Zwischen den traditionellen Gondeln und Wasserbussen gleitet seit Kurzem ein neuer Bootstyp durch die Kanäle Venedigs: Die „Lucietta“, das erste E-Wassertaxi der Lagunenstadt. Entwickelt wurde das Boot vom Energieunternehmen Repower in Zusammenarbeit mit der Serenella-Werft auf Murano und Nauta Design. Das Projekt könnte einen Wendepunkt für den Personentransport in der Stadt markieren.
Der Entwicklungsprozess der „Lucietta“ begann mit einer gezielten Bedarfsanalyse. Die Konstrukteure führten zunächst eine Umfrage unter venezianischen Taxifahrern durch, um die Anforderungen zu ermitteln. Basierend auf diesen Erkenntnissen entschieden sie sich für ein kompaktes Design, das agiles Navigieren durch die engen Wasserstraßen ermöglicht und gleichzeitig Platz für bis zu 14 Passagiere bietet.
Mit einer Länge von 9,30 Metern, einer Breite von 2,25 Metern und einem Tiefgang von 2,10 Metern ist das Boot perfekt auf die räumlichen Beschränkungen der venezianischen Kanäle zugeschnitten. Die Silhouette greift dabei bewusst die charakteristischen Merkmale der traditionellen Wassertaxis auf, fügt jedoch moderne Elemente hinzu, so wird das Boot als zukunftsweisendes Transportmittel erkennbar. Anders als bei vielen Refit-Projekten, bei denen bestehende Boote umgerüstet werden, wurde die „Lucietta“ von Grund auf als elektrisches Wasserfahrzeug konzipiert.
Die „Lucietta“ fährt mit einem vollelektrischen Antrieb. Die Ingenieure haben einen Elektromotor mit einer Leistung von 200 Kilowatt verbaut, der von Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von über 180 Kilowattstunden gespeist wird. Diese Konfiguration ermöglicht eine geräuschlose und emissionsfreie Fortbewegung ohne störende Vibrationen – ein deutlicher Kontrast zu den lärmenden Verbrennungsmotoren herkömmlicher Wassertaxis.
Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 30 Knoten, wobei das Boot seine Stärken besonders im täglichen Einsatz bei niedrigeren Geschwindigkeiten zwischen 7 und 20 km/h zeigt, die in verschiedenen Bereichen der Lagune üblich sind. Die Leistungsfähigkeit variiert je nach Geschwindigkeit und Beladung: Bei 5 km/h erreicht die „Lucietta“ eine Betriebsdauer von 39 Stunden bei mittlerer Beladung (4.200 kg) und 31,8 Stunden bei voller Beladung (4.650 kg). Bei 11 km/h reduziert sich die Autonomie auf 19,5 Stunden bei mittlerer und 16 Stunden bei voller Beladung, während bei 20 km/h noch 4 Stunden bei mittlerer und 3,2 Stunden bei voller Beladung möglich sind.
Die Ladezeiten der „Lucietta“ wurden für den Alltagseinsatz optimiert. Je nach verfügbarer Ladeinfrastruktur variiert die Zeit für eine Aufladung von 20 auf 100 Prozent: An einer 120-kW-Ladestation dauert der Vorgang lediglich 1,2 Stunden, an einer 50-kW-Säule 2,9 Stunden und an einer 7-kW-Ladestation 20,6 Stunden. Dies bedeutet, dass das Wassertaxi problemlos einen vollen Arbeitstag im Einsatz sein kann und anschließend über Nacht wieder aufgeladen wird. Die Betriebskosten bleiben dabei überschaubar – eine vollständige Aufladung schlägt mit etwa 40 Euro zu Buche.
Neben dem elektrischen Antrieb setzt die „Lucietta“ auch bei den verwendeten Materialien auf Nachhaltigkeit. Das Deck und die Aufbauten bestehen aus Holz, während für den Rumpf Karbon verwendet wird. Außerdem wird recyceltes Glas aus den Abfällen der Glashütten von Murano verwendet, das mit dem Know-how des Start-ups Rehub wiederverwertet wird. Auch die Rumpfform wurde speziell entwickelt, um die Intensität der Wellen zu reduzieren. Für sämtliche Beleuchtungselemente werden energiesparende LED-Technologie genutzt.
„Die Europäische Union hat einen Weg zur Reduzierung der Emissonen in der Schifffahrt vorgegeben“, erläutert Fabio Bocchiola, Geschäftsführer des italienischen Sitzes des Energieunternehmens Repower. „Deshalb wird es von grundlegender Bedeutung sein, die elektrische Schifffahrt aufzuwerten, einen Sektor, der bis 2030 ein globales Geschäftsvolumen von etwa 13 Milliarden Dollar erreichen soll.“ Die „Lucietta“ ist nicht das erste Elektroboot-Projekt von Repower – es baut auf den Erfahrungen mit dem Vorgängermodell „Repowere“ auf und unterstreicht das Engagement des Konzerns für saubere Mobilität, insbesondere im Tourismussektor.