WerkstattWarum Klimaanlagen an Bord unverzichtbar sind - mit Fotoanleitung

Johannes Erdmann

 · 07.08.2024

Schritt 1 - Das Herz der Anlage: Als kompaktes Modul findet die Kältemaschine Platz in mittelgroßen Stauräumen. Die Elektrobox ist per Kabel fest verbunden
Foto: Johannes Erdmann
In Autos gehören sie seit Jahrzehnten zur Standard-Ausstattung – auf Booten immer noch zum Luxus. Warum Klimaanlagen nicht nur im Sommer nützlich sind

Nass geschwitzt rollt sich die Crew von Seite zu Seite. Es ist heiß. Unter Deck steht die Luft geradezu. Auch wenn sich die Temperatur außerhalb des Bootes mittlerweile etwas abgekühlt hat, glüht selbst Stunden nach Sonnenuntergang das Innere weiter, weil sich der Rumpf über den Tag in der Sonne aufgeheizt hat. Der Luftaustausch zur schnelleren Abkühlung fehlt. Die Moskitogitter in den offenen Luken dämpfen jeden Hauch zusätzlich, und der kleine Ventilator über der Koje vermag nur geringe Besserung zu bringen. Selbst eine Hoffnung auf das Ende der nächtlichen Qualen ist vergebens – denn ist die Nacht zu Ende, dann steigt die Sonne am Himmel empor.

Wegen der Hitze wach in der Koje zu liegen – eine Situation, die jeder kennt. So auch meine Familie und ich auf unserem Katamaran, der seinen Liegeplatz in Griechenland hat. Während vor Anker ein wenig Wind durch die Kabinen weht, ist es im Hafen unter Deck im Sommer kaum auszuhalten. Doch nicht nur im Mittelmeerraum sind solche Szenen bekannt. Mit dem Klimawandel kann es im Hochsommer vermehrt auch an der Ostsee oder im Binnenland unangenehm heiß werden.

Begrenzte Optionen bei Hitze

Bei Kälte ist es einfach: Mehr anziehen hilft. Bei Hitze jedoch sind die Optionen begrenzt. In südlichen Ländern arrangieren sich die Menschen mit den hohen Temperaturen, indem sie zur Mittagszeit ruhen. Was dort nicht zum späten Vormittag erledigt ist, muss bis zum Abend warten, wenn es kühler wird. Doch hat sich das Boot über den Tag aufgeheizt, dann wird es auch bei Nacht unter Deck nicht mehr richtig kühl. An Erholung ist kaum zu denken.

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Wie angenehm wäre es, eine Klimaanlage an Bord zu haben. Ein Gedanke, den überraschend wenig Bootsleute haben, weil die Geräte noch als Luxus angesehen werden, auf den man verzichten kann.

Vor etwa 30 Jahren war die landläufige Meinung hierzulande in Sachen Airconditioning in Autos dieselbe. Ein Luxus oder gar „ein Trend, der sich nicht durchsetzen wird“, hieß es damals. Heute wird kein Wagen ohne Klimaanlage verkauft. Wer eine besitzt, kommt nach langen Autofahrten entspannter am Ziel an – und auch an Hauswänden gehören immer häufiger Klima­geräte zum Bild. Nicht für die ganze Wohnung, so wie in den USA. Aber zumindest im Schlafzimmer gönnen sich immer mehr Menschen diesen mittlerweile erschwinglichen Luxus, der für geruhsamen Schlaf im wohltemperierten Zimmer sorgt.

