Unbekannt
· 06.03.2020
Schwitzwasser und Luftfeuchtigkeit sind in der kalten Jahreszeit ein Problem, denn sie können Polstern und Lacken schaden. Wie man das eindämmt
Wer in den USA durch einen Yachthafen schlendert, wird sich vermutlich wundern, dass alle paar Minuten ein Wasserstrahl aus den Rümpfen der vertäuten Boote plätschert: das Kühlwasser der Klimaanlagen.
"Dass die Amerikaner ihre Boote sogar kühlen, wenn sie nicht benutzt werden", staunt manch ein Europäer.
Doch die Kühlung ist nicht Hauptgrund für permanent laufende Klimaanlagen, die zudem Stromkosten produzieren, die oftmals fast an die Liegekosten herankommen. Grund ist vielmehr ein Problem, das in den USA und in den Tropen viel ausgeprägter ist als in Deutschland: Luftfeuchtigkeit.
Würden die Yachten nicht permanent durch Klimaanlagen getrocknet werden, dann wären Leder- und Stoffausstattungen in kurzer Zeit schimmelig.
Feuchtigkeit ist neben Korrosion einer der größten Feinde jedes Schiffseigners, denn sie bildet einen guten Nährgrund für Schimmel. Bei längerer Abwesenheit und ohne Vorsorge wird das Boot deshalb zunehmend geschädigt.
Das Klima in Deutschland ist im Sommer sehr viel trockener als in den Tropen, und Luftfeuchtigkeit ist häufig kein Thema. Spätestens wenn der Eigner alle zwei Wochen auf dem Boot nach dem Rechten schaut und gründlich durchlüftet, bleibt das Klima an Bord im Rahmen.
Auch die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sind sehr gering. Im Sommer liegt die allgemeine Luftfeuchtigkeit im Durchschnitt bei 62 Prozent. Im Winter sieht es mit 68 Prozent jedoch anders aus, und es sollte vorgesorgt werden.
Der Unterschied von sechs Prozent mag klein wirken, aber er überspringt gerade die Schwelle von "leicht feucht" zu "zu feucht". Und das kann fatal sein.
Wenn die Yachten zudem noch im Herbst genutzt wurden und dann im Winterlager monatelang ungeachtet an Land oder im Wasser liegen, steht die feuchte Luft im Schiff, und Schimmel und Spak haben ungestörtes Spiel. Jede Yacht sammelt ohnehin ständig Feuchtigkeit in ihrem Inneren, sei es durch Leckagen, Schwitzwasser, Regenwetter oder auch die Atemluft der Crewmitglieder, denn jeder Mensch scheidet täglich etwa 2,5 Liter Flüssigkeit aus, die in der Luft gelöst wird.
Luft ist jedoch nur begrenzt in der Lage, diese Feuchtigkeit aufzunehmen. Je höher die Temperatur, desto höher ist auch die Kapazität der Luft. Bei einer Lufttemperatur von 20 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent führt die Luft 13,83 Gramm Wasser pro m3 in sich. Sinkt im Herbst die Temperatur nachts dann ohne Heizung auf 14 Grad ab, kann die Luft nur 12,07 Gramm/m3 aufnehmen und ist dann gesättigt. Das heißt, dass die Luft 1,76 Gramm Wasser/m3 ausscheiden muss. Es kondensiert.
Dieser "Taupunkt" als Punkt der Sättigung ist schon bei knapp unter 16 Grad erreicht, und die Feuchtigkeit schlägt sich in Form von Schwitzwasser im Schiffsinneren nieder. Meist auf Gegenständen, die kälter sind als ihre Umgebung, sogenannten Kältebrücken wie zum Beispiel Lukenrahmen.
Die direkten Folgen von zu hoher Luftfeuchtigkeit sind Korrosion sowie Verfärbung der Holzflächen und des Klarlacks. Häufig zieht Feuchtigkeit auch in Polster ein und lässt sie moderig riechen.
Schimmelgefahr
Drei Dinge sind zum Wachstum von Schimmel nötig: Er benötigt einen Nährboden (der auf den meisten Gegenständen ohnehin gegeben ist, durch Körperfette, Hautschuppen usw.), Feuchtigkeit (Schimmel wächst ab einer relativen Luftfeuchte von 70 Prozent) und eine Temperatur von mindestens 10 Grad, optimalerweise 30 Grad.
