TestScheibenwischer - Nur einer fiel aus

Dieter Wanke

 · 01.07.2017

Test: Scheibenwischer - Nur einer fiel ausFoto: Dieter Wanke

Die Scheibenwischermotoren für mittlere und größere Boote konnten im Test fast alle überzeugen. Unter den elf Kandidaten gab es nur einen Totalausfall

Ein erschreckendes Ergebnis gab es im ersten Teil unseres Scheibenwischermotoren-Tests in BOOTE 02/205. Damals nahmen wir sechs Modelle unter die Lupe, die ind er Regel auf kleineren Sportbooten ihre Arbeit verrichten sollen;

Die Mehrheit der Testexemplare versagte bereits nach kurzer Laufzeit den Dienst.

In der Praxis kann das zu erhöhtem Unfallrisiko führen. Fällt bei Regen ein Scheibenwischer aus, kann etwa der Rudergänger eine Tonne oder ein querendes Boot übersehen. Wir dürfen also gespannt sein, ob sich bei den Motoren für mittlere und größere Boote ein ähnlich schlechtes Bild ergeben würde.

Auch diesmal unterstützte uns der Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Hochschule Darmstadt unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Betz. Messungen und Auswertungen lagen in der Hand von Marcel Lutz, der ebenfalls beretis 2015 mitwirkte.

Die Kandidaten

Schon beim Auspacken hinterließen sämtliche Testkandidaten einen erheblich besseren Eindruck als als beim Test der kleineren Motoren. Der AFI 1000 kam von Mastervolt und überzeugte durch saubere Verarbeitung und seinen beispielhaften Wischerarm.

Allpa schickte gleich drei Kandidaten ins Rennen: den Bravo, den Charlie und den Echo, alle mit solidem Ersteindruck. Die massiven Wischerarme waren jedoch durchweg scharfkantig.

Exalto lieferte den 215 BD und den 233 BD. Der 215 BD gefiel schon optisch mit einem sehr hochwertigen, exzellent verarbeiteten Designgehäuse. Probleme traten erst später durch nicht erkennbare Konstruktionsmängel auf. Der 233 BD wirkt weniger aufgeräumt, aber ebenfalls grundsolide.

Allerdings führten Farbbezeichnungen der Kabel in der Anleitung, die nicht mit dem Motor übereinstimmten, zu Montageproblemen.

Talamex schickte den Formar-Scheibenwischermotor HD, der auch durch ein grundsolides Designgehäuse mit vorbildlich beschrifteten Anschlüssen überzeugte. Observator lieferte den bulligen, äußerst stabil wirkenden 30 Nm von Hepworth – den stärksten Motor im Test. Roca ging mit dem W12 ins Rennen, der schon optisch mit einem hervorragend verarbeiteten Gehäuse mit feiner Linienführung positiv auffiel.

Von Allroundmarin kam der solide, ansonsten aber unauffällige TMC-00901/TMC-00902. Den ebenfalls grundsolide wirkende, hochglanzlackierte Vetus RW-01A samt zusätzlichem Kunststoffgehäuse sandte uns Bukh Bremen. Scheibenwischer und Wischerarme wurden von den Lieferanten ausgewählt und mitgesendet. Die Redaktion nahm darauf keinen Einfluss.

Die Testbedingungen

Grundlage der Tests waren die schon im ersten Teil ermittelten Erkenntnisse.

Da die Norm zu Wischanlagen für Schiffe ISO 17899 extrem lange Prüfungen fordert, die jeglichen Zeitrahmen gesprengt hätten, führten praktische Überlegungen erneut zur Definition erheblich leichterer Test­bedingungen, die sich unter anderem an der DIN-Norm 72781-2 „Wischeranlagen für Straßenfahrzeuge" orientieren.

Der von der Hochschule bereits für den ersten Test entwickelte Prüfstand mit Alumi­niumprofilen, einer um 45 Grad geneigten Glasscheibe, Aufnahmevorrichtungen für die verschiedenen Motoren und die Messsensoren sowie einer normgerechten Beregnungsanlage mit Wasserauffangbecken wurde unverändert auch für die größeren Motoren eingesetzt.

Dagegen änderten sich die Messzyklen, da bei den größeren Motoren auch von einer etwas anderen, intensiveren Nutzung, insbesondere im Nasslauf, ausgegangen werden muss. Geprüft wurde in fünf Zyklen mit jeweils acht Stunden Nasslauf und einer Stunde Trockenlauf. Auf einen Zyklus im Langsamlauf folgte ein Zyklus im Schnelllauf. Insgesamt verbrachten die elf Testkandidaten also 55 Tage auf dem Prüfstand.

Erneut wurde zwischen den Zyklen und am Ende geprüft, ob sich das Achs- und Getriebespiel oder der Anpressdruck auf der Scheibe verändert hatten. Während der Test­läufe wurden alle Messwerte in Abständen von 20 Millisekunden protokolliert und Ablaufdiagramme erstellt, die eine genaue Analyse aller Vorgänge ermöglichten.

