Peilkompasse dienen auf seegehenden Schiffen seit Jahrhunderten als Navigationsinstrument. In der Küstennavigation ermöglichen sie eine verlässliche Standortbestimmung durch die Peilung von Landmarken und Seezeichen mit gesicherter Position. Auch im Zeitalter der Satellitennavigation mittels GPS & Co. kann sich ein Peilkompass an Bord weiterhin auszahlen – zum Beispiel für eine Überprüfung der Technik, bei deren Ausfall oder bei einer Störung der Satellitensignale.
Als nützlich erweisen sich Peilkompasse ebenso beim Steuern nach Sicht, wenn es darum geht, die angepeilte Steuermarke eindeutig zu identifizieren. Ein Abgleich der Peilung des Objekts mit seiner Lage auf der Seekarte zum aktuellen Schiffsort liefert Gewissheit.
Einen weiteren Einsatzbereich bildet die Kollisionsverhütung. Schließlich gilt es nach Regel 7 der internationalen Kollisionsverhütungsregeln (KVR), beständig zu überprüfen, ob die Möglichkeit der Gefahr eines Zusammenstoßes besteht. In Regel 7 d) heißt es dazu: „Eine solche Möglichkeit ist anzunehmen, wenn sich die Kompasspeilung eines sich nähernden Fahrzeugs nicht merklich ändert.“ Die regelmäßige Überprüfung der Kompasspeilung anderer Schiffe bildet somit eine wichtige Grundlage für die Verkehrseinschätzung.
Das ergibt sich schon aus der Montagesituation. Während ein Handpeilkompass problemlos auf jedes Objekt in Sicht ausgerichtet werden kann, ist man beim Steuerkompass darauf angewiesen, dass das Peilobjekt in der Sichtachse der Kompassrose liegt. Oft versperren jedoch Aufbauten und Kompassgehäuse die Sicht. Noch schwieriger gestaltet sich das Ganze bei Schottkompassen.
Eine exakte Peilung setzt zudem eine hinreichend feine Gradeinteilung und eine brauchbare Peilbeziehungsweise Visiereinrichtung voraus. Solche sind an üblichen Steuerkompassen häufig Mangelware. Umgekehrt eignet sich auch nicht jeder Peilkompass ebenso als Steuerkompass. Bei Peilkompassen ist grundlegend zwischen Kugel- und Flachkompassen zu unterscheiden. Bei Kugelkompassen pendelt die vollkardanisch gelagerte Kompassrose frei in einer mit Dämpfungsflüssigkeit gefüllten Acrylglaskugel. Die getesteten Kompasse Plastimo Iris 100 und Silva 70 UNE fallen in diese Kategorie.
Sie lassen sich in unterschiedlichen Stellungen ablesen – ob senkrecht am Griff gehalten oder liegend in waagerechter Position. Beiden Produkten liegt eine Halterung bei, mit der sie auch fest an Bord montiert werden können. Dann lassen sie sich ebenso als Steuerkompass nutzen.
Bei den übrigen getesteten Peilkompassen ist die Kompassrose in einem flachen Acrylglasgehäuse untergebracht. Sie schwimmt zwar ebenfalls in einer Dämpfungsflüssigkeit, die Konstruktion erlaubt aber nur einen sehr eingeschränkten Neigungsausgleich. Entsprechend ist der Kompass möglichst waagerecht zu halten.
Während die Skalen der getesteten Kugelkompasse lediglich Markierungen in 5-Grad-Schritten aufweisen, erlauben einige ihrer flachen Verwandten wie der Plastimo Iris 50 und die beiden Modelle von Vion eine gradgenaue Ablesung. Der kleine Ritchie X-11Y ist wiederum mit 5-Grad-Markierungen versehen, während die Skala des Riviera Mizar BM mit 10-Grad-Schritten am gröbsten ausfällt. Sehr hilfreich sind deutlich voneinander abgesetzte 5- und 10-Grad-Markierungen.
In der Praxis spielt außerdem die Qualität der Dämpfung eine wichtige Rolle. Sie trägt dazu dabei, dass die Kompassrose bei Bewegungen nicht hektisch hin und her schwingt. Praxisgerecht gedämpfte Kompasse pendeln sich rasch auf ein eindeutiges Ergebnis ein. Dies funktioniert bei den hochwertigen Testkandidaten gut, bei den günstigeren Produkten lediglich mäßig.
Unsere Testmessungen erfolgten derweil mit festem Boden unter den Füßen. Dennoch ergab sich auch hier ein ähnliches Bild: Die Produkte von Silva und Vion zeigten als Vertreter der oberen Preisklasse die geringste Streuung bei den Messwerten. Ebenfalls gute Ergebnisse lieferte der preislich im Mittelfeld angesiedelte Plastimo Iris 50.
