Dieter Wanke
· 01.05.2024
Yamaha hat 2022 mit einer Joystick-Steuerung für Single-Außenborder vorgelegt und Mercury zog nun zum Saisonbeginn 2024 nach. Bei Yamaha eignen sich dazu bestimmte Modelle ab dem F150, bei Mercury sind grundsätzlich erst Motoren ab dem 250er V8 geeignet. Wir hatten Gelegenheit, das System von Yamaha in einer Jeanneau Cap Camarat 7.5 WA mit einem Yamaha F250 zu testen. Genaues Manövrieren mit dem Boot kann nicht nur für Skipper mit wenig Erfahrung unter bestimmten Bedingungen in Stress ausarten. Anlegen unter beengten Verhältnissen wird schnell zur Herausforderung, wenn Strömungen und Wind als weitere Faktoren dazukommen. Hier erleichtert eine Joystick-Steuerung die Arbeit des Steuermanns erheblich und auch Schäden können so vermieden werden, was die zusätzlichen Kosten relativiert. Bewegungen am Joystick werden direkt in Bewegungen des Bootes umgesetzt und der Skipper muss nicht erst über Drehrichtungen von Propellern, Radeffekte, Ruderlage und andere Faktoren nachdenken. Doch solche Systeme funktionierten bisher nur, wenn für die elektronische Steuerung mindestens zwei Vektoren, also Impulse aus zwei verschiedenen Positionen zur Verfügung stehen, deshalb sind zwei Antriebe Voraussetzung. Nun soll das auch mit einem Motor klappen? Im Prinzip schon, aber mit Einschränkungen.
Im Testboot ist das Basissystem mit der Bezeichnung Yamaha Helm Master EX verbaut, was eine elektronische Lenkung (DES) und elektronisch geschaltete Außenborder (DBW-Modelle) mit Drive-by-Wire-Technologie voraussetzt, damit sowohl der Motor als auch die Lenkung von der Elektronik angesteuert werden können.
Das Spiel beginnt beim F150LCA. Wer über diese Ausstattung bereits verfügt, kann nachrüsten. Dazu ist bei Yamaha das Rigging Kit P vorgesehen, was für 14.761 Euro angeboten wird. Zum System gehören eine elektronische Lenkung, das Touchscreen-Display Yamaha CL 5 und der Autopilot. Wer bereits über ein SBW-Modell mit eingebauter Lenkung verfügt, also Motoren vom F250XSB bis zum XF425XSA, kommt beispielsweise mit dem Rigging Kit P1, was ohne Lenkung angeboten wird, mit 10.427 Euro günstiger in den Joystick-Genuss. Damit ist das System dann grundsätzlich funktionsfähig. Allerdings mit Einschränkungen, da ja der zweite Vektor fehlt. Der kommt dann wahlweise noch in Form eines Bugstrahlruders ins Spiel. Aber auch hier gibt es Hürden, denn in das System integrierbar sind nur Bugstrahlruder mit regelbarer Drehzahl.
Da Jeanneau nur Bugstrahlruder von Vetus ohne diese Steuerung anbietet, war im Testboot eine Integration in das Yamaha-Joysticksystem nicht möglich. Deshalb muss der zweite Vektor manuell über den Bedienhebel des Bugstrahlruders zugesteuert werden. Es ist also eher ein Joystick-Light, der hier nur durch eine Kombination des elektronischen Lenksystems mit dem Vor- und Rücklauf der elektronischen Motorsteuerung funktioniert. Aber auch das klappt gut und ist allemal besser, als komplett manuell zu steuern. Bestandteil des Yamaha-Systems ist auch der Autopilot, der aus einem Panel auf der Konsole, einem Kurssensor, dem GPS und einer Steuereinheit besteht, was die elektronische Ankerfunktion und das automatische Steuern von Kursen ermöglicht.
Wir beginnen mit einem Versuch, das Boot mit der elektronischen Ankerfunktion auf der Stelle zu halten. Dabei ergeben sich Abweichungen von einem bis zwei Meter. Zum Warten vor Schleusen reicht das völlig aus. Reine Seitwärtsbewegungen sind natürlich nicht möglich. Wäre ein entsprechendes Bugstrahlruder verbaut, wäre auch das machbar. Für ein Anlegemanöver steuern wir zusätzlich manuell mit dem Bugstrahlruder, was auf Anhieb gut klappt. Bei der Bedienung muss der Joystick ohne integriertes Bugstrahlruder immer leicht nach vorne oder hinten bewegt werden, um den Motor im eingekuppelten Zustand zu halten. Bei reiner Seitwärtsbewegung passiert nichts.
Als Nächstes steht das Halten eines Kurses in Verbindung mit dem Autopiloten auf der Liste. Auch das klappt problemlos. Trotz Wind und leichtem Strom bleibt das Boot in der Spur. Das Drehen auf der Stelle klappt mit dem Testboot auch wieder nur unter manueller Zuhilfenahme des Bugstrahlruders. Dennoch bietet das System den Vorteil, dass vieles über den Joystick läuft und der Gashebel sowie die Lenkung nicht getrennt bedient werden müssen. Vorwärts gelingt uns ein Vollkreis mit 1,5 Bootslängen Durchmesser in beide Richtungen ohne Zuhilfenahme des Bugstrahlruders. Rückwärts ist es nur eine Bootslänge. Auch die verfügbare Schubkraft ist regulierbar, dazu sind fünf verschiedene Thrust-Level einstellbar.
Im Thrust-Level 1 steht ein Drehzahlbereich zwischen 600 und 900 Umdrehungen zur Verfügung. Das erhöht sich dann bei jedem Level um 100 Umdrehungen, sodass in der höchsten Einstellung bis zu 1400 Touren möglich sind. So kann die verfügbare Leistung den Wind- und Strömungsverhältnissen angepasst werden. Insgesamt sind wir mit den Ergebnissen zufrieden. Aufgrund des fehlenden zweiten Vektors ist die Funktion in der Grundversion zwar etwas eingeschränkt, dennoch erleichtert es die Manöver. Wer mit dem Bugstrahlruder kombinieren kann, dürfte hier trotz einer Single-Motorisierung zu erheblich besseren Ergebnissen kommen, die nah an einer Doppelmotorisierung liegen. Das System ist nicht nur durch die reinen Joystick-Funktionen, sondern auch durch die praktische Ankerfunktion und die Möglichkeit Kurse automatisch zu halten durchaus eine Verbesserung für Skipper.