Klimaanlagen-Trend auf Motorbooten noch nicht angekommen

Auf Motorbooten ist dieser Trend jedoch noch nicht angekommen. Werften installieren sie höchstens auf Booten, die ins Mittelmeer oder in die Karibik gehen. Für den gelegentlichen Gebrauch ist „die Klima“ den meisten Skippern schlicht zu teuer. Für das derzeit kleinste Schwesterschiff unseres Katamarans, ein 40-Fuß-Boot, kostet die Klimaoption beispielsweise rund 26 000 Euro. Der enorm hoch erscheinende Preis relativiert sich ein wenig, wenn man bedenkt, dass dafür drei Klimageräte installiert werden: jeweils zwei in den Rümpfen und eins im Salon. Ein gleich großer Einrumpfer kommt häufig mit zwei Klimaanlagen aus. Dennoch: eine hohe Zusatzinvestition. Weil eine Klimaanlage nur im Hafen per Landstrom genutzt werden kann, sehen viele Werften die Bestellung eines Dieselgenerators als obligatorisch an, der im Fall des 40-Fuß-Kats noch einmal mit fast 24 000 Euro zu Buche schlägt. Damit macht die Klimaoption gut zehn Prozent vom Basispreis aus. Angesichts dieser Summe ziehen es die meisten Eigner vor zu schwitzen. „Es sind doch nur ein paar Tage im Jahr, an denen es wirklich heiß ist …“ lautet meist das Argument der „Klimaanlagengegner“. Auch die ersten Eigner unseres Bootes haben damals auf die Installation einer Klimaanlage verzichtet. Ab Werft wäre das Boot ansonsten mit zwei Klimageräten mit einer Leistung von je 8000 BTU in den Achterkabinen und einem Modul von 12 000 BTU im Salon versehen worden. Der Messwert BTU steht für British Thermal Unit und definiert die Wärmeenergie, die nötig ist, um ein britisches Pfund Wasser um ein Grad Fahrenheit zu erwärmen.

Doch nicht immer ist es nötig, das ganze Schiff wohltemperiert zu halten. Häufig ist auch eine Sparoption ausreichend, um zumindest bei extrem hohen Außentemperaturen den Salon und eine Schlafkabine effizient kühlen zu können und so nachts Erholung zu finden.

Markführer als Beispiel an Bord

Deshalb fiel auf unserem Boot die Wahl auf die nachträgliche Installation einer Dometic Turbo DTG16 mit 16 000 BTU. Der weltweite Marktführer in Sachen Klimatechnik auf Booten hat mit dem neuen Modell ein besonders stromsparendes und überaus leises Gerät entwickelt, das auch wirkungsvoll zum Heizen genutzt werden kann. Das komplette Set zum Selbsteinbau mit Borddurchbruch, Kaltluftschläuchen, Auslässen und digitalem Touch-Bedienteil kostet 6638 Euro.

Der nachträgliche Einbau ist grundsätzlich nicht schwierig, gestaltet sich je nach Bootstyp aber manchmal etwas mühselig, weil die Kaltluftleitungen in den Hohlräumen hinter den Inneneinbauten oder zwischen Innen- und Außenschale hindurch durch das ganze Schiff gezogen werden müssen. Dafür ist es nötig, sehr große Löcher mit Durchmessern bis zu 24 Zentimetern in die Schotten zu sägen – sicher nicht jedermanns Sache.

Klimaanlagen dienen nicht nur zum Kühlen

Für die meisten Nordeuropäer, die nicht mit Airconditioner (AC) in Häusern aufgewachsen sind, bedeutet „Klima“ nur eines: kalte Luft. Doch die Klimaanlage hat weit mehr Aufgaben. Sie vermag es – vor allem in Gegenden mit hoher Luftfeuchtigkeit –, das Schiff wirkungsvoll vor Schimmel und Spak zu schützen. Dabei muss die AC-Einheit nicht den ganzen Sommer laufen, so wie es in vielen Häfen Nordamerikas üblich ist. Häufig reicht es, das Boot nach der Nutzung einen Tag lang mithilfe des Klimageräts völlig zu trocknen, das Luftfeuchtigkeitslevel in den Kabinen unter 50 Prozent zu bringen und dann während der Abwesenheit mit chemischen Luftentfeuchtern niedrig zu halten.

Wenn der Sommer – so wie im vergangenem Jahr – eher regnerisch ist, dann ist die Trocknungsfunktion ein wahrer Segen, um die Luftfeuchtigkeit in den Griff zu bekommen. Und wenn es besonders kalt wird, kann mit der Klimaanlage als Wasser-Luft-Wärmepumpe überaus energieeffizient geheizt werden. So wie es ebenfalls in südlichen Ländern üblich ist. Dort verzichtet man völlig auf eine „richtige“ Heizung und schaltet das Klimagerät einfach in den Heizmodus. Natürlich sind den Möglichkeiten Grenzen gesetzt, es eignet sich nicht, um damit an Bord zu überwintern. Doch in den Übergangszeiten im Frühling und Herbst kann es effektiv dafür sorgen, dass die Kajüte mollig warm bleibt und nicht zur kalten Tropfsteinhöhle wird.

