SeefunkAuf keinen Fall “Over and Out” – so funkt man richtig

Andreas Fritsch

 · 18.07.2025

Seefunk: Auf keinen Fall “Over and Out” – so funkt man richtigFoto: YACHT/Nils Günter
Konzentriert bei der Sache: Im Idealfall ist der Gebrauch der Funkanlage ganz normale Bordroutine.
Das SRC liegt lange zurück, und die Routine fehlt. Sprachbarrieren schrecken ab – besonders Chartercrews zögern, die vorhandene UKW-Seefunk-Anlage an Bord zu nutzen. Doch die Vorteile sind klar. Wir erklären, wie es funktioniert.

Funk an Bord von Charter­yachten ist nicht jedes Skippers Sache: Es geht mit der gerade übernommenen, unbekannten Yacht auf Törn, da haben viele schon genug mit den Hafenmanövern sowie mit der technischen Ausrüstung zu tun. Die Crew will richtig instruiert und die Törnplanung muss auch im Auge behalten werden.

Da hat der Funk nicht immer die Priorität, die er eigentlich haben sollte. Außerdem ist die Funkschein-Ausbildung, in der Regel das „Short Range Certificate“ (SRC), oft nicht sehr praxisnah. Zwar hat der Skipper irgendwann den Schein gemacht, jedoch wurde dabei viel Theorie und Notfallroutine gelernt, meist wurde sogar nur an einem Simulator „gefunkt“.

Ist Funk nicht mehr zeitgemäß?

Manche Inhaber eines Zertifikats starten, ohne je ein Funkgespräch geführt zu haben. Dann läuft es oft darauf hinaus: Das Gerät an Bord unterscheidet sich von dem in der Schulung, der Funk wird im Charteralltag vor Ort selten benötigt, wie auf der Ostsee oder in Griechenland – und schon hat man alles vergessen. Anrufprozeduren, Arbeitskanäle, englische Begriffe – wie war das nochmal?

Der Verband Deutscher Yacht-Charterfirmen (VDC) beobachtet dasselbe Phänomen seit Jahren. Katharina Falck sagt: „Wir erleben oft, etwa in Revieren wie Mallorca, dass immer mehr Crews versuchen, die gesamte Kommunikation mit dem Handy abzuwickeln.“ Dazu gehören Gespräche mit Marinas oder Tankstellen sowie Anrufe beim Vercharterer.

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Ablaufschema für Funkmeldungen im mobilen UKW-Seefunk


Routine: Das Funkgerät an Bord sollte häufig verwendet werden

Das funktioniert zwar häufig, birgt aber viele Nachteile in sich. Wer etwa in einem Hafen nach einem Platz fragt und die Festnetznummer anruft, erreicht manchmal nur das Büro, das im Zweifel nicht einmal besetzt ist. Über Funk landet man dagegen mit größerer Wahrscheinlichkeit direkt auf den Handgeräten der Marineros, die ganz genau wissen, wie viele Plätze wann und wo frei sind und die auch mitteilen, ob und wann sie selbst vor Ort sind, um etwa beim An­legen zu helfen. Vor allem in der Nebensaison ist das Personal nicht rund um die Uhr auf den Stegen unterwegs.

Funk ist im Alltag einer Chartercrew also sehr wohl von Bedeutung und dem Mobilfunk-Netz oft in vielerlei Hinsicht überlegen. Grund genug, sich als Skipper damit aus­einanderzusetzen. Sei es, indem man einen Funkschein überhaupt erst einmal macht oder das einst Gelernte wieder aktiviert, indem man es in den Charteralltag integriert. Schließlich gilt: Routine stellt sich nur ein, wenn das Funkgerät an Bord regelmäßig genutzt wird, sei es zum Hören oder auch zum Selber-Sprechen.

Das Dumme an der Sache ist nur, dass in der Ausbildung häufig gar nicht gelehrt wird, was in unterschiedlichen Revieren später wichtig ist. Beispielsweise die nicht unerheb­liche Frage, wofür Funk in einzelnen Ländern für gewöhnlich eingesetzt wird. Schon in dieser Hinsicht bestehen europaweit teils erhebliche Unterschiede.

