BordlebenWas tun gegen Spinnen an Bord?

Torsten Moench

 · 29.07.2024

Netzwerker bei der Arbeit: Spinnen lieben gut beleuchtete Plätze
Foto: Torsten Moench
Was tun gegen Spinnen an Bord? Unser Praxistest zeigt Ursachen, Wege und Möglichkeiten.

Die am weitesten verbreiteten Bordtiere sind nur wenige Zentimeter groß, haben acht Beine und schlagen selbst erwachsene Menschen in die Flucht. Die Rede ist von Spinnen. Obwohl allenthalben als nützlich und wichtig gelobt und beschrieben, sind Spinnen nicht jedermanns Lieblinge. Da hilft auch der Hinweis nicht, dass dort, wo Spinnen sich aufhalten, die Ausbreitung anderen Getiers im Zaum gehalten wird. Insbesondere Bordfrauen reagieren zuweilen ungehalten, wenn ihnen eines dieser nützlichen Tierchen morgens auf dem Niedergang in Augenhöhe begegnet.

Spinnen lieben Licht

Hauptgrund für das vermehrte Auftreten von Spinnen in Häfen und auf Booten ist Licht in Kombination mit allerlei Insekten, die am Wasser leben. Besonders gut ist dieser Effekt an beleuchteten Stromkästen oder unter Hafenlaternen zu beobachten. Wo Licht ist, sind auch Mücken und andere Insekten, die wiederum den Spinnen als Nahrung dienen. Aus Spinnen-Sicht ist es also nur logisch, dort das Netz zu spannen, wo künstliche Beleuchtung und ein günstiger Biotop für stetigen Nahrungsnachschub sorgen. Liegt das Boot nun beispielsweise direkt im abendlichen Lichtkegel einer Laterne, bieten Aufbauten, Reling und Geräteträger ideale Voraussetzungen, zum Jagdrevier zu werden. Hinzu kommt, dass Störungen durch den ungeliebten Menschen eher selten sind. Wer sein Boot nur alle paar Wochen besucht, darf sich über Spinnennetze quer durchs Cockpit nicht wundern.

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Spinnen lebend fangen

Die einfachste Methode, Spinnen an Bord loszuwerden, ist natürlich, sie zu erschlagen. Nur ist das eine sehr rabiate und nicht tierfreundliche Methode. Außerdem können die zerquetschten Tiere unschöne Flecken hinterlassen. Besser ist es da, die Tiere lebend zu fangen. Ganz simpel ist das mit einem Glas möglich, das über die Spinne gestülpt wird. Anschließend ein Papier oder eine dünne Pappe zwischen Glas und Untergrund schieben, ans Glas pressen und die Spinne in diesem “Käfig” außenbords befördern. Das funktioniert jedoch nur bei ebenen Untergründen und auch nicht in Ecken, außerdem wagt sich nicht jeder so dicht an die Achtbeiner heran.

Deshalb gibt es viele kleine Helferlein, mit denen sich Spinnen fangen lassen. Wir zeigen einige davon in dieser Übersicht:

Klebefallen für den Innenbereich für Spinnen, Käfer und kriechende Insekten

Diese Mittel haben wir getestet

Eine oft beschriebene Art, Spinnen die Lust am Bordleben zu nehmen, ist die Verwendung ätherischer Öle wie beispielsweise Lavendel. Dazu muss man wissen, dass die abschreckende Wirkung dieser Öle recht schnell nachlässt und schon nach einer Stunde verflogen sein kann. In der Praxis scheidet diese umweltfreundliche Lösung also aus. Ähnlich ist es mit den ebenfalls im Handel erhältlichen akustischen „Spinnenscheuchen“. Glaubt man den Fachleuten des Hamburger Hygiene-Instituts, lassen sich Spinnentiere von derartigen „Schall-Angriffen“ kaum irritieren.

Deutlich mehr Erfolg versprechen die Hersteller sogenannter Anti-Spinnen- oder Ungeziefer-Sprays. Je nach Mittel, kommen verschiedene chemische Substanzen zum Einsatz, die man landläufig als Nervengifte bezeichnen kann. Namentlich Permethrin, Deltamethrin und das aus Chrysanthemen gewonnene Pyrethrum (Pyrethrine) machen das Boot zur ungezieferfreien Zone. In unserer Praxiserprobung konnten wir allen getesteten Mitteln eine Wirkung auf Spinnen (und anderes Getier) attestieren. Je nach Wirkstoff und dessen Konzentration, hielten die Mittel das Boot etwa vier bis sechs Wochen spinnenfrei. Die Anwendung aller Produkte ist gleich. Da sie als sogenannte Kontaktmittel wirken, muss man die betroffenen Flächen, Ecken und Winkel einfach nur einsprühen. Dabei ist darauf zu achten, den Kontakt zur Haut zu vermeiden; darüber hinaus darf man die Sprays keinesfalls einatmen.

