Riva El IseoBrandneues E-Boot der Superlative

Torsten Moench

 · 14.05.2024

Chic gemacht: Die Formensprache lehnt sich an die klassischen Runaboats der 60er-und 70er-Jahre an.
Foto: Britta Flöhring / Leonardo Andreoni/Riva
Wenn Riva ein klassisches Runaboat elektrifiziert, müssen Optik, Verarbeitung und Performance den Erwartungen der erlesenen Kundschaft entsprechen. Wir testen die brandneue Riva El Iseo

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Mit der El Iseo stellt die italienische Nobelmarke Riva ihr erstes vollelektrisches Runaboat vor. Wir fuhren das Boot auf seinem Heimatrevier am Stammsitz der Werft in Sarnico, dem Lago d’Iseo in Norditalien. Basierend auf der bekannten Verbrenner-Version des 27-Fuß-Sportbootes, mit der sich das E-Modell den Rumpf, die Decksform und den Innenausbau teilt, weist zunächst nichts auf Ihre Antriebstechnik hin. Lediglich der Mercruiser Bravo 3 XR-Antrieb läßt eine leistungs- starke Motorisierung vermuten. Bei der Farbgebung orientierten sich die Desi­gner am klassischen Riva-Spektrum, ohne jedoch eins zu eins zu kopieren. So präsentiert sich das Testboot in einem edel anmutenden Blaumetallic, mit weißem Unterwasserschiff, hellen Leder­polstern und, wie sollte es anders sein, einem Echtholzdeck mit polierten Edelstahl­applikationen. Riva-Style halt.

Der typische Weg ins Cockpit

Wir betreten die EL Iseo vom Heck her über die holzbelegte Badeplattform. Wie bei klassischen Rivas üblich, führt der weitere Weg ins Cockpit über die gut gepolsterte und mit hellem Leder bezogene Liegefläche. Im Cockpit angelangt, nimmt man entweder in der u-förmigen Sitzgruppe, in der rund sechs Personen Platz finden, oder am Fahrstand Platz. Fahrer und Beifahrer sitzen auf breiten, straff gepolsterten Sitzen. Haltegriffe sind hier vorhanden, an der hinteren Sitzgruppe dürften Mitreisende sie spätestens bei hohen Geschwindigkeiten jedoch vermissen.

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Wir machen es uns hinter dem hochwertig verarbeiteten Lenkrad mit Riva-Emblem bequem und staunen erst einmal nicht schlecht über die mannigfaltigen Daten, die uns das bordeigene Infosystem auf dem Glascockpit zur Verfügung stellt. Von Drehzahlen über Drehmomente, Trimmwinkel, Reichweite, Stromverbrauch, Leistungsaufnahme, diversen Temperaturen bis hin zur Wassertiefe bietet der gut dimensionierte Flachbildschirm dem Skipper alle erdenklichen Informationen. Und das in einer grafisch sauberen und optisch ansprechenden Form. Links neben der Motorinstrumentierung befindet sich ein Simrad-Kartenplotter für die Navigation.

Die elektrische Einhebelschaltung befindet sich rechts vom Fahrer und ist butterweich zu bedienen. Gleiches gilt für die elektrische Lenkung, deren maximaler Einschlagwinkel sowie das Ansprechverhalten vom Bordcomputer der Fahrtgeschwindigkeit angepasst werden, um allzu wilde Manöver bei hohen Geschwindigkeiten zu vermeiden, doch dazu später mehr. Die Verarbeitung und die Arbeit der Bootsbauer darf Umgangssprachlich als „pico bello“ bezeichnet werden. Riva-Qualität, wohin das Auge schaut.

Fahren und Manövrieren mit der Riva El Iseo

Wie bei leistungsstarken E-Booten üblich, verfügt die EL Iseo über mehrere Fahrmodi. Von „Adagio“ (langsam) über „Andante“ bis zu „Allegro“ (schnell) reichen die aus der Musik bekannten Bezeichnungen. In der langsamen Gangart Adagio ist das Tempo auf eine Verdrängerfahrt von rund 5 kn begrenzt. Das sorgt für Sicherheit bei Hafenmanövern und hohe Reichweiten von bis zu 50 sm. Wer, wie wir, schneller unterwegs sei will, drückt auf „Allegro“ und darf sich über rund 340 kW „Peakpower“ freuen.


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Doch zunächst lassen wir es gemach angehen. Wir verlassen den Werftsteg mit gemütlichen viereinhalb Knoten, das Amperemeter zeigt 23 A, als Betriebsspannung liegen 666 Volt an, und die angezeigte Reichweite beträgt knapp die oben genannten 50 Meilen. In dieser Fahrstufe verhält sich das Boot überaus gutmütig. Gewichtsverlagerungen haben keinen Einfluss auf den Kurs, Hafenmanöver gelingen dank Z-Antrieb spielend, und von einer echten Geräuschentwicklung kann keine Rede sein.

