ZubehörTest - Welcher Decksbelag ist griffig genug?

Michael Rinck

 · 03.05.2021

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Foto: Henrik Ljungqvist

Haftungsfrage: Der richtige Decksbelag kann Unfälle vermeiden. Die müssen nicht auf See passieren – schon beim Übersteigen vom Steg an Bord ist ein griffiges Deck von Vorteil. 23 Oberflächen im Test

Ein schönes Stabdeck sieht nicht nur gut aus, sondern bietet auch ebensolchen Halt. Wenn ein Crewmitglied an Deck ausrutscht, drohen Verletzungen; aber selbst wenn es glimpflich ausgeht, stört das zumindest den Manöverablauf. Bei starkem Seegang auf dem Vorschiff sollten sich Bootsleute nicht nur auf einen griffigen Decksbelag, sondern auch eine Sicherungsleine verlassen. Dennoch trägt ein rutschfester Decksbelag sehr zur Sicherheit an Bord bei und nicht nur zur schif­figen Optik. Ob beim neuen Boot oder auf dem gebrauchten und refitbedürftigen Schnäppchen – es muss eine Entscheidung getroffen werden, was aufs Deck kommt.

Dabei galt Teak lange als die erste Wahl, doch es sprechen auch einige Argumente dagegen: Teak ist ein Tropenholz, für das neben zertifizierten Zulieferern illegale Quellen den Regenwald abholzen. Qualität ist rar und zudem teuer, ein gutes Teakdeck kostet ab 1000 Euro pro Quadrat­meter (vom Fachmann verlegt), es können aber auch mehr als 2000 Euro werden. Dazu kommt ein nicht unerhebliches zusätzliches Gewicht von etwa 6,5 Kilogramm pro Quadratmeter. Zudem muss das Deck gepflegt werden und nutzt sich auch schneller ab als Alternativen aus Kunststoff.

Plastik, Kork oder Lack?

Anstelle des schönen Naturprodukts gibt es Stabdecks aus Kunststoffstäben, die genau wie die Holzvariante zu verlegen sind. Mit Kork existiert obendrein eine natürliche Alternative zum Kunststoff. Viele Hersteller bieten auch die Vorfertigung nach einer Scha­blone an. Die fertigen Paneele lassen sich dann selbst von Laien aufs Deck kleben. Dieses Verfahren wird auch für Decks aus Teakstäben angeboten und senkt den Preis, der dann irgendwo zwischen dem reinen Materialwert und der Summe liegt, die ein Fachbetrieb für die kompletten Arbeiten nimmt.

Günstiger und noch einfacher ist Rollen­ware, die ähnlich einem Teppichboden verlegt wird. Hier reicht häufig eine gute Schere zum Ausschneiden aus. Das Material kann vollständig in Eigenregie angepasst und verlegt werden. Eine weitere Möglichkeit, das Deck zu beschichten, ist Lack, der mit einem speziellen Additiv die nötige Rutschfestigkeit bewirkt. Diese Zusätze werden in Pulverform in die Farbe gegeben und sorgen so für eine raue und griffige Oberfläche. Vorteil der letztgenannten Variante ist die einfache Verar­beitung. Allein durch vorheriges Abkleben wird die Form der Beschichtung bestimmt, das zusätzliche Gewicht ist sehr gering und der Preis überschaubar, abhängig vom verwendeten Lacksystem.


Die große Auswahl

Neben dem klassischen Teakstab gibt es noch viele weitere Materialien, um das Deck zu beschichten

Foto: YACHT/Jozef Kubica

Neben der Optik, dem Aufwand bei der Beschichtung und dem Grip entscheidet auch der Preis darüber, was aufs Laufdeck kommt. Ganze 23 Beläge haben wir für den Test zusammengetragen. Im Bild sind drei nicht zu sehen, die auf der Rückseite der für den Test präparierten Platten angebracht sind. Eine grobe Einteilung erfolgte nach Aussehen: Stabdeckoptik bildet die erste Gruppe; die zweite die Kunststoffbeläge mit Noppen, Riffeln und anderen strukturierten Oberflächen; in Gruppe 3 finden sich Antirutschbeschichtungen zum Auf­pinseln. Als Referenz wurden Teakstabdeck, Treadmaster und eine werftmäßig aufgebrachte GFK-Struktur im Deck getestet.