Nach unseren Erfahrungen bieten Handschuhe und Atemschutz bei der Anwendung ausreichend Schutz, auch wenn die Hersteller dies nicht ausdrücklich fordern. Eine direkte Gefahr für den Menschen geht von diesen Giften jedoch nicht aus, da die ummantelten Nervenbahnen von uns Warmblütern dagegen immun sind. Um den Spinnen den Weg an Bord zu verbauen, behandelt man zusätzlich alle Landverbindungen wie Festmacher, Fenderleinen, Strom- und Wasserleitungen. Nur so verhindert man ungewollten „Zuzug“ aus der Nachbarschaft. Nachteil der genannten Chemikalien ist ihre nachlassende Wirkung bei steigenden Temperaturen (ab etwa 25 bis 30 Grad). Sie wirken also im Frühling und Herbst besser als im heißen Hochsommer.

Grundreinigung

Für eine einmalige „Grundreinigung“ eignen sich auch Ozongeneratoren, wie wir sie beispielsweise hier vorstellten. Das erzeugte Ozon tötet nicht nur Bakterien und beseitigt so unangenehme Gerüche, sondern auch Kleinstlebewesen. Ist das Ozon jedoch nach einigen Stunden verflogen, bietet es keinen weiteren Schutz vor einer „Neubesiedlung“ des Bootes.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es eine endgültige und dauerhafte Befreiung vom Spinnenproblem nicht gibt. Beachtet man die Maßnahmen zur Minimierung, wie beispielsweise wenig Licht, häufiges Entfernen der Netze und vorbeugende Behandlung der Landverbindungen, kann man die Anzahl jedoch im Zaum halten.

Der Praxistest

Für unseren Praxistest wählten wir stellvertretend drei verschiedene Anti-Insekten-
Produkte, die man in jedem Bau- oder Supermarkt bekommt, aus. Zusätzlich prüften wir die Eigenschaften des speziellen Anti-Spinnen-Spray’s vom Bootsausrüster Yachticon. Alle Sprays basieren auf den Eigenschaften verschiedener Gifte, wie Permethrin, Deltamethrin und Pyrethrum.

Als Testort wählten wir vier beleuchtete Stromverteiler in einem Hamburger Yachthafen. Zunächst wurden die Verteilerkästen gründlich gereinigt und dann anleitungsgemäß mit den Produkten behandelt. Eine tägliche Sichtkontrolle gewährleistete die Erfolgsüberwachung.

Die mit Abstand beste Wirkung erzielte das Yachticon-Anti-Spinnen-Spray. Mit rund 18 Euro pro 500 ml ist es zwar das teuerste Produkt im Vergleich, weist mit 9,9 g/l Permethrin aber auch die höchste Wirkstoffkonzentration auf. Der mit diesem Spray behandelte Stromverteiler blieb knapp sechs Wochen spinnenfrei.

Das zweitbeste Ergebnis können wir dem Okaysi-Spray von Caesar Simon und Sohn und Sohn
attestieren. Hier kommen 6,56 g/l Permethrin zum Einsatz und gewährleisten rund vier Wochen lang Schutz. Der Preis liegt,je nach Bezugsquelle, bei etwa 13 Euro pro 500 ml.

Die beiden verbleibenden Mittel sind mit 5 Euro/400 ml (Globol) und 2 Euro/
400 ml (Varena) deutlich preiswerter, fallen aber auch in der Nachhaltigkeit gegenüber den Erstgenannten ab. An den mit ihnen behandelten Flächen konnten wir nach rund zwei Wochen die ersten Spinnennetze bewundern.

Kleine Spinnen-Kunde

Zu den Gliedertieren gehörend, sind ihre weiteren Kennzeichen neben den erwähnten acht Beinen ein Körper, eine reiche Ausstattung mit Augen: meistens 8 an der Zahl. Am vorderen Körperteil sitzen zwei Kieferklauen, die mit Gift bevorratet sind. Der hintere Körperteil zeigt das, was die Spinne zu einem Kunsthandwerker werden lässt: Warzen, die Spinnseide produzieren. Der Spinnenfaden fungiert als Sicherheitsleine, wie man leicht beobachten kann, und natürlich als Netzbaumaterial – so entstehen wahre Kunstwerke, die für leichtsinnige andere Insekten böse Fallen darstellen.

Wenn man in so ein Netz aus Versehen hineinlangt, stellt man fest, dass es erstens „widerwärtig klebrig“ und zweitens schlecht auseinanderzureißen ist. Das Klebrige rührt vom Eiweiß her, aus dem die Fäden bestehen, außerdem sind Spinnenfäden relativ „reißfest“, weil ungemein dehnbar. Übrigens gibt es auch Spinnen, die ihre Nahrung ohne Fangnetz erbeuten, beispielsweise durch Auflauern oder Anschleichen.

Spinnen töten ihre Beute durch Gift – für Menschen gefährlich ist von den weltweit vorkommenden Arten eine vergleichsweise geringe Zahl. Im mittleren Europa braucht man jedenfalls nichts zu befürchten.

Wen treffen wir nun am häufigsten an? Vermutlich die Hausspinne (Tegenaria atrica), die Garten-Kreuzspinne (Araneus diadematus) oder die Brückenkreuzspinne (Larinioides sclopetarius). Letztere ist vor allem in Gewässernähe unterwegs. Sie baut ihr Netz gern – nomen est omen – an Brücken und Geländern. Sind Letztere gut beleuchtet, was eine angenehme Zufuhr von Insekten bedeutet, tritt sie gehäuft auf. Die drei Spinnenarten sind in ganz Mitteleuropa heimisch.


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