Einsteiger-SpezialPraktische Bootsführung

Boote Redaktion

 · 05.05.2022

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Einsteiger-Spezial: Praktische BootsführungFoto: Morten Strauch

Ein Boot ist kein Auto, das ist klar. Doch wo liegen die Unterschiede beim Fahrverhalten? Im zweiten Teil unserer Serie für Einsteiger geht es auch um diese Frage.

Fahren

Eines vorweg: Bootfahren ist keine Kunst. Nach einigen Proberunden gelingen jedem Anfänger die wesentlichen Manöver. Regel Nummer eins lautet dabei: Ruhe bewahren. Je gelassener Sie sich mit Ihrem Boot bewegen, desto länger haben Sie Zeit, sich auf die Bewegungen und Reaktionen des Bootes einzustellen.

Die linke Hand am Steuer, die rechte am Gashebel.Foto: Morten Strauch
Die linke Hand am Steuer, die rechte am Gashebel.

Dabei ist es völlig unerheblich, ob Sie mit einem 4-m-Schlauchboot oder einer 10-m-Motor­yacht unterwegs sind. Oft ist es sogar so, dass große Boote einfacher zu fahren sind als kleine. Wer also mit seinem 5-Meter-Kajütboot perfekt umgehen kann, braucht vor "großen Pötten" keine Angst zu haben.

Regel Nummer zwei: vorausschauend fahren. Was wir alle vom Autofahren kennen, lässt sich auch aufs Bootfahren übertragen.

In der Praxis also lieber einmal zu früh das Gas wegnehmen als einmal zu spät. Grundsätzlich gilt: Ein Boot reagiert aufgrund des Wasserwiderstandes deutlich langsamer als ein Auto, das muss man auch beim Lenken berücksichtigen.

Vorausschauendes Fahren gibt Sicherheit.Foto: Morten Strauch
Vorausschauendes Fahren gibt Sicherheit.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie am Lenkrad drehen und das Boot erst mit einigen Sekunden Verzögerung darauf reagiert. Häufiger Anfängerfehler: Weil sich das Boot nicht sofort in die gewünschte Richtung bewegt, schlägt man das Lenkrad noch stärker ein.

Die Folge: Das Boot dreht plötzlich viel zu stark. Wer es nun durch hektisches Gegenlenken wieder "einfangen" will, übertreibt es oft erneut und endet auf einem ungewollten Zickzackkurs. Die Geschwindigkeit, mit der ein Boot auf die Lenkbefehle des Fahrers reagiert, hängt wesentlich von der Gasstellung ab.

Schlägt man das Lenkrad ein und gibt gleichzeitig Gas, wird es deutlich spontaner die Richtung wechseln als bei Standgas.

Gleiches gilt bei Rückwärtsfahrt. Auch hier muss man das Boot zunächst mit kurzem Ein- und Auskuppeln des Motors vom Liegeplatz manövrieren. Anders als Autos, die über die Vorderachse lenken, schwenken
Außenborderboote übers Heck. Dies gilt es insbesondere beim An- und Ablegen zu beachten. Umgekehrt kann man sich diese Eigenschaft aber auch zunutze machen.

Um perfekt rückwärts anzulegen braucht es meist ein wenig Übung.Foto: Morten Strauch
Um perfekt rückwärts anzulegen braucht es meist ein wenig Übung.

In besonders engen An- oder Ablege-Situationen kann es von Vorteil sein, das Boot rückwärts, statt wie gewohnt vorwärts, herauszufahren. Dadurch, dass das Heck unmittelbar Ihren Lenkbefehlen folgt, ist es viel manövrierfreudiger als der Bug (die Spitze) des Bootes.

Aufstoppen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Abbremsen, Fachleute sprechen vom sogenannten Aufstoppen des Bootes. Im Gegensatz zu Landfahrzeugen haben Boote keine Bremse. In der Praxis bremst sich ein Motorboot aufgrund des vergleichsweise hohen Wasserwiderstandes sofort spürbar ab, wenn man das Gas zurücknimmt. Ist das Boot dann langsamer geworden, kann man es durch Einlegen des Rückwärtsgangs vollends zum Stehen bringen.

Doch Vorsicht: Ein unüberlegtes Einlegen des Rückwärtsgangs in voller Fahrt nimmt nicht nur Ihre Besatzung, sondern unter Umständen auch das Getriebe übel.

Im Klartext: Auch beim Bremsen und Aufstoppen des Bootes spielt die vorausschauende Planung eine große Rolle. Im Zweifel fahren Sie lieber etwas langsamer an die Anlegestelle heran. Damit gewinnen Sie Zeit und haben keine Probleme, das Boot zum Stehen zu bringen. Meist genügen wenige Stunden Fahrpraxis, um sich an das "Bremsverhalten" des eigenen Bootes zu gewöhnen.

Boote haben keine Bremse und bleiben beim Aufstoppen häufig nicht einfach stehen.Foto: Morten Strauch
Boote haben keine Bremse und bleiben beim Aufstoppen häufig nicht einfach stehen.

Hinzu kommt, dass man – anders als auf der Straße – meist nur wenig Verkehr "im Rücken" hat. Und selbst wenn, lassen Sie sich auf keinen Fall hetzen. Bootfahren ist eine Freizeitbeschäftigung und kein Rennwettbewerb.

Wellen

Kommen wir zum Thema Wellen, besser gesagt Seegang. Obwohl man es auf Einsteigerrevieren, wie beispielsweise Flüssen, Kanälen und Seen, kaum mit echtem Seegang zu tun bekommt, sollte man doch darauf vorbereitet sein. Insbesondere größere Motorboote können Wellen von bis zu einem halben Meter Höhe verursachen.

Auch hier gilt: Ruhe bewahren. Am einfachsten lassen sich Wellen in langsamer Fahrt im 90-Grad-Winkel nehmen.

Sieht man sie kommen, hat man meist noch genügend Zeit, das Boot zu verlangsamen und die Fahrtrichtung (Kurs) frontal auf die Welle auszurichten. Die Rumpfform jedes Bootes ist so konzipiert, dass der Bug das Wasser zur Seite abweist. Bei Booten mit flachem Bug und ohne Windschutzscheibe, also beispielsweise Schlauchbooten, kann es dennoch vorkommen, dass etwas Wasser hereingelangt.

Spritzende Gischt, vergnügte Fahrgäste. Mit der richtigen Taktik, bleibt nach dem Sprung über die Welle das Wasser trotzdem draußen.Foto: Morten Strauch
Spritzende Gischt, vergnügte Fahrgäste. Mit der richtigen Taktik, bleibt nach dem Sprung über die Welle das Wasser trotzdem draußen.

Doch keine Angst, das sorgt maximal für nasse Füße. Sollte es vorkommen, dass man die Welle zu spät sieht oder sie aus anderen Gründen nicht im optimalen Winkel anfahren kann, besteht ebenfalls keine Gefahr. Meist legt sich das Boot dann kurzzeitig leicht auf die Seite. Nachdem die Welle überfahren ist, nimmt es aber ebenso schnell wieder Normallage ein.

Alles in allem kann man sagen, dass Motorbootfahren reine Übungs- und Erfahrungssache ist und niemanden vor unlösbare Probleme stellt. Wer sich dennoch unsicher ist, sollte einen Einsteigerkurs bei einer entsprechenden Bootsfahrschule belegen.