Johannes Erdmann
· 26.04.2023
Moderne Kommunikationsmittel können mehr denn je. Neben den Klassikern Inmarsat und Iridium sowie Iridium certus kommt mit Starlink ein neuer Anbieter. Doch es gibt auch andere – günstigere – Alternativen
In diesem Artikel:
Wer in Küstengewässern Boot fährt, wird für die tägliche Kommunikation, Wetterberichte und im schlimmsten Fall eine Notmeldung wohl kaum mehr Equipment benötigen als das Smartphone, das ohnehin schon in der Hosentasche steckt. Denn selbst wenn das Land längst nicht mehr am Horizont zu sehen ist, hat das Handy häufig noch zwei Empfangsbalken.
Sobald das Schiff aber die Sendereichweite der Handymasten verlässt, wird die Crew nicht umhinkommen, sich Gedanken über weiterführende Kommunikationsmöglichkeiten zu machen. Dann kommen als Sende- und Empfangsstationen die Systeme in Frage, die in ihrem Orbit über einem schweben: die Satelliten.
Bis vor einigen Jahren gab es nur wenige bezahlbare Satellitentelefone, die zudem lediglich für den Einsatz in der Wüste entwickelt wurden und ohne selbstnachführende Antenne auf See schnell den Kontakt verloren. Dann kamen die ersten Satellitenhandys auf, die mit den Abmessungen einer „tragbaren Telefonzelle“, der Menüführung eines 90er-Jahre-Handys und ihrer robusten Anmutung einen gewissen Expeditionscharakter besaßen. Das beliebteste und gängigste Telefon war das Motorola 9505, das in der Ausführung 9505A sogar in der Lage war, über eine Schnittstelle zum Computer E-Mails zu versenden.
Doch zu welchem Preis! Zudem war dafür eine Docking-Station nötig, die auf die Unterseite des Handys gesteckt wurde, dann konnte ein serielles Kabel angeschlossen werden, das wiederum einen Adapter auf USB benötigte, um dann mit Datengeschwindigkeiten aus prähistorischer Zeit zu kommunizieren. Vier reine und kurze Text-E-Mails rein, vier E-Mails raus dauerte gut eine Minute – und kostete zwei Euro. Winzige, unscharfe Bilder (Größe: 100 x 100 Pixel) etwa sechs bis sieben Euro. Meist wurden Prepaid-Karten für 30 Tage und 70 Minuten genutzt, die genau für eine Atlantiküberquerung reichten. Dauerte die Überfahrt länger als erwartet, war die Handylaufzeit vor Ankunft zu Ende.
Heute ist die Kommunikation auf langen Seestrecken deutlich einfacher geworden – und die Seefahrt durch völlig intuitive, bezahlbare Technik weit sicherer, da die Crew jederzeit und mehrmals täglich Wetterberichte als klein verpackte Grib Files abrufen kann. Auch die Datenverbindungen wurden schneller und zuverlässiger. Während vor einigen Jahren noch weitere, aber nur bedingt seetaugliche Anbieter auf dem Markt waren, haben sich heute Inmarsat und Iridium durchgesetzt. Das Inmarsat-System besteht aus einer Flotte von 14 geostationär auf dem Äquator angeordneten und regelmäßig erneuerten Satelliten, von denen die meisten bereits in der 5. und 6. Generation aktiv sind. Dabei punktet Inmarsat unter anderem durch schnelle Datenverbindungen.
Iridium hingegen betreibt ein Netzwerk an rund um den Globus schwirrenden und deshalb im Norden und Süden eine deutlich bessere Abdeckung bietenden Satelliten als Marktführer etabliert. Insgesamt 66 Satelliten (plus Ersatz-Satelliten) umkreisen auf neun Umlaufbahnen die Erdkugel. Deshalb bietet Iridium eine Abdeckung fast ohne Lücken, selbst auf den Polkappen arbeitet das System
In den vergangenen Jahren hat Iridium sein Netzwerk weiter ausgebaut und mit der neuen Generation von Satelliten das System Iridium Certus geschaffen, das in Sachen Datengeschwindigkeit aufholt, aber nun auch etwas teurer ist als vorher.
