Unbemannte Schiffe erobern zunehmend die Weltmeere. Während autonome Wasserfahrzeuge bereits in verschiedenen Bereichen wie der Forschung und bei Marineoperationen zum Einsatz kommen, gibt es noch eine entscheidende Hürde: Bisher können Schiffsdrohnen nicht selbstständig mit bemannten Schiffen per Funk kommunizieren.
Norwegische Wissenschaftler arbeiten nun an einer Lösung, die künstliche Intelligenz nutzt, um autonomen Schiffen eine Stimme zu verleihen. Das System soll es den unbemannten Fahrzeugen ermöglichen, eigenständig am Seefunk teilzunehmen und in kritischen Situationen wie drohenden Kollisionen ihre Absichten zu kommunizieren.
Derzeit übernehmen Menschen die Funkkommunikation für autonome Schiffe. Diese Operatoren arbeiten entweder an Land in sogenannten "Remote Operation Centres" oder befinden sich an Bord der Schiffe. Häufig ist ein einzelner Operator für mehrere Schiffsdrohnen gleichzeitig verantwortlich, was in kritischen Situationen zu Überlastung führen kann.
Experten sehen darin ein erhebliches Sicherheitsrisiko, denn die Kommunikation zwischen Schiffen ist besonders in Gefahrensituationen wie drohenden Kollisionen entscheidend. Dann müssen Kurs- und Geschwindigkeitsänderungen präzise aufeinander abgestimmt werden. Eine verzögerte oder fehlerhafte Kommunikation durch überlastete Operatoren könnte fatale Folgen haben.
Doch das soll sich ändern: An der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) arbeiten Wissenschaftler an einem System, das die Kommunikation zwischen autonomen und bemannten Schiffen revolutionieren soll. Ihr Ziel ist eine Lösung, die die Interaktion einfacher, schneller und zuverlässiger macht. In der Fachzeitschrift Ocean Engineering veröffentlichten die Forscher ihre Ergebnisse.
Das Systems soll anderen Schiffen und Küstenstationen die Möglichkeit zu geben, in natürlicher Sprache nach Status, Entscheidungen und zukünftigen Absichten des autonomen Schiffs zu fragen und diese zu diskutieren. Dadurch sollen die Operatoren bei VHF-Funkgesprächen spürbar entlastet werden.
Für den Prototypen setzten die Forscher mehrere KI-Modelle ein. Durch deren Kombination kann das System Anfragen verstehen und passende, zusammenhängende Antworten geben, die den Absichten und dem Status des autonomen Schiffs entsprechen. Die Antworten werden dabei als gesprochene Sprache erzeugt. Das System wurde zunächst in einem Schiffssimulator getestet und anschließend mit der Leistung eines menschlichen Schiffsoffiziers in demselben Szenario verglichen.
Die Tests offenbarten ein grundlegendes Problem: Dem autonomen Funksystem wird deutlich weniger Vertrauen geschenkt als einem menschlichen Schiffsoffizier. Dies ergaben Umfragen, die mit Probanden während der Untersuchung durchgeführt wurden. Das Vertrauensdefizit stellt eine erhebliche Hürde für die praktische Implementierung der Technologie dar, denn gerade in Situationen, in denen sich zwei Schiffe auf Kollisionskurs befinden, ist die Funkkommunikation wichtig. In solchen Momenten müssen Kurs- und Geschwindigkeitsänderungen präzise aufeinander abgestimmt werden.
Die Forschenden sind dennoch zuversichtlich, dass die bestehenden Hindernisse mit einer weiterentwickelten Version des Prototyps überwunden werden können. Sie betonen jedoch auch, dass das System erst dann für den großflächigen Einsatz geeignet ist, wenn es genauso sicher ist wie herkömmlich bemannte Schiffe.