Lernsoftware - Mayday am PC

Unbekannt

 · 25.05.2020

Lernsoftware - Mayday am PCFoto: Yacht/ A. Fritsch

In der SRC-Prüfung ist sicherer Umgang mit Funkgerät und Meldungen gefragt. Routine dafür soll Training mit Lernsoftware bringen. Was die Programme können, was nicht und welche Apps zum Lernen taugen

Wer als Skipper eines Boots auf See unterwegs sein will, ganz gleich ob als Eigner oder Charterer, benötigt das beschränkt gültige Funkbetriebszeugnis, sofern das Boot ein UKW-Funkgerät mitführt – also auf größeren Motoryachten de facto immer.

Gemeinhin bekannt ist der Funkschein unter der internationalen Bezeichnung "Short Range Certificate" (SRC). Er ist international gültig und berechtigt den Inhaber zur Teilnahme am weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem (GMDSS) und am UKW-Sprechfunk auf See.

Für die Kommunikation zwischen Schiffen auf See und mit Stellen an Land ist er somit unerlässlich. Anders als früher genügt es nicht mehr, dass lediglich ein Crewmitglied an Bord im Besitz des Scheins ist.

Rund 5300 Bewerber und Bewerberinnen legen daher jährlich die Prüfung zum Short Range Certificate vor einem Prüfungsausschuss ab. Dass die Krux dabei vor allem im Praxisteil der Prüfung liegt, zeigt die Durchfallquote:

Im theoretischen Teil beträgt sie durchschnittlich 3,5 Prozent, im praktischen neun Prozent.

Dabei ist der Erwerb des Scheins sicherlich kein Hexenwerk, nur eben mit etwas investierter Zeit zum Lernen von Theorie und Praxis verbunden. Das Winterhalbjahr, wenn die Schiffe an Land stehen, ist insofern der ideale Zeitraum dafür. Optimalerweise beginnt man mit der Paukerei sogar schon im Herbst, sodass die Prüfung spätestens im Frühjahr absolviert und das theoretische Wissen im Anschluss auf dem Wasser gefestigt werden kann.

Ausreichend Zeit sollte für die Vorbe­reitung allein schon aus dem Grund ein­geplant werden, da es in der Prüfung vor allem auf eines ankommt: Routine, Sicherheit im Umgang mit dem Funkgerät und bei der Abgabe von Meldungen. Der ­Fokus sollte in der Vorbereitung daher insbesondere auf dem Training am Gerät – beziehungsweise dem Simulator – und dem Üben der gesprochenen Funkmeldungen liegen.

All das lässt sich in den meisten Sportbootschulen lernen, die Wochenend- oder Abendkurse für die SRC-
Aus­bildung anbieten.

Um wirklich Rou­tine zu erlangen, ist das aber in den meisten Fällen nicht ausreichend. Hilfe versprechen an dieser Stelle diverse Lernsoftwares, mit denen der Umgang an einem simulierten Funkgerät geübt werden kann. Auto­didakten sollen sich damit sogar komplett selbst auf die SRC-Prüfung vorbereiten können.

Schließlich kann sich jeder Aspirant selbst bei einem der zahlreichen Prüfungsausschüsse des DSV (www.sportboot-fuehrerscheine.org) und des Deutschen Motor­yachtverbandes (DMYV, www.dmyv.de) im ganzen Bundesgebiet für die Prüfung anmelden. Der Weg über eine Schule ist nicht zwingend vorgeschrieben.
Um herauszufinden, was die einzelnen Lernprogramme bieten, wie gut sie sich für die Prüfungsvorbereitung eignen und welche Lern-Apps eine sinnvolle Ergänzung für die Vorbereitung auf die Theorieprüfung sind, haben wir die derzeit verfügbaren Programme am Markt ausprobiert.

Was muss ich können?
Die Prüfung zum SRC besteht aus meh­reren Einheiten. Im Theorieteil stehen 30 Minuten zur Verfügung, um einen Fragebogen mit 24 Multiple-Choice-Fragen zu beantworten. Insgesamt sind 180 Fragen rund um das Thema Seefunk zu lernen.

Ferner wird einer aus 27 Seefunktexten vom Prüfer diktiert. Er muss aufgeschrieben und ins Deutsche übersetzt werden. Dazu und auch für die folgenden Praxisübungen muss das internationale Buch­stabieralphabet beherrscht werden. Dann kommt die eigentliche Arbeit am Funkgerät, sie dauert etwa 15 bis 20 Minuten.

Die Prüfer erteilen Aufgaben zum Absetzen oder Empfangen verschiedener Arten von Alarmen und Anrufen, etwa eine Not­meldung (Mayday), eine Dringlichkeits­meldung (Pan Pan) oder eine Sicherheitsmeldung (Securité). Der sichere Umgang mit digitalen Einzel- oder Gruppenanrufen (Digital Selective Calling/DSC) soll gezeigt werden, aber auch die Abwicklung von normalem Routineverkehr, etwa der Anruf bei einer Schleuse.