Klimaanlagen sind reine Gewohnheitssache

Zu kalt, zu laut, zu großer Stromfresser – nicht jeder mag Klimaanlagen. Doch vielfach liegen die Gründe für Abneigung und Vorurteile schlicht im falschen Gebrauch. Wer durch ein Klimagerät frieren muss, der hat es einfach zu kalt eingestellt. Eine Klimaanlage soll die extremen Hitze-Spitzen kappen, nicht die Kabine in einen Eisschrank verwandeln. Ziel ist eine angenehme Raumtemperatur – optimal ist ein Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur von etwa sechs Grad Celsius.

Wer sich über das dauerhafte Surren oder den kalten Wind ärgert, der sollte eine niedrigere Gebläsestufe wählen beziehungsweise die Ausströmer anders anordnen, denn bei richtiger Einstellung sind moderne Klimaanlagen kaum hörbar. Um die Geräuschkulisse des häufig unter Salonbänken montierten Gerätes zu ­halbieren, bietet Dometic ein Sound-Cover an.

Es gibt wenige Klimaanlagen, die direkt vom 12-Volt-Bordstrom betrieben werden können. Mit einer ­schwachen Leistung von 6000 BTU eignen sie sich lediglich zum Kühlen einer kleinen Kabine. Alle anderen Modelle benötigen eine Spannung von 230 Volt. Im normalen Kühlbetrieb braucht die DTG16 von Dometic maximal 5,5 Ampere Strom, im Heizbetrieb sieben Ampere. Etwa 30 Prozent weniger als Vorgängermodelle. Die höchsten Stromspitzen treten beim Anlaufen der Klimaanlagen auf. Beim Gebrauch und in einem bereits kühlen Innenraum liegt der Durchschnitts­verbrauch deutlich darunter, denn die Klimaanlage funktioniert im Umluftbetrieb, sie zieht also keine warme Außenluft an, sondern reguliert nur energie­effizient die bereits kühlere Luft im Salon. Ein zusätzliches Bauteil, das Dometic-Smartstart-Modul (etwa 870 Euro), eröffnet zudem die Möglichkeit, die hohen Stromspitzen zu kappen und die AC-Anlage auch an schwächer abgesicherten Stegen oder mit einem mobilen Generator zu betreiben.

Das macht es sogar möglich, das Klimagerät über den Inverter und die Batteriebank laufen zu lassen. Nicht dauerhaft, aber zumindest für zwei Stunden, damit sich das tagsüber aufgeheizte Boot zur Nacht herunterkühlt. Sind alle Kabinen und Oberflächen kühl, dann braucht es nur noch ein offenes Luk, um bei gutem Klima zu schlafen.

Die Vorteile einer fest installierten Klimaanlage im Gegensatz zu einer mobilen liegen vor allem im durch die Wasserkühlung deutlich besseren Wirkungsgrad und einer dadurch höheren Kühlleistung bei geringerem Verbrauch. Es muss auch kein Abluftschlauch durch ein Luk nach außen geführt werden, die Abfuhr der Wärme geschieht über die Wasserkühlung. Ein Nachteil ist deshalb zugleich, dass die Anlage nur im Wasser genutzt werden kann. Wenn das Boot an Land in der Werft steht, ist das Gerät ohne Funktion. Zudem kann selbst eine moderne Klimaanlage wie die Dometic DTG16 keine Wunder vollbringen, denn das Arbeitsumfeld ist auf Motoryachten mehr als unwirtlich, weil die meisten Schiffe – bis auf das Sandwich-Deck – überhaupt nicht gegen Wärme isoliert und die Fenster und Luken einfach verglast sind. Auch wenn die Kabine in der Mitte angenehme Temperaturen erreicht, können am Rumpf bis zu zehn Grad höhere Temperaturen gemessen werden. Dennoch ist es ein Riesenunterschied, ob es in der Kabine durchschnittlich 26 Grad warm ist – oder weit über 30 Grad. Wir zeigen, wie man eine Anlage selbst montiert (Bildergalerie s. o.), optionales Zubehör und die Kältemaschine im Detail.


Optionales Zubehör

Luftreiniger Breathe Easy: Das Modul wird direkt in die Kaltluftleitung eingesetzt und reduziert Gerüche, Schimmelpilze und Schadstoffe durch intensives ultraviolettes Licht  bei geringem Stromverbrauch. Es kostet etwa 1020 Euro
Foto: Hersteller

Detailfotos der Kältemaschine

Schritt 1 - Kompressor: Genau wie beim Kühlschrank  komprimiert er das eigentlich  gasförmige Kältemittel, damit es sich verflüssigt. Die bei der Komprimierung entstehende Wärme wird über den Wärmetauscher abgeführt
Foto: Johannes Erdmann

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