Kristina Müller
· 18.07.2024
Klaus Schlösser: Ich bin mir sicher, dass wir diesen Trend nicht aufhalten können. Persönlich möchte ich aber immer auch Papierseekarten mit an Bord haben. Als Ausbilder würde ich es immer empfehlen.
Wir laufen durch die digitalen Seekarten Gefahr, dass wir das große Ganze, aber auch wichtige Details nicht erfassen. Ich streite die Digitalisierung nicht ab, im Gegenteil, ich bin ja auch in der App-Entwicklung tätig. Aber in puncto Übersichtlichkeit und Handling finde ich es sehr wichtig, eine Papierseekarte zu haben. Oder ein entsprechend großes Tablet. Aber die gibt es auf dem Markt derzeit nicht.
Die Hersteller der Kartenplotter versuchen im Wettbewerb immer mehr Features in ihren Produkten unterzubringen, um marktfähig zu sein. Die Seekarte, also das, was ich wirklich brauche, ist nur ein kleiner Bestandteil dessen, was die Geräte können. Da verliert man leicht den Überblick über die wesentlichen Funktionen. Gerade wenn man chartert und von einem Hersteller zum nächsten wechselt. Vor allem dann ist auch wichtig zu erkennen, ob die Karte auf dem neuesten Stand ist oder wie ich beispielsweise schnell checken kann, ob sie auf WGS 84 eingestellt ist.
Wir laufen durch die digitalen Seekarten Gefahr, dass wir das große Ganze, aber auch wichtige Details nicht erfassen.”
Das ist durchaus eine gängige Variante. Was ich persönlich nicht mag, ist ein Medienbruch. Wenn ich also Papierseekarten von dem einen und elektronische Seekarten vom anderen Hersteller nutze und damit nicht das gleiche Kartenbild. Für die Planung verwende ich Papierkarten und lege mir für meine Etappe die entsprechenden zurecht. Ich mag es, damit schnell einen Überblick zu bekommen. Für das Abfahren der Route nehme ich den Kartenplotter dazu.
Wichtig wäre, dass unsere Ausbildung in Deutschland auch schult, mit den Tücken der digitalen Seekarte umzugehen. Stichwort falsche Zoomstufen oder nicht auf einen Blick sehen können, dass sich hinter einer Information noch weitere wichtige Daten verstecken. Ich finde es gefährlich zu sagen, das kann sich jeder über Learning by Doing aneignen. Es gibt genügend Situationen, in denen man bestimmte Sachen auf dem Plotter schnell übersehen kann. Und dann ist die Frage: Bin ich geschult genug, damit umzugehen? Das ist ähnlich beim Thema Radar. Es gibt viele tolle Geräte, auch für die Sportschifffahrt. Aber im Grunde genommen sind viele in der Anwendung nicht ausgebildet. Ist es dann überhaupt ein zuverlässiges Hilfsmittel, auf das ich mich verlassen kann?
Aus Herstellersicht wäre es wünschenswert, dass es einen begleitenden Prozess gibt, bei dem sich alle an einen Tisch setzen und gemeinsame Standards für die digitalen Sportbootkarten und Geräte erarbeiten.