An welchem Gerät üben?
Wir haben fünf Lernsoftwares ausprobiert, die durchweg auf die SRC-Prüfung hierzulande ausgerichtet sind (siehe oben). Allen gemein ist, dass sie Simulationen verschiedener Funkgeräte zum Üben enthalten. Der Hintergrund: Lange war das Icom M503 mit dem externen DSC-Controller DS100 Standard in der Ausbildung.

Da es jedoch seit geraumer Zeit nicht mehr als echtes Gerät zu kaufen ist, haben Sportbootschulen und Prüfungsausschüsse neuere Pro­dukte in ihr Repertoire aufgenommen, bei denen der DSC-Controller in das Funkteil integriert ist. Dennoch wird oft noch auf dem IC-M503 mit separatem DSC-Controller ausgebildet und geprüft. Denn das habe auch Vorteile, sagt Klaus Schlösser, Inhaber der Segelschule Bootsausbildung.com in Bremen:

"Von der pädagogischen Seite aus ist das Modell nach wie vor sehr wertvoll, da der DSC-Controller und das Funkgerät physisch voneinander getrennt sind. In der Praxis sucht man sich am Ende ohnehin ein Produkt aus, das einem zusagt, und muss sich dann damit auseinandersetzen und es kennenlernen."

Bereitet man sich autodidaktisch auf die Prüfung vor, ist es in jedem Fall ratsam, sich selbst vorab beim Prüfungsausschuss seiner Wahl zu informieren, welche Geräte dieser bei der Prüfung zur Verfügung stellt. Aktuell sind dies meist – neben dem schon angesprochenen Icom M503 samt Controller – das Icom M505, M323 oder M423.

Die beiden Letztgenannten sind nahezu identisch. Diese Geräte stehen als Simulation in fast jeder Software zur Verfügung. Mit welchem man übt, ist letztlich Geschmacksfrage. Auf Antrag können Prüflinge übrigens auch eigene Funkgeräte zur Prüfung mitbringen, müssen das aber vorher mit dem Prüfungsausschuss klären und anmelden.

Große Unterschiede
Alle der ausprobierten Lernprogramme sollen die Vorbereitung auf die SRC-Prüfung ermöglichen. Dennoch gibt es große Unterschiede speziell in der Benutzerfreundlichkeit und dem Grad der Intui­tion, mit der das Programm genutzt werden kann. Der "SRC Tutor III" enthält alle der genannten Funkgeräte zum Üben.

Zu jedem gibt es eine ausführliche Anleitung. Hat man zuvor noch nie damit gearbeitet, ist es sinnvoll, sich diesen Hilfeteil auf einem separaten Bildschirm neben den Monitor mit dem Funkgerät zu platzieren oder ausgedruckt da­nebenzulegen, da hier der Ablauf der verschiedenen Anrufe (Not-/Dringlichkeits-/Sicherheitsanruf) erklärt ist.

Andernfalls – bei nur einem Bildschirm – muss stets umständlich hin und her geklickt werden. Es gibt zwar einen Menüpunkt, mit dessen Hil­fe das Gerät erschlossen werden kann, allerdings braucht es einige Zeit, bis der Blick ins Handbuch entfällt. Hilfreich ist, dass die Software Informationen enthält, wie die Prüfung abläuft – was für das Selbst­­­stu­dium unerlässlich ist.

Außerdem gibt es Funktionen, mit denen das Diktat der Seefunktexte, die englischen Vokabeln, das Buchstabieralphabet und dessen Aussprache sowie die Theoriefragen geübt werden können. Als Clou haben die Entwickler ein handelsübliches Handmikrofon für den Einsatz mit der Software programmieren lassen, mit dem die Funkgeräte auf dem Bildschirm bedient werden können, um eine möglichst echte Simulation des Funkens zu ermöglichen.

Das Mikro war bei Redaktionsschluss allerdings nur mit dem "LRC Tutor IV" des Herstellers kompatibel. Doch mit der nächsten Version des SRC-Trainers soll das Mikrofon ebenfalls einsetzbar sein.

Auch der "VHF-Trainer" des Herstellers Soller enthält die drei üblichen Icom-Geräte M423, M505 sowie das M503 mit Controller. Zusätzlich gibt es noch ein älteres Gerät, das Debeg 6322. Die Struktur der Software ist bei der Erstanwendung, verglichen mit anderen Programmen, weniger intuitiv. So gibt es keinen Menüpunkt, der den Nutzer durch das Funkgerät führt oder den Ablauf der Meldungen lehrt.

Wer die Funkgeräte und Abläufe des Funkverkehrs jedoch schon kennt – etwa aus dem Funkkurs – und überwiegend eine Gerätesimulation sucht, mit der vorhandenes Wissen gefestigt und reaktiviert werden kann, braucht das auch nicht. Auch mit­hilfe dieser Software kann für den theoretischen Teil der Prüfung gelernt werden; es gibt Fragebögen, Diktattexte sowie einen Vokabeltrainer.

