Eine Schicht nach der anderen. Gleich dem Entstehungsprozess eines Bauteils mittels additiver Fertigung geschieht auch die Implementierung des 3D-Drucks im Yachtbau. Waren es zunächst maßstabsgetreue Modelle oder Bauteil-Muster im Rahmen des Entwicklungsprozesses (Rapid Prototyping), entstanden ab 2019 Boote unter zehn Metern Länge mithilfe durchgängig additiver Verfahren.
Moi Composites brüstete sich Ende 2020 mit dem ersten 3D-gedruckten Glasfaserboot der Welt und ging aus einem Spin-off des Mailänder Polytechnikums hervor. Der beinahe-Katamaran „Mambo“ (Motor Additive Manufacturing Boat) ist 6,50 Meter lang, überaus frei geformt und hat zwei Rümpfe vorn, aber achtern ein geschlossenes Heck. Viele kleine Sektionen brachten zwei algorithmusgesteuerte Industrieroboter hervor, die zu einer durchgängigen, 800 Kilogramm schweren Rumpfstruktur laminiert wurden. Der Verbund soll von den mechanischen Eigenschaften her mit solchen aus unidirektionalem Fiberglas vergleichbar sein.
Noch früher für Aufsehen sorgte „3Dirigo“ von den Polytechnikern der Universität von Maine (UMaine). Bereits 2019 gelang es den Ingenieuren von der US-Ostküste eine über alles 7,80 Meter messende Mittelkonsole mit einem 3D-Polymer-Drucker und teils biobasierten Rohstoffen wie Zellulose-Filamenten herzustellen. Der Rekord-Rumpf musste noch aus dem mit ausgedruckten Gestell gefräst werden und hatte einen gewichtiger Nachteil: Fahrbereit brachte das Rillenboot 2.260 Kilogramm auf die Waage. Ein konventionell laminiertes und vollausgestattetes Sportboot gleicher Länge verdrängt etwas weniger als die Hälfte.
Eine gedruckte Premiere auf zwei Rümpfen präsentierte V2 Boats Anfang 2025. Für die Spanier materialisierte ein Roboter von Caracol einen sechs Meter langen Katamaran. Das Unternehmen aus dem Norden Mailands setzt seit 2015 auf die großformatige additive Fertigung, die auf dem 3D-Druck basiert und bei der Werkstücke auf Grundlage eines digitalen Modells durch schichtweises Hinzufügen von Material entstehen. Den eigentlichen Auftrag von faserverstärkt-thermoplastischem Granulat erledigt eine beheizte Düse mit acht Millimeter Durchmesser.
Bewegt wird das Spritzmodul von einem Sechs-Achs-Roboter von Kuka, der über eine zwölf Meter langen Schiene vorprogrammierte Bahnen abfährt. Für die monolithische Struktur des Katamaran benötigte die Düsen-Roboter-Einheit 160 Stunden am Stück. Das Nettogewicht des 500 x 230 x 150 cm großen Rumpfkörpers: 1.200 Kilogramm. Laut Caracol ist es die geeignete Fertigungsmethode für hochgradig anpassbare Designs – bei effizientem Materialeinsatz und erheblicher Reduzierung der Umweltbelastung. Der Formenbau fällt weg, es soll 30 Prozent weniger Abfallprodukte geben und der Kasko zu 90 Prozent recyclebar sein.
Caracol informiert, dass Design- und Slicing-Phase aufgrund der beträchtlichen Bootsgröße und der komplizierten Geometrien zusätzliche Zeit erforderte. Viele dieser vorbereitenden Schritte – wie Feinabstimmung der Prozessparameter, die Optimierung des strukturellen Gleichgewichts mit der Druckbarkeit und die Planung der Nachbearbeitung – seien jedoch ein einmaliger Aufwand pro Bootsmodell. Nach abgeschlossener Optimierungen, können die Parameter auf mehrere Drucke übertragen werden, was die Vorbereitungszeit für nachfolgende Drucke erheblich reduzieren und den Produktionsprozess rationalisieren soll. Nach dem Druck folgt auf die Endbearbeitung per CNC-Fräse, die Gelcoat-Beschichtung und Lackierung.
Auf ähnliche Technik vertrauen Start-ups in weiteren Ländern wie Schweden oder den Niederlanden. Dort hat Tanaruz sogar ein Kajütboot in Planung, das ein 3D-Drucker des schweizerisch-schwedischen Elektrokonzerns ABB baut. Auf die Zusammenarbeit mit der TU-Delft setzt Impacd Boats für ihre Schaluppen, deren 3D-gedruckte Herkunft sich am rohen Finish mit Rillen ablesen lässt. Ihre „Bootsbaumaschine“ füttern die Niederländer mit Filament aus recycelten PET-Flaschen.
Ehe Superyachten als Ganzes aus dem Drucker kommen, dürfte es noch dauern. Die Ferretti-Gruppe aber fertigt additiv mehrfach gewundene Lüftungsgitter für die Pershing GTX116. Mit Hilfe der Gerätschaft von Caracol will die italienische Werftgruppe die Durchlaufzeit für dieses Teil um 50 Prozent, den Ausschuss um 60 Prozent und das Gewicht um 15 Prozent verringert haben.
In eigenen Hallen betreibt die Ferretti-Gruppe großformatige 3D-Drucker des italienischen Herstellers Wasp. Das sind kompakte geschlossene Gehäuse, wie man sie von kleineren Geräten kennt. Die Düsen der Power 45 HDP werden mit Granulat aus glasfaserverstärktem und teils recyceltem Kunststoff gefüttert und arbeiten in einem Innenraum von 110 x 200 x 50 Zentimeter. Daraus kamen bereits Luken, klappbare Schubladen, Armaturenbretter und Sitzhalterungen für Ferretti Yachts.