Die feinste Skala und beste Dämpfung nützen jedoch wenig, wenn sich das Peilobjekt nicht exakt anvisieren lässt. Die Kugelkompasse im Test setzen auf eine an der Kompassaufhängung befestigte, mitschwingende Peilmarke. Mit diesem Peilstrich lässt sich das Peilobjekt zwar gut anvisieren, allerdings muss zum Ablesen des Kompasses der Arm ausgestreckt werden. Dies birgt die Gefahr von Paralaxenfehlern und sorgt für eine instabile Haltung.
Die Kompasse im Hosentaschenformat beschreiten bei der Peileinrichtung unterschiedliche Wege. Am einfachsten ist das Ganze beim Richie X-11Y gelöst, der auf der Oberseite der Kompasskuppel eine simple Kerbe zum Anvisieren aufweist. Hinzu kommt eine kleine Ablesemarke am Schutzgehäuse. Leider liegen beide nicht in Deckung, sondern übereinander, was das Ablesen erschwert. Außerdem steckt der Kompass nur lose in seiner Gummihülle, sodass die Kerbe an der Oberseite gegenüber der Ablesemarke verrutschen kann. Da man diesen Kompass zum Ablesen ferner frei in der Hand halten muss, geraten Peilungen zur Wackelpartie. Zumal er auch recht lange braucht, bis er sich eingependelt hat.
Ähnlich sieht es beim günstigsten Kompass im Test, dem Riviera Mizar, aus. Auch er wurde mit einer Kerbe am Schutzgehäuse sowie mit einer Ablesemarke vor der Gradskala versehen, die allerdings näher beieinanderliegen. Zudem sitzt dieser Kompass etwas fester in seinem Schutzgehäuse. Wie das Produkt von Ritchie muss man ihn zum Ablesen jedoch frei in der Hand halten. Zugleich gilt es, den Kompass absolut waagerecht zu halten, da ansonsten die Gradskala vom Gehäuserand verdeckt wird. Diese Übung gleicht einem Geduldspiel.
In puncto Ablesbarkeit und Genauigkeit bilden beide Produkte daher die Schlusslichter im Testfeld.
Die Kompasse Plastimo Iris 50 sowie Vion AX 2000 (auch als Vion Paris Mini 2000 angeboten) und Vion Axium 3 können direkt vor das Auge gehalten werden, was eine deutlich stabilere Arbeitsposition erschließt. Zumal man dazu beide Hände verwenden und den Kompass an der Nasenwurzel abstützen kann. Diese Form der Peileinrichtung ermöglicht sehr exakte und zugleich schnelle Messungen, zumal hier keine Peilmarken auszurichten sind.
Der Iris 50 bringt zusätzlich noch einen Peilstrich mit, der genau über der Gradskala liegt. Dieser liefert auch unter schwierigen Bedingungen ein eindeutiges Messergebnis. Mit seiner zudem sehr guten Ablesbarkeit konnte dieser Kompass insgesamt überzeugen.
Die beiden Vion-Modelle bieten ebenfalls eine hervorragende Ablesbarkeit, wozu auch die durchdacht gestaltete Gradskala beiträgt, die schon auf den ersten Blick eine annähernde Orientierung ermöglicht. Im direkten Vergleich liegt der AX 2000 mit seiner besonders klaren Darstellung sowie der besten Dämpfung im Testfeld leicht vorn.
Alle getesteten Flachkompasse lassen sich prinzipiell auch von oben ablesen, um sie zur Not ebenso als Steuerreferenz verwenden zu können. Beim Plastimo Iris 50 und den Vion-Modellen wurde dafür die Kompassrose mit einer zweiten, größeren Gradskala versehen, die im Prisma unsichtbar bleibt. Auf dem Plastimo-Kompass gibt es zudem einen Richtungspfeil auf dem Kompassglas. Bei den Vion-Produkten ist das Kompassglas über dem zutreffenden Gradwert als Lupe ausgeführt, um die Ablesung von oben zu erleichtern.
Für eine reguläre Verwendung als Steuerkompass fallen die Hosentaschenkompasse jedoch zu klein aus. Hinzu kommt der viel zu eng begrenzte Neigungsausgleich. Dafür kann man sie sich direkt vor die Brust hängen.
Ein weiterer Aspekt ist die Nachteignung der Peilkompasse. Die Hersteller wählen unterschiedliche Lösungen von nachtleuchtenden Rosen bis zu elektrischen Beleuchtungen oder einzuschiebenden Knicklichtern.
