Olaf Schmidt
· 27.09.2019
Dass die Beleuchtung den Radioempfang stört, ist bisher höchstens von Energiesparlampen zu Hause bekannt. Schlecht konstruierte LED-Leuchten machen jetzt aber auch dem UKW-Funk zu schaffen
Eine Meldung der US Coast Guard sorgte kürzlich für Unruhe: Die Behörde hatte festgestellt, dass der Empfang im UKW-Seefunk sehr schlecht oder sogar unmöglich wird, wenn bestimmte Leuchten mit LED-Technik in der Nähe betrieben werden. Eine Liste betroffener Fabrikate gibt es noch nicht. Vielmehr ruft die Coast Guard alle Wassersportler auf, entsprechende Vorfälle zu melden, um genauere Untersuchungen anstellen zu können.
Müssen wir jetzt tatsächlich auf Glühlampen zurückrüsten? Sicher nicht, denn wie so oft sind es wenige schwarze Schafe, die eine ganze Gerätekategorie in Misskredit zu ziehen drohen. Darüber hinaus können Sie mit Bordmitteln recht einfach prüfen, ob Ihr Schiff von dem Problem überhaupt betroffen ist, wir beschreiben das weiter unten.
Zum Hintergrund: Das eigentliche Bauteil LED (Leuchtdiode) verursacht keinerlei Störungen. Allerdings lässt sich die einzelne LED auch nicht direkt am 12-Volt-Bordnetz betreiben. Jede LED- Leuchte enthält darum eine Schaltung zur Anpassung. Die dafür benötigten elektronischen Bauteile sitzen mit den LEDs zusammen auf einer Leiterplatte. Das Ganze wird als Leuchtmittel bezeichnet.
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten für die Anpassung, linear oder mit Schaltregler. Die lineare Variante ist in Sachen Funk völlig problemlos, aber wenig effizient und nur für schwache Leuchten realisierbar. Schaltregler sind daher heute der Standard bei LED-Leuchtmitteln. Und genau diese können bei ungünstiger Konstruktion Ärger bereiten.
Für einen stabilen Betrieb wird dem Bauteil LED ein definierter Strom eingespeist. Bei weißen Leuchten stellt sich dann je nach Helligkeit und Temperatur eine Spannung um die 3 Volt ein. Die Spannung in einem Bordnetz mit Blei-
akkus liegt je nach Ladezustand zwischen 11 und 13 Volt, beim Laden sind bis zu 15 Volt möglich. Das passt also absolut nicht zusammen, den Unterschied muss die Elektronik ausgleichen.
Beim linearen Verfahren schaltet der Hersteller meist drei LEDs und einen Widerstand in Reihe. Letzterer verheizt im wahrsten Sinne des Wortes die Differenz zwischen LED und Bordspannung. Der Strom ist zwar von der Höhe der Bordspannung abhängig, fließt aber stets gleichmäßig. Störungen können so prinzipiell nicht entstehen.
Ganz anders die Funktionsweise eines Schaltreglers: Ein Transistor schaltet sehr schnell ein und aus, eine dahintergeschaltete Spule kann so praktisch die Spannung vom Bordnetz auf den an der LED benötigten Wert heruntertransformieren. Der Vorteil hierbei: Im Gegensatz zum Widerstand entstehen nur minimale Verluste, und außerdem ist die Leuchte über einen sehr großen Spannungsbereich (üblich sind 12 bis 24 Volt) einsetzbar.
Um Bauteile und somit das Leuchtmittel möglichst klein zu halten, muss der Transistor mit hoher Frequenz arbeiten. Für gute Effizienz wiederum ist schnelles Schalten notwendig, denn die meisten Verluste entstehen im Übergangsbereich zwischen "an" und "aus". Beides zusammen ergibt leider gleichzeitig auch das
Rezept für einen Störsender:
Die Elektronik erzeugt sogenannte Oberwellen, das sind Vielfache der ursprünglichen Arbeitsfrequenz. Die Anschlusskabel verbreiten dieses Signal dann im ganzen Schiff.
Mit wenigen, billigen, aber geschickt eingesetzten Bauteilen lässt sich das verhindern. Die Minimierung von Produktions- und Entwicklungskosten verleitet aber wohl einige Hersteller, auf diese Maßnahmen zu verzichten.
Auffällig werden solche Probleme meist zuerst im Sprechfunk oder Radio. Betroffen ist aber grundsätzlich alles, was mit Funk zu tun hat, also auch AIS, DSC, Navtex und Wetterempfänger.
Bei Leuchten, die mit dem bekannten CE-Zeichen ausgewiesen sind, bürgt der Hersteller dafür, dass diese die Normen einhalten. Sie dürften eigentlich keine wahrnehmbaren Störungen verursachen.