Aus all diesen Decksbelägen haben wir Vertreter im Testfeld. In Stabdeck-Optik gibt es Easy-Tek (ehemals Tek-Dek), Esthec, Flexiteek und Isiteek, Letzteres ist die DIY-Va­riante von Flexiteek. Ebenfalls aus PVC besteht Nuteak, Marinedeck 2000 dagegen aus Kork, und Marine Floor von Gisatex ist Rollenware mit aufgedrucktem Fugenmuster. Die Oberfläche ist identisch mit dem Anti­slide Soft Walk von Gisatex, was in der Rubrik Rollenware neben Multi Nopp und Safety Walk vom gleichen Hersteller vertreten ist.

In der Kategorie findet sich noch Smartdeck vom finnischen Hersteller Brand ID. Das Material ist ähnlich wie Seadeck ein Schaum mit auf der Rückseite integriertem Kleber von 3M. Es muss nur die Folie abgezogen werden, und schon kann man es aufs Deck kleben. Optisch passt das Seadeck-Material in die Stabdeck-Rubrik. Allerdings ist das Smartdeck ein Grenzfall: Es kann auch mit Fugenoptik geordert werden. Bei beiden Beschichtungen werden die Fugen eingefräst. Der Schaum hat zwei Lagen mit unterschiedlicher Farbe, durch die eingefräste Nut wird die darunterliegende Tönung sichtbar. Außerdem als Rollenware ist der Decksbelag von TBS und Vetus erhältlich. Letzterer erinnert in der Struktur an Treadmaster. Dieser Belag ist nur als Referenzwert im Test.


So haben wir getestet

Stehen auf der schiefen Ebene: Per App wurde dabei der maximal erzielbare Neigungswinkel gemessen
Foto: YACHT/J. Kubica

Der Decksbelag wurden entweder von den Herstellern beziehungsweise Händlern oder in der Redaktion auf Platten geklebt. Diese wurden dann schräg gestellt; dabei haben wir den Neigungswinkel gemessen. Der Tester stellte sich auf den Decksbelag, und es wurde der Winkel erfasst, bei dem die Schuhe anfingen zu rutschen. Als Ergebnis wurde der Winkel vermerkt, bis zu dem ein sicherer Stand möglich war. Der gleiche Test wurde mit nassem Decksbelag und nassen Schuhen wiederholt. Als Schuh wählten wir den Preis-Leistungs-Tipp aus dem Schuhtest der YACHT: Sunrise II von Lizard. Das Modell bot guten Halt, hatte allerdings nicht den besten Grip im Test.


Im Bereich der Antirutschfarbe sind ein Epifanes-Lack mit verschiedenen Addi­tiven, einmal blanker Lack zum Vergleich, Lack und Additiv von International und die Beschichtung von Kiwi-Grip vertreten. Das unterscheidet sich von den Lack-Pulver-Systemen, da es aufgetragen wird und die Struktur durch eine spezielle Schaumrolle erhält.

Für die Beurteilung besonders rele­vant ist der Grip, er fließt denn auch mit 80 Prozent in die Bewertung ein. Die restlichen 20 Prozent entfallen auf den Preis, bei dem es erhebliche Unterschiede gibt. Im Test wurden die Beläge, ob Stäbe, von der Rolle oder Lack, auf eine Sperrholzplatte aufgetragen. Diese wurde dann in verschiedenen Winkeln schräg gestellt. Beim Draufstellen wurde dann der Winkel ermittelt, bis zu dem der Untergrund sicheren Halt bietet. Die Ergebnisse liegen zwischen 25 und 37 Grad Neigungswinkel, was als Krängung schon sehr viel ist.

Simulierte Lage

Bei diesen Bedingungen ist es sehr ratsam, sich nicht nur auf den Halt des Decksbelags und der Schuhe zu verlassen, sondern sich zusätzlich zu sichern. Jedoch ist die direkte Gegenüberstellung dieser Werte im Test aufschlussreich und bietet sehr gute Vergleichsmöglichkeit. Die Spanne von zwölf Grad, in der alle Testkandidaten liegen, scheint erst einmal nicht so groß zu sein – der Unterschied, wenn man auf der Schräge steht, ist aber enorm: Knappe 40 Grad fühlen sich schon fast senkrecht an.

