

Sicherheit: Interview
„Die Crew muss ihr Boot beherrschen“
BOOTE: Hanno Renner, Sie sind Zweiter Vormann der "Anneliese Kramer", eines neuen Seenotrettungskreuzers der 28-Meter-Klasse, der in Cuxhaven stationiert ist. Ihr Einsatzgebiet sind unter anderem die Helgoländer Bucht und die Elbmündung. Die Nordsee ist ein anspruchsvolles Revier. Sicherheit an Bord ist da umso wichtiger. Wie sieht es Ihrer Meinung nach in diesem Punkt bei den Sportbootfahrern aus?
Hanno Renner: Wassersport soll Spaß machen und niemanden in Gefahr bringen. Voraussetzung dafür sind eine ganze Reihe von Fähigkeiten und eine gehörige Portion Wissen. Skipper und Crew müssen ihr Wassersportgerät sicher beherrschen. Für den Fall der Fälle hat die DGzRS zwischen Borkum im Westen und Ueckermünde im Osten 55 Stationen mit rund 60 Seenotkreuzern und Seenotrettungsbooten. Häufig können wir in unserem Such- und Rettungsgebiet Schlimmeres verhindern, weil rechtzeitig Hilfe zur Stelle ist.
BOOTE: Gibt es einen Punkt, der bei Sportskippern in diesem Zusammenhang einen höheren Stellenwert haben sollte?
Hanno Renner: Vor allem bei kleinen Fahrzeugen, zum Beispiel Angelbooten, die eigentlich den nahen Küstenbereich nicht verlassen wollen, wird manches Mal unterschätzt, wie schnell man in Gefahr geraten kann. Es kommt immer wieder vor, dass diese Boote für den Notfall nicht ausgerüstet sind und weder Funkgerät, wasserfest verpacktes und geladenes Handy noch Signalfackeln oder -raketen dabeihaben.
BOOTE: Was sind die häufigsten Fehler von Sportbootfahrern beim Thema Sicherheit, und welche Ursachen führen in diesem Zusammenhang besonders häufig zu Einsätzen der Seenotretter?
Hanno Renner: Im vergangenen Jahr hatten unsere Besatzungen bis Ende Oktober insgesamt 2037 Einsätze, davon 1176 für Wassersportler. Zu den häufigsten Ursachen in diesem Bereich zählten Grundberührungen und Maschinenprobleme mit einem Anteil von jeweils mehr als 30 Prozent. Das könnte nahelegen, dass Wassersportler der Navigation, im Vorwege aber auch der Maschinenwartung noch mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen sollten. Bei vielen Einsätzen kommt es zum Glück durch rechtzeitige Hilfe gar nicht erst zu einem lebensbedrohlichen Seenotfall. Aber dennoch: Natürlich ist der beste Einsatz der, den wir gar nicht erst fahren müssen.
BOOTE: Wie laufen Alarmierung und Einsatz Ihres Kreuzers in der Regel ab?
Hanno Renner: Normalerweise erhalten wir eine Alarmierung direkt von unserer Seenotleitung in Bremen, allerdings kann es auch durchaus vorkommen, dass wir einen Notruf über Funk mitbekommen, da der UKW-Kanal 16 bei uns an Bord immer mitläuft. Der Seenotrettungskreuzer ist rund um die Uhr besetzt, die Maschinen sind immer vorgewärmt, damit wir sofort Höchstgeschwindigkeit laufen können. In unter fünf Minuten haben wir die Landverbindung gelöst und sind draußen. Von der Seenotleitung bekommen wir die wichtigsten Informationen: Wo ist der Notfall, wie viele Menschen sind an Bord, was ist passiert? Wissen wir, dass jemand schwer verletzt ist, nehmen wir einen Notarzt direkt mit an Bord. Unterwegs bereiten wir vor, was möglich ist, und halten gegebenenfalls Kontakt zum Havaristen. Wenn wir vor Ort sind und es klar ist, dass der Havarist zwar Unterstützung braucht, aber nicht in Gefahr ist, machen wir darauf aufmerksam, dass die DGzRS für die technische Hilfeleistung die Übernahme eines kleinen Teils unserer Betriebskosten erwartet – das sind jedoch höchstens 400 Euro. Für eine Rettung aus Seenot berechnen wir nichts. Oberstes Ziel ist es immer, die Menschen an Bord in Sicherheit zu bringen. Jeder Notfall auf See ist anders. Wenn ein Alarm rein-
kommt, wissen wir nie, was uns erwartet.
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