Für Weltumsegler ist nach wie vor Iridium das Netz der Wahl, denn mit der Einführung des neuen Satelliten-Routers Iridium Go! Exec (Preis: 2.400 Euro) ist die Nutzung weit komfortabler geworden und die Verbindungsgeschwindigkeiten sogar 40-fach schneller. Genau wie sein Vorgänger fungiert der Exec-Router als Schnittstelle zwischen Iridium-Netz und gewöhnlichem Mobiltelefon. Mit einer App ist es möglich, mit dem Smartphone über den Router ins normale Telefonnetz zu telefonieren, E-Mails zu schreiben und erstmals Bilder und Videoclips zu schicken. Der Nutzer ist sogar in der Lage, im Internet zu surfen sowie WhatsApp und Instagram zu verwenden. Die Preise sind je nach Wahl der Datenpakete gestaffelt. Ein Monatspaket mit 50 Telefonminuten und 50 Megabyte Datennutzung kostet beispielsweise 150 Euro, jedes Megabyte damit drei Euro. Wer zwei Megabyte große Bilder verschickt, zahlt also genauso viel wie früher – nur dass die Bilder heute in Topqualität ankommen.
Neu auf dem Markt erschienen ist auch das weltweit diskutierte und bei Langfahrten mittlerweile sehr beliebte Satellitennetzwerk Starlink, das mit überschaubaren Hardware-Kosten von 450 Euro (zumindest bei Nutzung der Camper-Variante „Starlink Roam“) und günstigen Nutzungskosten von 100 Euro pro Monat (Daten-Flatrate) die Möglichkeit bietet, an den Ankerplätzen fernab der Zivilisation Videofilme zu streamen und -konferenzen zu führen, was mit den anderen – zumindest den bezahlbaren – Satelliten-Systemen noch nicht vorstellbar ist. Allerdings ist Starlink bislang nicht überall verfügbar. Es befindet sich vielerorts noch stark im Ausbau und deckt im Moment Europa, Nord- und Südamerika und Australien ab. Für eine Weltumsegelung reicht es deshalb noch nicht.
Vor einem halben Jahr noch deckte das Starlink-Netz lediglich bestimmte Bereiche der Weltkugel ab – doch mittlerweile werden die Lücken immer kleiner. Die günstigste Lösung für Bootsfahrer ist der Tarif Starlink Roam, bei dem die Hardware nur 450 Euro kostet, die monatlichen Gebühren 100 Euro. Es ist aber eigentlich nicht für schaukelnde Empfangsbedingungen ausgelegt. Für den maritimen Einsatz ist die Hardware mit rund 2.800 Euro ungleich teurer, und die monatlichen Kosten beginnen bei 1.119 Euro, können aber monatsweise gebucht und dann pausiert werden. Bei Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 220 Megabit – nicht Kilobit – pro Sekunde sind Netflix-Streaming und Videokonferenzen überall problemlos möglich
Die Starlink-Hardware ist kostengünstig, lässt sich an Bord auf einem Rohr montieren oder in eine Angelrutenhalterung stecken. Die Antenne ist per App steuerbar und richtet sich selbstständig auf die Satelliten aus. Mit bis zu 220 Mbps im Download bietet sie die beste Leistung
Wer die Anschaffung teurer Hardware scheut, findet möglicherweise auch in Trackingsystemen einen kompakten Begleiter, der jedoch mit monatlichen Abos (20 bis 40 Euro bei Garmin InReach) nicht unerhebliche Nebenkosten produziert.
Wenn es darum geht, im Notfall ein System an Bord zu haben, mit dem Notrufe selbst außerhalb des Handynetzes abgesetzt werden können, kann im Zweifel aber auch das gewöhnliche Smartphone hilfreich sein. Das Apple iPhone 14 ist bereits in der Lage, über das Satellitennetzwerk Globalstar Notmeldungen zu senden, und auch das neue Motorola Defy soll auf das Satellitennetzwerk zugreifen können. Mit dem Galaxy S23 ist der Hersteller Samsung sogar eine Kooperation mit Iridium eingegangen. Das Telefon soll nicht nur Texte, sondern auch schwach aufgelöste Bilder übermitteln können. Allerdings sind all diese zusätzlichen Services mit zusätzlichen Kosten verbunden.