RatgeberRichtig abschleppen

Unbekannt

 · 22.07.2014

Ratgeber: Richtig abschleppenFoto: Christian Tiedt
Längsseits abschleppen

Wir erklären, was man beim Abschleppen beachten muss – und was kann anschließend auf den Hilfesuchenden und seinen „Retter“ zukommen kann.

  Längsseits abschleppenFoto: Christian Tiedt
Längsseits abschleppen

Not kennt kein Gebot. Oder doch? Wer in einer echten Zwangslage steckt, wird sich im Zweifel nicht um Verordnungen, Weisungen und Paragrafen kümmern. Wer will ihm das verübeln? Erst recht, wenn es um Leib und Leben geht. Klar, Seenot ist das eine, aber was mache ich, wenn der Motor streikt oder die Ruderanlage plötzlich ihren Geist aufgibt? Irgendwie raus aus dem Fahrwasser, weg von der Untiefe und Anker werfen? Wenn’s geht ja. Und wenn nicht? Wer manövrierunfähig im Fahrwasser treibt, sollte schon aus eigenem Interesse die übrige Schifffahrt warnen.

Fragt sich nur wie? Wer gar nix an Bord hat, wird dies durch wiederholtes Heben und Senken der seitlich ausgestreckten Arme versuchen. Das klappt natürlich nur, wenn die anderen Boote oder Schiffe in unmittelbarer Nähe sind. In diesem Fall hilft unter Umständen auch Hupen und Blinken (Positionslaternen). Wer hat, kann Handfackeln oder Leuchtraketen einsetzen, um auf seine Notlage aufmerksam zu machen. Weil Weggucken und -hören heute leider weit verbreitet sind, funktioniert jedoch selbst das nicht immer. Funkgerät und Telefon sind da erwiesenermaßen eindeutig besser.

Über die Notruf-Kanäle 16 oder 70 DSC (das für moderne Funkgeräte vorge-schriebene und üblicherweise mit einem Kartenplotter gekoppelte "Digital Selec-tive Calling" leitet, per Knopfdruck aktiviert, den Notruf mit exakter Positionsangabe automatisch an die zuständige Rettungsstelle weiter), den Kanal 10 im Binnenschifffahrtsfunk oder den Nautischen Informationsfunk (NIF) wird man immer gehört.

Vorausgesetzt Ihr Handy hat ein Netz und einen geladenen Akku, erreichen Sie an der deutschen Nord- und Ostseeküste die Seenotleitung Bremen des "Maritime Rescue Centre" (MRCC) der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) unter der Rufnummer 12 41 24. Auf Binnengewässern wählen Hilfesuchende 112 oder 110. Die Notrufzentrale informiert dann – abhängig von Standort und Situation – Wasserschutzpolizei, Feuerwehr, Wasser- und Schifffahrtsamt, DLRG oder das Rote Kreuz.

Der private "Pannendienst SeaHelp" ist für Mitglieder und solche, die es werden wollen, über eine 24-Stunden-Hotline unter den Nummern 00385-919 112 112 (Adria) oder 00800-112 00 112 (Balearen und Ostsee) zu erreichen.

Allen die glauben, sie könnten die DGzRS nur rufen, wenn es "ums nackte Überleben" geht, möchte Pressesprecherin Antke Reemts Folgendes sagen: "Wir sind immer da, sobald der Skipper Unterstützung braucht. Grundsätzlich ist es Sache des Schiffsführers zu entscheiden, ob er Hilfe braucht. Es ist uns wichtig, deutlich zu machen, dass die DGzRS nicht nur im Seenotfall hilft, sondern auch, wenn technische Hilfe oder Einschlepphilfe benötigt werden.

Im Fall einer technischen Hilfeleistung (kann telefonisch unter 0049 (0)421-53 68 70 gerufen werden) stellt die DGzRS eine Erstattung der Betriebskosten in Höhe von 200 Euro pro Stunde, maximal aber 400 Euro, in Rechnung. Häufig tragen die Versicherer diese Kosten, da vom Fahrzeug ein größerer Schaden abgewendet wurde. Diese Frage sollte jeder für sich beizeiten mit seiner Versicherung abklären. Die Rettung aus Seenot ist selbstverständlich kostenlos".