Richtig funken: Revierunterschiede beachten

Auf der Ostsee brauchen zum Beispiel viele Skipper jahrelang kein einziges Funkgespräch zu führen. Läuft man einen Hafen an, sucht man sich einfach die nächste Box mit grünem Gastliegerschild und macht dort in Eigenregie fest. Hafenmeister kommen vielerorts ohnehin nur abends oder morgens zum Kassieren, besonders in Dänemark oder Schweden. Wenn es sie denn überhaupt noch gibt: Nicht selten treiben lediglich Studenten die Liegegelder ein, oder man muss die Gebühr an einem Automaten entrichten.

Im Mittelmeer ist das vielfach anders. Die fast ganzjährige Auslastung der Häfen und nicht zuletzt die vergleichsweise nied­rige Entlohnung der Marineros hat dort zur Folge, dass in der Regel mehr Personal auf den Stegen unterwegs ist als in Häfen an Nord- oder Ostsee. Marineros weisen den Liegeplatz an, sie nehmen die Heckleinen entgegen und heben danach die Muringleine für die Crew an, damit sie leichter mit dem Bootshaken zu fangen ist. Auch mit Strom- und Wasseranschluss hilft das Personal weiter, oder es nimmt die Schiffsdaten fürs Hafenbüro auf.

In einigen Revieren gehört es deshalb zum guten Ton, sich vor dem Anlaufen des Hafens anzumelden; per Funk bittet man um einen Liegeplatz. Der Marinero fragt dann in der Regel nach Bootsgröße und Tiefgang und erklärt, auf welchen Platz man steuern soll. In einigen Ländern wie zum Beispiel der Türkei kommt einem der Marinero sogar im Rib entgegen und lotst die Crew zum freien Liegeplatz. Miss­lingt dem Skipper einmal das Anlegemanöver, sind die Helfer ebenfalls zur Stelle: Mit ihren Gummibooten schubsen sie die Yacht bei Bedarf in die richtige Richtung.

Funk-Etikette vs. schnelle Kommunikation

Üblich ist eine solche Anmeldung in vielen Marinas Spaniens, Italiens, Frankreichs und der Türkei. Auch in Kroatien macht dies bei den großen kommerziellen Marinas Sinn, selbst wenn in der Hochsaison nicht immer verlässlich eine Antwort kommt, weil der Andrang mal wieder zu groß ist.

In anderen Ländern kann man dagegen lange auf eine Antwort oder einen Marinero-Service warten: In Griechenland wird Sportbootfahrern nur in wenigen privaten Marinas geholfen. Dasselbe gilt für Dänemark oder Schweden. Die entsprechenden Informationen finden sich in Revierführern. Oder man fragt einfach zu Beginn des Törns das Basispersonal der Charterfirma vor Ort.

Anders als in der Ausbildung vermittelt, erweist sich vor Ort auch die Funkroutine. Während es zum Beispiel in Seenotfällen oder bei anderen relevanten Gesprächen durchaus Sinn macht, Schiffsnamen dreimal zu wiederholen, das Rufzeichen zu nennen oder jeden gesprochenen Teil mit „Over“ zu quittieren, ist das für Alltagsgespräche beim Funken eher nicht üblich. Wer Funkgesprächen lauscht, merkt schnell: kürzere Anrufe, kein „Over“, kein „Out“. Ist der Kontakt einmal hergestellt, wird relativ informell wechselseitig gesprochen und die Unterhaltung auch nicht förmlich beendet.

Richtig funken: Gekonnter Umgang mit dem Funkgerät muss geübt werden

In solch herkömmlicher Kommunika­tion wird also recht wenig auf die Funk-Etikette geschaut, in anderen Fällen ist sie dagegen angebracht – weshalb Skipper und Crew sie beherrschen sollten. So ist es eine weit verbreitete Unsitte, endlose Gespräche mit banalem Inhalt auf Kanal 16 zu führen; der dient ausschließlich als Anruf- und Notkanal. Umschalten auf die Arbeitskanäle ist daher dringend zu empfehlen.