Es gibt noch weitere Kriterien: Wir haben alle Testkandidaten ins Wasser geworfen, um die Dichtigkeit und Schwimmfähigkeit der Gehäuse zu überprüfen. Bis auf die Kugelkompasse gingen alle Modelle mehr oder weniger schnell unter – spätestens, wenn das Wasser ins Schutzgehäuse eindrang. Die Vion-Modelle verfügen mit ihrem Nackenpolster aus Neopren immerhin über eine zusätzliche Auftriebshilfe. Die Kompassgehäuse selbst erwiesen sich in unserem Test als dicht.
Kugelkompasse werden am mehr oder weniger ausgestreckten Arm gehalten. Das führt zu einer relativ instabilen Haltung und birgt die Gefahr von Paralaxenfehlern. Aber auch Flachkompasse können tückisch im Detail sein: Beim Ritchie X-11Y sitzt der Kompass nur lose in seinem Schutzgehäuse, sodass Peil- und Ablesemarke gegeneinander verrutschen können. Die Marken liegen ziemlich weit auseinander, was die Ablesung erschwert. Zwischenwerte lassen sich so lediglich grob abschätzen.
Kompakte Abmessungen
Ergonomisches Gehäuse, auch bei Nässe
Sehr genaue Ausrichtung möglich
Sehr gut ablesbar
Gute Dämpfung
Brauchbare Beleuchtung
Prisma nicht vollständig geschützt
Auch als Steuerkompass nutzbar
Beleuchtung mit handelsüblicher Batterie
Hinreichende Dämpfung
Ergonomischer Griff
Braucht recht lange zum Einpendeln
Unzureichend abgesetzte Gradschritte
Mäßige Peilgenauigkeit
Sehr kompakt
Preisgünstig
Peil- und Ablesemarke nicht in Flucht
Peilmarke kann verrutschen
Lange Einpendelzeit
Billig anmutende Ausgestaltung
Keine integrierte Beleuchtung
Sehr leicht und klein
Preisgünstigstes Produkt im Test
Nur in bestimmter Haltung ablesbar
Lange Einpendelzeit
Ungenaue Gradskala
Schlechte Peilgenauigkeit
Fehlende Beleuchtung
Auch als Steuerkompass nutzbar
Solide Ausführung
Helles Rotlicht
Gute Dämpfung
Klar abgesetzte Gradschritte
Eingeschränkte Peilgenauigkeit
Peilstrich bei Beleuchtung schlecht zu erkennen
Wechselweise eingefärbte Gradwerte
Gut ablesbar
Gute Dämpfung
Hochwertige Ausführung
Brauchbare Beleuchtung
Fehlender Peilstrich
Für Leistung recht hoher Preis
Wechselweise eingefärbte Gradwerte
Gut ablesbar mit sehr klarer Darstellung
Sehr gute Dämpfung
Sehr gut geschützt
Hochwertige Ausführung
Brauchbare Beleuchtung
Fehlender Peilstrich
Die getesteten Handpeilkompasse müssen nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Es gibt durchaus auch Steuerkompasse auf dem Markt, die sich gleichsam gut für Peilungen eignen. Ein Paradebeispiel bildet der vollkardanisch aufgehängte Flachkompass Sigma von Cassens & Plath, für den es als Zubehör sogar einen passenden Peilaufsatz mit Visiereinrichtung gibt. Doch solche Ausführungen eignen sich eben nicht für jede Einbausituation auf jeder Yacht.
Hier gelten mit Blick auf den Kompass letztlich dieselben Qualitätskriterien wie für eigenständige Handpeilkompasse. Wir haben in unserem Test zum Vergleich ein Steiner Commander V herangezogen, dessen Kompass aber keine besseren Ergebnisse lieferte als die Top-Produkte unter den Testkandidaten.
Die tragbaren Kugelkompasse sind insbesondere für kleine Boote interessant, wo sie mit einer üblicherweise mitgelieferten Halterung, beispielsweise am Schott montiert, gleichsam als Steuerkompass verwendet werden können. Hier gibt es unter den Testkandidaten keinen klaren Sieger, obgleich das Produkt von Silva noch etwas besser gedämpft und ablesbar erscheint.
Genauere Ergebnisse lassen sich mit hochwertigen Peilkompassen in flacher Ausführung erzielen. Hier haben unter den Testkandidaten eindeutig der Iris 50 von Plastimo und die Vion-Produkte die Nase vorn. Sie verbinden eine vortreffliche Ablesbarkeit mit einer guten Dämpfung, hoher Genauigkeit und äußerst robuster Ausgestaltung.
Qualitativ erringt der Vion AX 2000 den Spitzenplatz, während der Plastimo Iris 50 bei der Praxistauglichkeit punkten kann und besonders handlich ausfällt. Hinzu kommt sein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Somit erzielen am Ende beide die Höchstwertung und gehen als Sieger aus dem Vergleich hervor.