eindeutigen Ja. „Al Salamah“ ist im Ranking zurzeit auf Platz 14 abgestiegen. Im neuen Jahrtausend sollten wir ganz andere Dimensionen erleben.

“Izanami“, das erste Yachtdesign von Stararchitekt Norman Foster, kam im Military-Look von Lürssen.Foto: Lürssen
“Izanami“, das erste Yachtdesign von Stararchitekt Norman Foster, kam im Military-Look von Lürssen.