Das Ergebnis muss noch durch einen zusätzlichen Wert ergänzt werden. So gibt es im Test auch eine reine Lack­oberfläche, die bis 32 Grad Grip bot. Dennoch ist es nicht empfehlenswert, sein Deck gänzlich ohne Antislipbeschichtung zu lassen. Beim Auftreten auf diese Lackfläche konnte es sein, dass der Bootsschuh unvermittelt wegglitt, selbst wenn der Schuh bei sehr wenig Neigung sicher stand. Ein guter Decksbelag kann zwar bei 40 Grad Steigung auch keinen sicheren Halt mehr geben, aber dennoch sollte der Schuh die Standfestigkeit nur langsam verlieren.

Sicherer Halt

Am meisten Halt bot im Test der Belag von Smartdeck, dicht gefolgt von Easy-Tek, Flexiteek, Isiteek, dem Marinedeck 2000 aus Kork, Nuteak und Esthec. Auch das ge­noppte Vetus Safari punktete mit ähnlichen Messwerten. Erstaunlich war das Ergebnis von TBS21, das trocken einen sehr guten Wert von 37 Grad schaffte – nass aber nur 28. Dennoch vermittelte es ein sicheres Gefühl, selbst wenn der Schuh irgendwann ins Rutschen kam.

Auch die Beschichtungen aus Lack mit Antirutschzusätzen konnten mit sehr guten Werten aufwarten. So lag der Lack von Epi­fanes bei 36 und 37 Grad im trockenen Zustand. Mit Wasser verloren die Ober­flächen jedoch etwas an Griffigkeit, außerdem war ein Phänomen zu beobachten: Wenn man den Halt verlor, geschah dies abrupt. Allerdings nicht vergleichbar mit dem Deckslack ohne Zusatz; deswegen sind die Lacke mit Pulver aus unserer Erfahrung für die Praxis empfehlenswert.


Vorarbeiten

Kleber auftragen. Dabei nicht zu sparsam sein. Eine Kartusche langt etwa für einen Quadratmeter
Foto: YACHT/J. Kubica

Abgesehen von den Lacken und Belägen mit eigener Kleb­fläche auf der Rückseite wie etwa Smartdeck und Seadeck, muss der Kleber vor dem Verlegen des Decksbelags aufge­tragen werden. Dabei ist eine sorgfältige Vorbereitung nötig: Die Fläche muss staub- und fettfrei sein, und besonders glatte Lackoberflächen sollten angeschliffen werden, damit der Kleber besser haftet. Unebenheiten zeichnen sich durch dünne Rollenware ab, deswegen muss in diesem Fall vorher gespachtelt und geschliffen werden. Sämtliche Vorarbeiten sowie auch der Kleber sind (wenn nicht anders angeben) nicht im Quadratmeterpreis enthalten. Für die Lacke bezieht sich die Preisangabe nur auf die oberste Schicht mit dem Antirutschzusatz. Ist ein Farbaufbau mit mehreren Schichten Primer und dann Lack nötig, multipliziert sich der Preis.


Die Struktur von Kiwi-Grip überraschte etwas mit recht geringen Steigungswerten, da die Oberfläche extrem rau und haltbar aussieht. Obwohl die Werte nicht zu den besten im Test zählen und sogar etwas unter denen der reinen Lackfläche liegen, ist das Kiwi-Grip dennoch viel sicherer: Rutschte der Schuh, dann nur langsam, und er fand auch wieder Halt. Außerdem kann die Kiwi- Grip-Struktur durch die Handhabung der Rolle, etwa unterschiedlichen Druck, sehr individuell ausfallen. Mehr Material pro Quadratmeter und nur einmaliges Darüberrollen erzeugen vermutlich eine noch kräftigere Struktur. Umgekehrt kann aber auch mit einer Fellrolle eine feinere Oberfläche erzeugt werden. Hier empfiehlt es sich, vor dem finalen Auftrag an Deck einige kleine Proben auf einem Brett anzufertigen. Das ist ohne Pro­bleme möglich, da das Material einkompo­nentig verarbeitet wird und wasserlöslich ist. Die Rolle kann also ausgespült und später nochmals verwendet werden.

Das Intergrip und die Produkte von Gisatex sind allesamt gutes Mittelfeld. Erstaun­liche Testergebnisse lieferte der Belag von Seadeck, der bei Nässe sogar noch besseren Halt bot als vorher in absolut trockenem Zustand.


Referenzwerte

Grip (trocken/nass): 34°/31°. Preis/Quadratmeter: 2200 Euro für Verlegung vom Fachbetrieb
Foto: Julien Girardot

Um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wurden auch ein Teakstabdeck, Treadmaster und ein GFK-Deck getestet; das sind die Oberflächen, die auf vielen Booten zu finden sind. Die Daten sind aber nicht in die Tabellen eingeflossen, weil Teak- und besonders GFK-Decks von Werft zu Werft unterschiedlich sind und der Treadmasterbelag nicht neu war.