Die Ergebnisse

Foto: BOOTE

Ganz anders als im ersten Teil mit den kleineren Motoren verliefen die Prüfungen bei den "großen Brüdern" fast durchweg ohne Probleme. Bis auf eine einzige Ausnahme, bei der es allerdings zum Totalausfall kam, hielten die Motoren alle durch. Der AFI 1000 von Mastervolt lief bei moderaten Temperaturen völlig unauffällig. Bei der Prüfung des maximalen Drehmoments löste sogar die Sicherung aus – so stellt man sich das vor.

Foto: BOOTE

Auch der Bravo, der Charlie und der Echo, das Dreigestirn von Allpa, verrichteten ihren Dienst ohne Probleme. Beim Bravo fiel allerdings eine hohe Betriebstemperatur ins Auge. Der Echo zeichnete sich durch seinen leisen Lauf aus.

Exalto hatte mit dem 215 BD leider das schwarze Schaf im Rennen. "Leider" deshalb, weil der Motor äußerst hochwertig wirkt und es im Grunde auch ist. Allerdings gibt es einen fatalen Konstruktionsfehler, der zur Überhitzung und dem daraus resultierenden Versagen führt.

Bereits im ersten Testzyklus ist nach 137 Minuten bei 108 °C Schluss. Ein Nachtest mit einem zweiten Exemplar führt zum gleichen Ergebnis. Der Ersatzmotor übersteht zwar noch den ersten Zyklus, fällt aber beim zweiten Zyklus nach nur 46 Minuten mit stattlichen 120 °C aus. Bei beiden Exemplaren sind nach dem Öffnen die Hitzeschäden klar erkennbar. Auch starker Kohlenabrieb fällt auf. Die hohe Temperaturentwicklung führt sogar zu Schäden am Einbaugehäuse des Prüfstandes. Auf einem Boot wäre hier möglicherweise das unmittelbare Umfeld durch Überhitz­ungs­schäden gefährdet.

Eine Analyse bei der Demontage zeigt, dass das Problem durch die auf dem Motor platzierten Kühlrippen – eigentlich ein positiver Ansatz – verursacht wird.

Beim 215 BD hat man dafür nämlich eine zusätzliche Hülle eingebaut, die allerdings ein Luftpolster zwischen dem eigentlichen Motorgehäuse und dem Kühlelement aufweist. Dieses Luftpolster wirkt als Isolator und verhindert den Abtransport der Wärme durch die Kühlrippen, statt ihn zu fördern. Das Resultat: Der Motor überhitzt und brennt durch.

Der Exalto 233 BD lief dagegen problemlos, fiel aber auch durch hohe Temperaturen und recht laute Wischerblätter auf. Der Formar-Scheibenwischermotor HD verrichtete völlig unauffällig seinen Dienst und glänzte mit der niedrigsten Betriebstemperatur von nur 39,7 °C im Test. Hier schwächelte allerdings im vorletzten Durchgang der Scheibenwischer. Durch den Bruch der Einrastfunktion am Wischerarm war der letzte Prüfzyklus nicht mehr durchführbar, was aber nicht dem Motor selbst anzulasten ist. Der zeigte sich auch nach den Prüfungen in hervorragendem Zustand.

Der Observator 30 Nm von Hepworth war der stärkste von allen Kandidaten. Der Motor an sich lief völlig unauffällig, nur ein lautes Wischerblatt ist anzumerken. Der leise Roca W12 verrichtete seine Arbeit ebenfalls ohne jeden Mangel. Gleiches trifft auf den TMC-00901/TMC-00902 und den Vetus RW- 01A zu, wobei Letzterer mit bis zu 73,1 °C eine überdurchschnittlich hohe Betriebstemperatur aufwies.

Das Testfazit

Anders als beim ersten Teil des Tests mit den kleinen Motoren zeigen die kräftigeren Exemplare trotz der höheren Anforderungen bei 40 Stunden Nasslauf und fünf Stunden Trockenlauf, dass es durchaus möglich ist, zuverlässige Scheibenwischermotoren zu fertigen. Auch mit unseren neuen Kriterien liegen wir aber immer noch weit unter den Werten, die die Normen vorgeben.

Alle Kandidaten präsentierten sich grundsolide und hielten – bis auf die oben bereits detailliert beschriebene Ausnahme – den Prüfungen stand.

Selbst das "Sorgenkind" Exalto 215 BD zeichnet sich grundsätzlich ebenfalls durch eine sehr hohe Fertigungsqualität aus. Der fest­gestellte konstruktive Mangel, der ihm zum Verhängnis wurde, kann vom Hersteller sicher korrigiert werden.

Die Mo­toren selbst liefen in der Regel leise. Die teil­weise erkennbare erhöhte Geräuschentwicklung wurde in allen Fällen von den Scheiben­wischern selbst verursacht. Generell waren Mängel hier eher an den Wischer­armen und den Wischerblättern erkennbar, die sich ja gegebenenfalls austauschen lassen. Dies ist wohl bei dem ansonsten tadellosen Formar-Scheiben­wischermotor HD empfehlenswert, dessen Wischer durch einen Bruch der Befestigung auffiel.