Zum Thema Versicherung

Wer glaubt, dass er mit einer Haftpflichtversicherung ausreichend versorgt ist, sollte bedenken, dass seine Haftpflicht nicht den Schaden am eigenen Boot regelt. Und schon gar nicht die Kosten einer Bergung und/oder Wrackbeseitigung (siehe auch BOOTE 5, S. 16 "Hilfe, wir sinken!"). Wer nicht ausreichend versichert ist, verliert unter Umständen Haus und Hof. Deshalb ist eine Kaskoversicherung, in der Bergungs- und Wrackbeseitigungskosten gedeckt sind, in jedem Fall sinnvoll.

Doch aufgepasst, die Kaskoversicherung zahlt selbstverständlich nur, wenn ein versichertes Schadensereignis vorliegt. Handelt der Skipper "grob fahrlässig", muss er nicht nur den Schaden am eigenen Boot tragen, sondern auch die Bergungskosten. Was gegebenenfalls an "Grausamkeiten" auf den Skipper und Eigner zukommen kann, lesen Sie unter der Überschrift "Alles was Recht ist".

An dieser Stelle nur so viel vorab: Abschleppen, unter See- und Bootsleuten lange Zeit eine selbstverständliche Hilfeleistung, für die man sich mit einer "Buddel Köm" (hochdeutsch: Schnaps) oder einem Essen im Hafenrestaurant bedankt, kann unter Umständen zu einem handfesten Rechtsstreit führen.

Laut § 27 Abs. 1 der Seeschifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO) dürfen nur Fahrzeuge schleppen oder schieben, welche die dafür erforderlichen Einrichtungen besitzen und deren Manövrierfähigkeit beim Schleppen oder Schieben gewährleistet ist. Die nirgendwo festgeschriebene Ausnahme der Regel: Im Notfall darf (und soll!) natürlich ein Sportboot ein anderes "abschleppen", aber bitte nur bis zum nächsten Hafen oder Liegeplatz.

Motorsportfahrzeuge, die andere Sportfahrzeuge schleppen, sagt § 2 Abs. 1 Nr. 7 der SeeSchStO, gelten nicht als schleppende Maschinenfahrzeuge im Sinne der Kollisionsverhütungsregeln (KVR). Das heißt, sie müssen die Ausweichregeln gegenüber anderen Fahrzeugen beachten, sind demnach aber nicht an die
in Regel 24 der KVR vorgeschriebene Lichterführung gebunden.

Ob und wie das geschleppte Boot "bemannt" sein muss, ist nicht geregelt. Sinnvoll ist eine "Mannschaft" eigentlich nur, wenn sie den Havaristen mithilfe seiner Ruderanlage auf Kurs halten kann. Und beim Anlegen natürlich. Ansonsten ist man auf dem manövrierfähigen, schleppenden Boot besser aufgehoben. Sicher ist sicher! Verantwortlich ist in jedem Fall immer der Schiffsführer des "Schleppers", dessen Versicherung bei einem "Ramming" zur Kasse gebeten wird.

Wenn Sie trotz aller Risiken, die man mit einem Schrieb oder verbindlichen Absprachen unter Zeugen (siehe S.73) relativ schnell ausschalten kann, nicht zu den Wegguckern gehören und dem in Not geratenen Bootsfahrer Schlepperhilfe leisten wollen, sollten Sie ein paar praktische Dinge beachten: Wer auf den berühmten Haken genommen (also abgeschleppt) werden will, stellt sich für potenzielle Helfer gut sichtbar ins Cockpit oder noch besser aufs Vordeck und schwenkt die in Buchten aufgeschossene, bereitgehaltene Schleppleine.

DEN GESAMTEN PRAXIS-RATGEBER ZUM THEMA ABSCHLEPPEN FINDEN SIE IN DER AUGUST-AUSGABE VON BOOTE, DIE ES JETZT IM HANDEL GIBT.