Auch der "DSC-Trainer" von Schmidt Software Solingen setzt bereits Vorkenntnisse voraus, damit effektiv geübt werden kann. Eine Bedienungsanleitung für die zur Verfügung stehenden Geräte gibt es zwar, doch enthält das Programm keine Funktionen, um sich auf die Theorieprüfung vor­zubereiten.

Es eignet sich daher allein zum fortgeschrittenen, eigenständigen Üben am simulierten Funkgerät.

Volles Programm
Ansprechend gestaltet, liebevoll animiert und mit zahlreichen Anleitungen und Erklärungen versehen sind die Programme "SRC & UBI" aus dem Dreipunkt Verlag und "Seefunk SRC" der Firma Boatdriver. Beide scheinen für Einsteiger, die sich dem Thema Funkschein über eine Lernsoftware erstmals nähern, und für ein komplettes Selbststudium am ehesten geeignet zu sein.

In beiden Programmen kann man sich das theoretische Hintergrundwissen, das im Theorieteil abgefragt wird, anhand von Lehrkapiteln aneignen. Animierte Grafiken erleichtern das Verständnis. Im Programm "Seefunk SRC" werden die Kapitel zusätzlich vorgelesen.

Auch bei den Simulationsübungen am Funkgerät können die beiden Programme besonders bei Einsteigern punkten: Schritt für Schritt werden die Knöpfe, Tasten und Funktionen erklärt. Bei "SRC & UBI" stehen das Icom M505 sowie das M503 mit zugehörigem Controller zur Verfügung. Als nicht prüfungsrelevantes Zusatz-
Feature kann der Umgang mit einer Seenotfunkbake geübt werden. Wie der Programmname schon sagt, ist zudem das Ausbildungspaket für den Binnenfunkschein UBI enthalten.

"Seefunk SRC" bietet neben dem IC-M505 und IC-M503 samt DS 100 noch das Gerät Simrad RD68 als Simulation an. Spielerisch und intuitiv können mit dieser Software Vokabeln, Seefunktexte und das Buchstabieralphabet gelernt werden.

Lern-Apps: gute Ergänzung
Nicht mit allen der vorgestellten Programme können die Fragebögen für die Prüfung komfortabel gelernt werden. Diesen Mehrwert bringen Lern-Apps mit. Einfach zu Hau­­se auf dem Sofa oder in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit durch den Fragenkatalog klicken, bis es sitzt – das geht mit dem Smartphone oder Tablet einfach, schnell und macht Spaß.

Mit einer umfangreichen, nutzerfreund­lichen Gerätesimulation kann dagegen noch keine App für den deutschsprachigen Markt aufwarten. Wie bei den Softwares gibt es auch bei den angebotenen Apps große Unterschiede.

In der Übersicht auf Seite 71 stellen wir vier weitverbreitete Apps vor. Sie alle kosten zumindest in der Vollversion ein paar Euro. Wer in den App-Stores von Google oder Apple nach dem Stichwort SRC- oder VHF-Trainer sucht, wird zwar noch diverse und auch kostenlose An­gebote finden. Einige werden allerdings nicht mehr aktualisiert oder weiterent­wickelt.

Dabei sollte man beispielsweise darauf achten, dass der Fragenkatalog auf dem Stand vom 1. Oktober 2018 ist, als es die letzten Änderungen an den Prüfungs­fragen gab. Zusätzlich enthalten viele Apps Sprechfunktexte und die Theorie­kapitel, anhand derer Hintergrundwissen gelernt werden soll. Ein gutes Lehrbuch, das beim Selbststudium ungemein hilft, da hier etwa Beispielaufgaben mit Lösungswegen skizziert werden, kann das aber nicht ersetzen.

Fazit
Die Vorteile einer Vorbereitung auf die Funkprüfung im Selbststudium liegen auf der Hand: Das Lerntempo lässt sich selbst bestimmen, ebenso der Ort und die Zeit. Man ist flexibel und nicht an feste Unterrichts­termine gebunden, braucht jedoch jede Menge Disziplin. Zudem eignen sich die Programme und Apps gut zur Auffrischung, wenn zwischen dem Besuch eines Funk­kurses und dem Prüfungstermin mehr Zeit vergangen ist als geplant.

Den Mehrwert eines Kurses in einer Schule kann aber bisher keine Software bieten: Niemand beantwortet unmittelbar Fragen, die zweifelsohne aufkommen werden, und niemand berichtet aus langjähriger Erfahrung.

Außerdem macht Lernen in Gesellschaft meist viel mehr Spaß als allein. Viele Schulen bieten gerade beim Funken auch individuelle Betreuung oder Auffrischung an, nachfragen lohnt sich also in jedem Fall.

Am sinnvollsten ist daher die Kombination: schon vorbereitet durchs Selbststudium, den Kurs einer guten Schule besuchen. Und dann möglichst zeitnah im Anschluss die Prüfung absolvieren – und bestehen!

Den vollständigen Artikel finden Sie in der Februar-Ausgabe 2020 von BOOTE!

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