Elektrisches Gleitboot mit 24 sm Reichweite

Bei 2000/min überschreitet das Boot seine Rumpfgeschwindigkeit, ein für jedes Gleitboot ungünstiger Zustand. 10 kn bei einer Leistungsaufnahme von 90 kW und 140 A Strom reichen noch nicht aus, das mit fünf Personen fast vollbesetzte Boot ins Gleiten zu bringen. 500 Umdrehung mehr, und bei 16 kn beginnen wir zu gleiten. Noch nicht perfekt, aber deutlich wirtschaftlicher. Knapp 20 sm wären so theoretisch zu schaffen. Bei 2800/min liegen 24 kn an, und das Boot gleitet trotz kabbeliger See in perfekter Fahrt übers Wasser. Spritzwasser wird seitlich abgewiesen, aufkommender Regen und ein frischer Seitenwind leider nicht. Als Geräuschquelle sind Wind und Wellen nun deutlich dominant, vom Motor nimmt man nur ein unaufdringliches sonores Brummen wahr. Die rechnerische Fahrdauer beträgt nun ziemlich genau eine Stunde, was einer Reichweite von 24 sm entspricht. Sicher keine Offenbarung, aber für ein elektrisches Gleitboot mit einem Testgewicht von fast 5 Tonnen mehr als respektabel.

Wir schieben den „Gashebel“ weiter durch und erreichen bei kurz über 4000 Umdrehungen pro Minute 40 kn und damit die Werftangabe. Die Leistungsanzeige signalisiert 314 kW Aufnahme – Volllast. Die bei dieser Geschwindigkeit durch die Kupferadern fließenden 500 Ampere leeren die Akkus in Windeseile. Im Klartext: Nach 15 bis 20 Minuten wären die Akkus restlos leer. In der Praxis wird dieser Zustand jedoch durch eine Sicherheitsschaltung verhindert. Der Bordcomputer sorgt für eine Begrenzung der Geschwindigkeit bei niedrigen Ladezuständen.

Die Fahreigenschaften sind durchweg als gut und sicher zu bezeichnen. Nicht unerheblichen Anteil daran hat die eingangs genannte E-Lenkung, die scharfe Kurvenfahrt von vornherein ausschließt. Weiterhin läuft der von der Verbrenner-Schwester übernommene Rumpf spurtreu, auch wenn er bei steilen kurzen Wellen zuweilen hart einsetzt. Erstaunlich: Die bei Highspeed-Elektrobooten teilweise zu beobachtende Temperaturproblematik sucht man beim Antriebsstrang der El Iseo vergebens. Während des gesamten Testprozederes blieb die Motortemperatur unter der 80-Grad-Marke, was für eine wirkungsvolle Flüssigkeitskühlung spricht. Gleiches gilt für die ebenfalls gekühlten Batteriezellen. Auch hier keine Anzeichen übermäßiger Erwärmung trotz hoher Beanspruchung am Testtag.

Die Technik der Riva El Iseo

Noch ein paar Worte zur Technik: Angetrieben wird die El Iseo von einem amerikanischen Parker GVM 310-Motor. Die Höchstleistung wird mit über 340 kW angegeben, als Dauerlast schreibt der Hersteller 250 kW ins Datenblatt. Die Betriebsspannung des permanent erregten Wechselstrommotors beträgt 650 Volt. Die dazu nötige Spannungsversorgung übernehmen zwei Lithium-Batteriepacks des italienischen Herstellers Podium-Tech mit einer Gesamtkapazität von 150 kWh, was in dieser Bootsgröße sehr ordentlich ist. Sie liefern 800 Volt bei einer Energiedichte von mehr als 200 Wh pro Kilo. Das sind respektable Werte in der Boostszene. Zertifiziert sind Boot und Antrieb durch die italienische Klassifizierungsgesellschaft RINA.


Technische Daten

  • CE-Kategorie: C/6
  • Länge über alles: 8,35 m
  • Breite: 2,50 m
  • Verdrängung: 4,36 t
  • Max. Geschwindigkeit: 40 kn
  • Motor: Parker: GVM 310
  • Max. Leistung: 340 kW
  • Dauerleistung: 250 kW
  • Akkutyp: Podium-Tech, Hochvoltbatterie Akkukapazität: 150 kWh
  • Preis: auf Anfrage
  • Händlernachweis unter: www.riva-yacht.com

Messergebnisse


Fazit

Die Riva El Iseo ist ein ausgewogenes Gesamtpaket aus erprobtem Rumpfkonzept, starkem Motor und leistungsfähiger Batterietechnik.

Verpackt im klassischen Chic eines italienischen Runaboats dürfte sie ihre potenziellen Käufer nicht enttäuschen. Der endgültige Verkaufspreis des Bootes stand bei Redaktionsschluss jedoch noch nicht fest – lassen wir uns überraschen.

Vorteile der Riva El Iseo

  • + Gute Fahreigenschaften
  • Wirkungsvolle Wasserkühlung
  • Hohe Batteriekapazität

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