Gerade im Herbst und vor der Einwinterung sollte deshalb penibel darauf geachtet werden, dass kein Wasser in der Bilge und auch kein Kondenswasser hinter den Einbauten verbleibt. Je weniger Wasser in flüssiger Form sich an Bord befindet, desto weniger kann im Laufe des Winters gasförmig werden und sich in der Luft niederschlagen.
Das ideale Klima an Bord liegt wie im Haus bei einer Lufttemperatur von 20 Grad und einer relativen Luftfeuchte von 50 Prozent.
Alles zwischen 45 und 60 Prozent liegt aber noch im grünen Bereich. Bei zu trockener Luft hingegen fehlt den Staubpartikeln das Bindeelement. Bakterien, Viren und Mikroorganismen haben dann freie Bahn, in die menschlichen Atemwege zu gelangen.
Doch diese Luftfeuchtigkeitswerte einzuhalten ist gerade an Bord nicht einfach. Beim Schlafen, Kochen, Duschen, Waschen ... Ständig wird Wasser an die Luft abgegeben. Und immer wieder steigt mit Temperaturschwankungen wie beim Abschalten der Heizung mit dem Abfall der Temperatur auch gleichzeitig die relative Luftfeuchte an.
Um Kältebrücken als Orte, an denen sich Schwitzwasser sammelt, zu vermeiden, sollten Schiffe gut isoliert sein. Hat die Werft nicht gut vorgesorgt, dann ist es leider oft schwer, sinnvoll nachzuisolieren. Gute Belüftung und damit Abfuhr der Feuchtigkeit ist dann umso wichtiger.
Oftmals reicht es, wenn im Winterlager ein steter Luftzug durchs Schiff geht und die Feuchtigkeit mitnimmt. Im Außenwinterlager und beim Leben an Bord ist das jedoch nicht immer möglich. Dann sollte die Luft passiv oder aktiv entfeuchtet werden.
Hilfsmittel zur Entfeuchtung
Passive Luftentfeuchter sind in der Herbstzeit immer wieder in Super- und Baumärkten zu finden. Es gibt verschiedene Ausführungen, die aber dieselbe Funktionsweise haben: Ein Salzgranulat wird in einer Tüte oder als Tablette auf einem Rost über einem Auffangbehälter ausgelegt und entzieht der umliegenden Luft die Feuchtigkeit (hygroskopische Wirkung).
Meist handelt es sich um gekörntes Calciumchlorid. Die weißen Kristalle setzen sich aus Calcium- und Chlorid-Ionen zusammen, die über eine starke hygroskopische Wirkung verfügen. Die Feuchtigkeit aus der Umgebung und das Granulat gehen eine chemische Verbindung ein, es entsteht ein Hydrat. Wenn das Granulat gesättigt ist, tropft das Wasser in den Auffangbehälter darunter.
Ein Kilogramm Calciumchlorid kann bis zu vier Liter Wasser einfangen und löst sich dabei auf. Das Granulat bzw. die Tablette kann ausgetauscht und der Behälter geleert werden.
Deutlich effektiver, aber auch teurer im Stromverbrauch ist ein elektrischer Luftentfeuchter. Diese Geräte trocknen die Luft nicht nur, sondern wärmen und reinigen sie häufig auch. Drei Systeme sind verbreitet: Kondensationstrockner mit starken Kompressoren, Adsorptionstrockner mit einem Trockenmittel aus Zeolithen und kleine Modelle mit Peltier-Element.
Kondensationstrockner funktionieren ähnlich wie Klimaanlagen: Feuchte Luft wird durch Kühlrippen geschickt und heruntergekühlt, bis der Taupunkt erreicht ist. Da kalte Luft ja bekanntlich weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann, kondensiert das Wasser und tropft in einen Auffangbehälter. Kondensationstrockner sind zwar sehr stromsparend, aber auch laut, schwer und nur bis zu Temperaturen bis 15 Grad wirklich effektiv.
Liegt die Umgebungstemperatur bei fünf Grad, kann solch ein System nicht mehr effektiv arbeiten, weil es schließlich nicht viel Spiel nach unten hat, um die Luft zu kühlen, bevor der Gefrierpunkt erreicht ist. Das Modell Trotec TTK 24E eignet sich laut Hersteller für Räume bis 15 m2 und entzieht der Luft täglich bis zu zehn Liter Wasser.
