Unbekannt
· 12.05.2011
Wenn die Schalldämmung im Motorraum in die Jahre gekommen ist, muss eine neue her. Wir sagen, welche Materialien den Lärm am besten zurückhalten.
Fragt man Motorbooteigner, was sie am meisten an ihrem Hobby stört, so ist die Antwort häufig: der Motorenlärm. Nicht umsonst beginnt für viele Bootsleute die Entspannung erst, wenn die Maschine abgestellt wird und Ruhe einkehrt. Doch gegen den dröhnenden Krach aus dem Motorraum kann man etwas tun.
Das „Beruhigungsmittel“ schlechthin heißt „Schalldämmung“. Angebracht auf Schottwänden und Maschinenraumdecken, hält modernes Dämmmaterial die Schallwellen zurück und reduziert den Lärm im Boot auf ein erträgliches Niveau.
Wer also für mehr „Ruhe im Schiff“ sorgen will und genug hat von der alten, bröseligen Dämmung, kann etwas unternehmen. Bevor man sich aber ins Abenteuer „neue Motorraumdämmung“ stürzt, sollten einige physikalische und akustische Grundlagen geklärt sein. Denn nur wer die akustischen Verhältnisse und Problemzonen auf seinem Boot kennt, kann auch das optimale Dämmmaterial auswählen.
Die Quelle allen Übels und der Grund, warum wir den ganzen Arbeits- und Kostenaufwand, den eine neue Motorschalldämmung mit sich bringt, betreiben, ist also wie erwähnt der „Lärm“ an Bord, speziell der „Motorenlärm“. Ab welcher Lautstärke ein Geräusch zum Lärm mutiert, ist natürlich „Geschmackssache“.
So wird ein bekennender Cigarette-Pilot den röhrenden Schalldruck seiner 1500 Pferdestärken als „liebliches Säuseln“ einstufen, während feinfühliger Besuch auf dem Familienkahn den tuckernden 55-PS-Diesel schon eine „Höllenmaschine“ nennt.
Doch egal wie laut und wie stark ein Motor auch sein mag, die Physik der Schallwellen ist bei allen Verbrennungskraftmaschinen gleich. Sie entstehen durch die explosionsartige Verbrennung des Kraftstoffes im Motor, wobei die Wellenlänge (Frequenz) abhängig ist von Bauart und Drehzahl. Die Schallwellen von schnell laufenden Motoren mit Turboaufladung sind kürzer als die von langsam drehenden, großvolumigen Saugdieseln.
Was die verschiedenen Arten des Schalls betrifft, unterscheidet man die Gruppen Luftschall und Körperschall. Ersterer ist mittel- bis hochfrequent und breitet sich über das Medium Luft aus. Er kann deshalb auch mithilfe von Dämmplatten an den Schottwänden des Motorraums, die die Schallwellen quasi einfangen, reduziert werden.
Der Körperschall dagegen wird, wie der Name schon sagt, über feste Körper übertragen.
Beim Motor sind es die Vibrationen, die über das Fundament in den Rumpf des Bootes gelangen. Diese niederfrequenten Emmissionen des Motors können nur durch einen möglichst guten Massenausgleich (Laufruhe) und eine perfekt angepasste Motorlagerung (Gummifüße) minimiert werden. Um eine Ausbreitung über das gesamte Boot zu verhindern, arbeitet man heute mit sogenannten Schwer- oder Gewichtsfolien, die aufgrund ihrer hohen Masse die Vibrationen eindämmen können.
Generell macht man sich bei der Schalldämmung verschiedene Effekte zu eigen. So werden Schallwellen, die auf eine mechanische Sperre (Schottwand) treffen, zum einen reflektiert (zurückgeworfen), zum anderen absorbiert (geschluckt). Ein nicht unerheblicher Teil durchdringt aber auch die Wände des Motorenraums und wird von uns als Geräusch wahrgenommen.
Es liegt also an der Beschaffenheit der Sperrschicht (Schott), wie viel Schallwellen in welcher Stärke in das Bootsinnere gelangen. In Zahlen drückt man diesen Vorgang mit der Einheit Dezibel (dB) aus. Sie kennen diese Angaben aus unseren Bootstests, wo wir stets die am Fahrstand akustisch wahrnehmbaren Motorengeräusche messen.
Boote mit guter Schallisolierung zeigen hier Werte von etwa 65 bis 70 dB. Im Vergleich dazu erzeugt ein ungedämmter Dieselmotor einen Schalldruck von etwa 85 bis 95 dB, wobei der Schalldruckpegel einer logarithmischen Funktion (ln) folgt. Im Klartext: Wird an Bord zum Beispiel der zweite Diesel zugeschaltet, ist es nicht gleich doppelt so laut im Ruderhaus, sondern der Schallpegel steigt nur um etwa 3 dB.
Die Hersteller von Dämmmaterialien wissen natürlich um all diese Eigenschaften und Effekte des Schalls und seiner Ausbrei-tung. Nicht umsonst gibt es in Deutschland sogenannte Akustikzentren, die sich mit der Ausbreitung von Schall in Fahrzeugen beschäftigten und der Industrie Wege aufzeigen, wie man die störenden Wellen wirkungsvoll eindämmen kann. Was die aus solchen Forschungsprojekten resultierenden Produkte zur Lärmminderung betrifft, so lassen sich diese in die folgenden drei Gruppen einteilen:
Erstere sind wohl die bekanntesten Dämmmaterialien. Die Schaumstoffmatten mit der ge-noppten Oberfläche finden nicht nur an Bord Verwendung, sondern werden auch in heimischen Musikzimmern und Tonstudios zur Geräuschminderung und zur akustischen Trennung der Räume eingesetzt.
Die profilierte (genoppte) Oberfläche und die offenporige Struktur des Schaums bremsen die Schallwellen und wandeln sie in Wärmeenergie um. Man spricht dabei auch von Schallabsorption. In unserem Test hatten wir fünf solche Noppenschäume unter anderem von den Herstellern Gisa Tex, SVB und Robert Lindemann.
Von einer reinen Schalldämmung (Isolation) ist die Rede, wenn die schweren Verbundschäume mit hoher Materialdichte zum Einsatz kommen. Ähnlich wie beim Hausbau, wo eine schwere Wand aus Mauersteinen besser vor den Geräuschen aus der Nachbarwohnung schützt als eine leichte Gipswand das vermag, sollen diese Dämmstoffe die Ausbreitung der Schallwellen verhindern.
Dabei wird die nötige Materialdichte durch das Zusammenpressen von kleinen Schaumstoffteilchen erreicht, sodass eine halbfeste homogene Schaummasse entsteht, die einen gummiartigen Charakter aufweist. Vertreter dieser Gruppe wurden uns von QL (Volvo) und SVB geliefert.
Optisch am edelsten wirken die Vliesdämmstoffe von Recytex. Sie sind in der Regel mit einer Aluminiumoberfläche versehen, hinter der ein Wattevlies steckt. Um den silbrig glänzenden Konstruktionen noch das für die Schalldämmung nötige Gewicht zu verleihen, sind teilweise noch sogenannte Schwerfolien eingezogen, sodass Kombiprodukte entstehen, die schalltechnisch sowohl isolierend als auch absorbierend wirken.