Um die Auswirkungen im Bordbetrieb darzustellen, haben wir auf zwei komplett mit LED-Technik ausgestatteten Booten und im Labor beispielhaft nach potenziellen Störaussendungen gesucht. Da Hochfrequenz-Messkammern, die ein ganzes Boot aufnehmen, rar sind, musste für den Nachweis eine einfachere Methode herhalten: Vergleich des interessierenden Funkspektrums einmal mit und einmal ohne dass das verdächtige Gerät eingeschaltet ist.
Wir verwenden dazu einen sogenannten Panorama-Empfänger. Das ist praktisch ein Radio, welches einen sehr großen Frequenzbereich erfasst und die Intensität der empfangenen Signale grafisch darstellt. Unser Augenmerk galt dabei den für den Schiffsbetrieb wichtigen Bereichen: Wetteraussendungen des DWD bei 147 Kilohertz, Navtex bei 500 Kilohertz, Rundfunk von 88 bis 108 Megahertz und UKW-Seefunk mit AIS und DSC von 156 bis 162 Megahertz.
Bei den Prüfungen an Bord konnten in allen genannten Frequenzbereichen zunächst überhaupt keine Störungen beobachtet werden, die mit LED-Leuchten zu tun haben. Auffälligkeiten gab es erst bei der anschließenden Untersuchung von 20 Leuchtmitteln aus dem Redaktionsfundus im Labor; eines davon erzeugte nachweisbare Signale im Lang- und Mittelwellenbereich. Allerdings wurden diese nicht in den Raum abgestrahlt, wir konnten sie lediglich auf den Anschlussleitungen feststellen.
Gut sichtbar ist in dem Diagramm, dass die Störungen durch die Leuchte bei niedrigen Frequenzen immer nur in kleinen Bereichen auftreten, dazwischen ist sozusagen Ruhe. Außerdem ändern sich die gestörten Frequenzen mit der Betriebsspannung. Es kann durchaus vorkommen, dass der Empfang eines bestimmten Senders nur gestört wird, wenn beispielsweise das Ladegerät in Betrieb ist.
Die Störquelle ist aber nicht das Ladegerät selbst: Die LED trifft eben nur bei dieser Spannung die Frequenz.
Je höher die Frequenz, desto breiter werden die gestörten Abschnitte. Im UKW-Bereich (Rundfunk und Seefunk) waren die einzelnen Spitzen zu einem gleichmäßigen Rauschen verschmolzen.
Diese Leuchte hätte tatsächlich Probleme verursachen können – wenn ihre Zuleitungen direkt neben der Empfangsantenne montiert wären. In einer Entfernung von nur einem Meter Abstand zur Messantenne war davon nichts mehr zu hören.
In fast allen bisher bekanntgewordenen Störfällen waren die Ursachen Nachrüst- LED-Einsätze im Topp- oder Dreifarbenlicht. Das passt zu unseren Erkenntnissen, denn nur diese Leuchte wäre dicht genug an der Antenne. Testweise überprüfte zugelassene LED-Positionslaternen hatten das Problem übrigens nicht.
Und so können Sie einen Test auf dem eigenen Boot machen: Schalten Sie zunächst alle Verdächtigen, in diesem Falle LED- oder Energiesparleuchten sowie eventuell vorhandene Wechselrichter aus, und trennen Sie Ihr Schiff vom Landnetz. Suchen Sie einen UKW-Kanal, auf dem wenig Betrieb herrscht. Drehen Sie dann die Rauschsperre (Squelch) ganz auf und stellen Sie die Lautstärke so ein, dass das Rauschen noch gut zu hören ist.
Nun schalten Sie nacheinander jede Leuchte ein und achten auf eine deutliche Klangveränderung des Rauschens. Ein Knacken im Augenblick des Schaltens ist unkritisch, es zählt nur, was über mehr als eine Sekunde anhält. Im Zweifelsfall die Leuchte nochmals schalten und den Versuch auf einem anderen UKW-Kanal wiederholen.
Für Navtex- und Wetterempfang ist der Versuch etwas aufwendiger. Zunächst rufen Sie am Empfänger die Anzeige des aktuell eingehenden Signals auf und warten auf eine gut lesbar ankommende Meldung. Nun achten Sie bei jeder eingeschalteten Leuchte darauf, ob sich im Text die Fehler häufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie hier fündig werden, ist besonders bei älteren 12-Volt-Leuchtstofflampen recht hoch.
Wenn Sie schon dabei sind: Weiten Sie Ihre Untersuchung auf Wechselrichter und die Ladegeräte von Notebook und Handy aus – schwarze Schafe gibt es überall. Gefundene Störquellen mit Bordmitteln zu beruhigen, ist kaum möglich. Tauschen Sie die Leuchtmittel gegen ein anderes Fabrikat und prüfen Sie deren Verhalten innerhalb der Rückgabefrist.