Decksbelag nach Wunsch

Eigner haben jetzt die Qual der Wahl. Von der reinen Punktzahl her spricht alles für Lack mit Pulver. Das liegt am guten Grip und am sehr attraktiven Preis. Zudem ist die Verarbeitung auch für handwerklich weniger begabte Anwender einfacher als die Verlegung eines Stabdecks. Außerdem kann natürlich jeder beliebige Farbton gewählt werden, damit ist man in der Optik sehr variabel.

Was im Test nicht abgebildet werden konnte, ist das große Angebot unterschied­licher Additive am Markt oder die Möglichkeit, mit Sand oder anderen Granulaten zu experimentieren und sich seine ganz persönliche Wunschoberfläche selbst anzu­mixen. Auch die Kunststoffbeläge bieten eine große Flexibilität – Esthec etwa gibt es in zwölf Farben und fünf unterschiedlichen Fugentönen.


Belag zum Aufpinseln

Das Pulver wird nach Herstellerangaben abgewogen. Experimentierfreude ist erlaubt
Foto: YACHT/J. Kubica

In der Gruppe der Antirutschbeschichtungen zum Streichen sind zwei grundlegend verschiedene Systeme auf dem Markt: zum einen Lack mit einem Additiv, das für eine raue Oberflächenstruktur sorgt, und Kiwi-Grip, das durch den Auftrag mit einer grobporigen Schaumrolle seine Struktur erhält. Hier kann durch Bearbeiten mit einer feineren Rolle oder mehr oder weniger Druck die Struktur sehr individuell variiert werden. Alle Systeme lassen sich recht einfach selbst auftragen. Zudem ist der Preis pro Quadratmeter ungemein attraktiv. Nicht in der Rechnung enthalten sind allerdings der Lackaufbau des Decks oder Verbrauchs­materialien wie Klebeband.


Sehr spannende Eigenschaften hat Kork als Decksbelag. Er bietet nicht nur guten Grip, sondern isoliert zugleich. Zudem ist er ein nachwachsender Rohstoff, für den kein Baum gefällt werden muss, da die Korkeiche nur geschält wird; der Kork ist die Rinde des Baumes. Das Material für Marinedeck 2000 ist FSC-zertifiziert und stammt von Plantagen in Portugal. Das Material ist nicht günstig, und das Verlegen macht genauso viel Arbeit wie ein herkömmliches Holzdeck. Darum sind auch die Preise ähnlich.

Testsieger ist nach unseren Ergebnissen das Smartdeck von BrandID aus Finnland. Der Grip war am besten, und der Preis ist fair. Er bewegt sich je nach Gestaltung des Belags etwa mit ein­gefrästem Stabmuster in einer weiten Spanne von 70 bis 200 Euro pro Quadrat­meter Decksfläche.


Selber machen

Harken hat mit Marine Grip selbstklebendes Tape aus Kautschuk im Angebot
Foto: Hersteller

Die Lacke mit Additiven sind besonders geeignet, um eine Antirutschbeschichtung selbst herzustellen. Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, Grip aufs Laufdeck zu bringen: etwa mit Sand, der in die frische Lackoberfläche gestreut wird. Auch Salz ist ein bewährtes Mittel. Es wird nach dem Aushärten des Lacks mit Wasser abgespült, und übrig bleibt nur der Abdruck als raue Oberfläche. Des Weiteren bieten verschiedene Hersteller Granulate, die in die Farbe gerührt einen hervorragenden Decksbelag ergeben können. Mit Gel- oder Topcoat lässt sich ebenfalls eine individuelle Struktur erzeugen. Das Material wird angemischt und mit dem Pinsel gleichmäßig verteilt. Anschließend kann mit einer Fell- oder Schaumrolle die Struktur erzeugt werden. Auch mit Abreißgewebe ist dies möglich: einfach auf das Gelcoat legen, warten, bis es leicht klebrig wird, und dann abziehen. Je nachdem, wie lange man wartet, verändert das die Struktur des Selfmade-Decksbelags.


Alles in allem ist aber reichlich Auswahl in Optik und Eigenschaften gegeben, denn letztlich, und das ist die gute Nachricht, fiel kein einziger Belag im Test in Sachen Rutschsicherheit durch.


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