Bei einem Adsorptionstrockner wird die feuchte Luft zunächst durch einen Filter angesaugt und über ein rotierendes Rad voller Zeolithe geleitet. Das sind Silikathaltige Mineralien (z. B. Klinoptilolith), die die Feuchtigkeit anziehen wie ein Schwamm. Anschließend wird dem Trockenmittel die aus dem Raum gesammelte Feuchtigkeit durch eine eingebaute Heizung wieder entzogen, es wird "regeneriert".
Die nun im Trockner gebündelte feuchte Luft wird mit der aus dem Umgebungsraum gezogenen Luft heruntergekühlt, das darin enthaltene Wasser kondensiert. Die nun trockene Luft wird wieder erwärmt und verlässt den Trockner etwa zehn Grad wärmer als die Umgebungstemperatur. Im Gegensatz zu den anderen Modellen sind die Adsorptionstrockner durch den fehlenden Kompressor und das Kältemittel sehr viel leichter, leiser und auch bei kalten Temperaturen effektiv, verbrauchen aber auch mehr Strom. Als Bonus reinigen die Zeolithe die Luft von Gerüchen und Bakterien.
Ob Kondensations- oder Adsorptionstrockner – beide Arten sind in verschiedenen Größen erhältlich, schalten sich automatisch ab, sobald der Wassertank gefüllt ist, und verfügen zudem über einen Schlauchanschluss, über den das aufgefangene Wasser direkt in ein Waschbecken und außenbords geleitet werden kann.
Einige Systeme verfügen über einen Hygrostat und können im Automatikmodus betrieben werden, sodass sie sich dann einschalten, wenn die relative Luftfeuchte über einen eingestellten Wert steigt.
In den letzten Jahren sind einige Neuentwicklungen auf den Markt gekommen, die mit weniger Stromverbrauch und
besserer Steuerung der Luftfeuchtigkeit punkten. Der Adsorptionstrockner Meaco DD8L Zambezi schneidet bei Tests am besten ab. Bis zu acht Liter Wasser zieht er täglich aus Räumen bis 40 m2 Fläche.
Bei keinem anderen Gerät kann zudem die gewünschte relative Luftfeuchtigkeit über das Bedienpaneel eingestellt werden.
Ist der Wert erreicht, geht der Zambezi in den Schlafmodus und erwacht jede halbe Stunde einmal kurz, um für fünf Minuten die Luftfeuchtigkeit zu überprüfen.
Für kleinere Aufgaben eignet sich häufig auch schon ein sehr strom- und platzsparender Luftentfeuchter mit Peltier-Element, wie der Pingi Vida. Die Entfeuchtung geschieht thermoelektrisch: In einem aus zwei verschiedenen Metallen bestehenden Leiterkreis wird durch einen Stromfluss an den Lötstellen Wärme entzogen und die Luft abgekühlt.
Dadurch kondensiert die angesaugte Luft. Die Leistung solcher Entfeuchter mit Peltier-Element ist allerdings sehr begrenzt. Das ausprobierte Modell von Pingi braucht zwar nur 18 Watt, entzieht der Luft aber am Tag auch nur 250 Milliliter Feuchtigkeit.
Was ist die ideale Lösung?
Der Nachteil der elektrischen Entfeuchter liegt im hohen Stromverbrauch, der gerade bei längerer Nutzung nicht zu vernachlässigen ist. Gerade im Winterlager und bei Strompreisen von 50 Cent pro Kilowattstunde kommen täglich zwei Euro zusammen. Außerdem ist zur ständigen Kontrolle der Luftfeuchtigkeit auch eine permanente Stromversorgung nötig, die in vielen Winterlagern wegen Brandgefahr verboten ist.
Vor dem Einsatz und vor allem bei Abwesenheit sollte deshalb bei der Versicherung in Erfahrung gebracht werden, ob der Betrieb solcher Geräte erlaubt ist.
Obwohl die elektrische Variante die effektivere ist, empfiehlt sich im Hinblick auf Stromverbrauch und Brandgefahren eine Kombination aus passiver und elektrischer Trocknung: Beim Einwintern sollte das Boot nach dem Entfernen aller
Flüssigkeiten einen ganzen Tag lang mithilfe eines elektrischen Luftentfeuchters ausgetrocknet werden.
Liegt die relative Luftfeuchtigkeit dann bei oder unterhalb von 50 Prozent, fällt es dem Granulat leichter, die Luftfeuchte zu halten.