Ohnehin gilt: Wer eine Marina, einen Tankstellenbetreiber oder einen Brückenwärter anruft, kann dies idealerweise direkt über deren Rufkanal tun. Das ist in manchen Ländern einfacher, etwa in Kroatien, wo alle ACI-Marinas den UKW-Kanal 17 nutzen. Anderswo muss man den Kanal des gewünschten Gesprächspartners erst ausfindig machen. Der Blick in den Revierführer hilft da meist. Gute Charterflottenbetreiber stellen ihren Kunden darüber hinaus Listen mit den Funk-Arbeitskanälen der wichtigsten Marinas zur Verfügung. Manchmal steht der Ruf-Kanal auch beim Einlaufen in den Hafen auf großen Schildern auf der Mole.

Wichtig ist zudem der gekonnte Umgang mit dem Funkgerät. So nervt es alle Beteiligten, wenn eine Crew im Nahbereich einer Marina mit vollen 25 Watt Sendeleistung sendet, sodass unfreiwilligen Zuhörern am Lautsprecher fast die Ohren abfallen. Dass sich die Sendeleistung in solchen Fällen auf 1 Watt begrenzen lässt, sollte sitzen.

Ferner sollte der Skipper die Crew in den Umgang mit dem Funkgerät einführen. Dann kann auch mal ein Mitsegler ein Gespräch abwickeln, während der Skipper zum Beispiel gerade ein Manöver fährt. Das Einstellen der Rausch­unterdrückung und die Funktionsweise der Zweikanal-Überwachung („Dual Watch“) sind weitere Punkte, die von allen beherrscht werden sollten.

Funkgerät: die wichtigsten Funktionen

Seefunk für Segler: Richtig Funken
  1. Mikrofon: Neben der Sprechtaste finden sich hier eine Wippe zum Kanalwechsel, die Kurzwahl zu Kanal 16 und/oder die Zweikanal-Wache.
  2. Display: Abzulesen sind der eingestellte Kanal (hier 16), die Sendeleistung (hier 25 Watt), die GPS-Position u. a.
  3. DSC-Notruf: Unter dem Schutzdeckel liegt die Aktivierung des automatischen Notrufs mit GPS-Position. Drei Sekunden Drücken löst sie aus.
  4. Scan: Per Knopfdruck sucht das Gerät den nächsten Funkkanal, auf dem gerade gesprochen wird.
  5. Dual watch: Auf vielen Geräten kann man zwei, teils sogar drei Kanäle gleichzeitig abhören, also z. B. Kanal 16 und die Schiff-zu-Schiff-Kanäle 69 oder 72.
  6. Sendeleistung: Auf See 25 Watt. Vor der Marina, der Tankstelle oder einer nahen Yacht genügt hingegen 1 Watt, ansonsten übertönt man alle anderen.
  7. Kanal-Voreinstellung: Der Skipper kann eine Art Kurzwahl zu einem häufig genutzten Kanal einstellen, wie etwa den für den Wetter­bericht (WX).
  8. Direktwahl Kanal 16: Funktion, um nach einem Gespräch automatisch wieder zum Anruf-/Notkanal zurückzugelangen.
  9. Rauschunterdrückung/Lautstärke: Ist der gewünschte Kanal eingestellt, den Knopf so lange drehen, bis es eben nicht mehr rauscht.
  10. Bedientasten: Hierüber können Kanäle direkt am Gerät gewechselt oder durch die DSC-Menüs gescrollt und diese aktiviert werden.

5 gute Gründe, weshalb nicht auf Funk verzichtet werden sollte

Schon aus Gründen der  Sicherheit sollte auch beim Urlaubstörn niemand auf den Funk verzichten. Leichter macht er das  Bordleben ohnehin, wie auch diese Beispiele zeigen:

1. Hilfe im Hafen

Für Ostseeskipper ungewohnt, im Mittelmeer jedoch weit verbreitet: Wer per Funk anfragt, bekommt einen Liegeplatz schon vor Erreichen der Hafenmole zugewiesen. Zudem hilft der Marinero beim Anlegemanöver. Teilt man die Schiffsdaten mit, darf man zudem sicher sein, dass der Liegeplatz breit und tief genug ist. In Ländern wie Italien, der Türkei, Spanien oder Teilen Frankreichs gehört die Anmeldung via Funk schlicht zum guten Ton.

2. Ansprechpartner im Revier

Schleusen- und Brücken­wärter in der Ostsee oder Holland, Revierzentralen von Verkehrstrennungsgebieten, Rettungs- und Hilfsdienste – sie alle sind meist rufbereit und können wichtige Infos über Öffnungszeiten und Verkehrsaufkommen geben oder bei technischen Fragen oder Problemen helfen.

3. Von Schiff zu Schiff funken

Befreundete Yachten sind auch auf See, außerhalb des Handynetzes, dank UKW-Funk erreichbar. Außerdem können Berufsschiffe oder andere Yachten, die in Engstellen oder nachts unklar queren, angerufen werden. Ideal, wenn dann noch AIS an Bord ist, das Namen und MMSI anderer Schiffe zeigt.

4. Tankstellen

Ist die Zapfstelle überhaupt geöffnet, gibt es schon eine Warteschlange? Wird auf­gerufen, oder muss man kreisen? Gerade an beliebten Charterstationen herrschen am Rückgabetag oft chaotische Zustände. Dann hilft kurzes Nachfragen per Funk.

5. Sicherheit

Via Funk kommen Warnun­gen zu Schießübun­gen, vor Stürmen oder Havaristen an Bord. Selbst wird man im Notfall via Funk von Schiffen in der Nähe gehört.


Funk vs. Smartphone

Viele Crews setzen anstelle von UKW-Seefunk aufs Mobil-Telefon. Das aber bringt diverse Nachteile gegenüber dem herkömmlichen Funken mit sich:

1. Netzlücken

In vielen Revieren gibt es wenige Meilen abseits der Küste kaum noch Handy­empfang. Die Reichweite der Seefunkanlage einer normalen Yacht liegt je nach Gegebenheiten hingegen zwischen zehn und dreißig Seemeilen. Mit dem Handfunkgerät sind es immerhin noch zwei bis drei Meilen.

2. Anrufer besetzt

Marineros, Tankstellen, Brückenwärter – kontaktiert man sie per Telefon, muss erst einmal jemand rangehen. Ist in der Hochsaison viel Betrieb, wartet man oft vergebens. Der Funk läuft dagegen fast immer im Hörmodus mit. Manchmal registriert der Adressat dann den Ruf und meldet sich einen Moment später zurück oder bittet kurz um Geduld.

3. Nur ein Ansprechpartner

Braucht man Hilfe, erreicht man per Handy nur einen Ansprechpartner; via UKW- Kanal 16 spricht man alle Funkstellen in Reichweite an. Es muss ja nicht immer gleich der akute Seenotfall sein. Wer schon einmal mit Leine im Propeller Hilfe beim Anleger brauchte, weiß, worum es geht. Noch wichtiger ist DSC: Ist der Notfall akut, sorgt der gedrückte Notknopf für eine automatische Mayday-Aussendung samt Position und Schiffsnamen.

4. Nicht anpeilbar

Braucht man akut Hilfe, können Rettungskräfte ein Funksignal exakt anpeilen und den Havaristen finden. Mit dem Smartphone funktioniert das so hingegen nicht.


Muss ich funken? Rechte und Pflichten von Charterskippern

Was manche Skipper ohne Funkschein nicht wissen: Ist eine DSC-Funk­stelle an Bord, muss diese laut internationalen Vorschriften auf See auch eingeschaltet werden. Es gibt zwar keine Hörpflicht auf Kanal 16 mehr, aber die automatisierten Notrufe des DSC-Ge­rätes kann jeder wahrnehmen.

Auch bei den Rechten ist die Lage nicht immer klar: In Deutschland muss der Skipper eines Charterschiffes ein SRC oder ein LRC haben. In Kroatien ist es für Skipper oder alternativ für ein Crewmitglied Vorschrift. Anderswo wird es laxer gehandhabt. Streng genommen darf dort aber ohne Schein der Funk auch nicht genutzt werden. Überall gilt: Not kennt kein Gebot. Sind Crew oder Yacht in Gefahr, darf stets gefunkt werden.


Richtig funken im Video bei YACHT TV

Die YACHT hat in Zusammenarbeit mit dem VDC für Chartercrews, die frisch in den Funk einsteigen oder aber ihr Wissen auf­frischen wollen, zwei lehrreiche Videos rund um das Thema Funken gedreht:

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