Katamarane im Test - Nimm Zwei

Katamarane im Test - Nimm ZweiFoto: BOOTE

Highspeed, reichlich Platz und ein Hauch von Luxus ist auch dabei: Die Popularität der Katamarane nimmt stetig zu

Katamarane bieten jede Menge Platz, beanspruchen ihn aber auch. Besonders im Hafen. Und das liegt viel weniger an ihren Manövriereigenschaften als an ihren Abmessungen. Sie machen sich sprichwörtlich breit. Das Liegeplatzproblem ist in unseren Breitengraden kaum lösbar. Weiter im Süden legt man sie – auch das ist sprichwörtlich gemeint – einfach an die Kette.

Das heißt, römisch-katholisch rückwärts an die Pier. Festgemacht wird mithilfe einer Muring. Ein wichtiger Vorteil des Katamarans ist der geringe Strömungswiderstand. Der spart Sprit und macht ihn mit der entsprechenden Motorisierung enorm schnell. Wie schnell, zeigt die Rennszene, in der Doppelrumpfboote dominieren.

Wichtig für Ottonormalbootfahrer: Katamarane, sagt BOOTE-Mitarbeiter Hartmut Brandt, sind bei günstigem Energieverbrauch weitaus schneller als herkömmliche Monohull-Boote. Bleibt die Frage nach den Rauwassereigenschaften.

Der pensionierte Prof. der TU Berlin attestiert Katamaranen ein gutes Seeverhalten. Ihre große Breite verhindert größere Krängungswinkel und Rollbewegungen. Nachteil: Bei höheren Geschwindigkeiten kann es an Deck richtig nass werden. Voraussetzung für gute Seetauglichkeit ist, dass die Decks und Rümpfe verbindenden "Beams" genügend Freiraum zur Wasseroberfläche gewährleisten. So weit Professor Hartmut Brandt.

Nur vom Feinsten. Inspiriert vom Design der Supersportwagen kreiert Sunreef einen Katamaran der Extraklasse. Die enorme Breite schafft Platz für einen Salon im Ballhaus-Format und eine Eigner-Suite mit Bad und Terrasse. Darüber hinaus gehören drei Gästekabinen und eine Fly mit Bar und Whirlpool zum Standard. Dass Wünsche wie ein Fitnesscenter in der Beletage realisiert werden, versteht sich von selbst.

	Infos: http://www.sunreef-yachts.com
Foto: Werft

Abseits der Rennstrecke werden Katamarane fast immer möbliert. Sportliche Charakter- und Fahreigenschaften spielen eine Nebenrolle. Wichtig ist Platz. Und den gibt es in der Regel en masse. Ein Paradies für Vercharterer.

Bei den Vermietern stehen die Anzahl der Betten sowie pflegeleichte Einbauten und Installationen an erster Stelle. Funktion ist gefragt, einen Schönheitspreis will eigentlich keiner gewinnen. Die Ausnahme der Regel sind Eigneryachten. Hier stehen große Räume, exklusive Ausstattung und Komfort auf dem Wunschzettel ganz oben. Kleine Kammern, Etagenbetten und abwaschbarer Kunststoff sind bei dieser Kundschaft ein No-Go.

Der Eigner will und bekommt etwas Besonderes. Und das ist ein modernes Design, innovative Antriebstechnik, die neueste Navigations- und Kommunikationselektronik, edle Hölzer, feine Stoffe und eine maßgeschneiderte Raumaufteilung. Man will und kann sein eigener Innenarchitekt sein.

Im Mittelpunkt des Bordlebens steht häufig ein rundumverglaster Decksalon, in dem der Fahrstand, bequem gepolsterte Sofas, die komplett eingerichtete Bordküche und ein großer Esstisch ihren Platz finden. Bei schönem Wetter trifft man sich auf der Flybridge. Die ist in dieser Kategorie genauso ein Muss wie die Eigner-Suite mit separatem Bad, Schminktisch und einem Bett im XXL-Format.

Dass auch die Gäste bequem schlafen und ihr eigenes Bad haben, versteht sich von selbst. Platz gibt es reichlich. Auch für eine Beibootgarage oder großflächige Solarpaneele, die im Zusammenspiel mit modernster Batterietechnik die Option für einen elektrischen Antrieb bieten. Damit gewinnt man zwar keine Rennen, schont aber die Umwelt.

Fazit: Katamarane können häufig mehr als erwartet und steuern deshalb völlig zu Recht auf Erfolgskurs.

Test: Hypercat Pleasure

Der schwedische Hypercat Pleasure bietet Amateur-Rennfahrern neue Möglichkeiten, schnell, sicher und bald auch ECO-freundlich unterwegs zu sein

Modernes Design, leichter Kohlefaser-Rumpf, geprüftes Sicherheitscockpit und eine Geschwindigkeit von mehr als 100 Knoten. Die Eckdaten des Hypercat Pleasure versprechen Adrenalin pur und setzten Maßstäbe im Freizeitboot-Bereich.

Die Reaktionen der High-Speed-Szene ließen nicht lange auf sich warten. Nachfrage kommt von allen Seiten – Bootinteressenten aus den USA, China und sogar der Karibik signalisierten bereits ihr Interesse.

Angefangen hat das ganze 2016. Das schwedische Racingteam Swecat Racing wollte ein neues Offshore-Rennboot für das Team haben. Ein Boot, das ideal auf die neuen Mercury-400R-Motoren angepasst sein sollte. Statt nur das alte Rennboot zu modifizieren, hat man bei Swecat Racing gleich ein ganz neues Boot zusammen mit den weltberühmten Konstrukteuren, Ocke und Ted Mannerfelt, konstruiert. Das Resultat sind zwei verschiedene Modelle; Hypercat Pleasure und Hypercat Racing.

Beide werden in Schweden entwickelt und produziert. "Pleasure" ist für den Freizeitmarkt und "normale Fahrer" bestimmt und soll ab Anfang 2019 in die Serienproduktion gehen. "Race" ist für das Offshore-Rennfahren geeignet und wird schon ab 2019 an den Rennen der XCAT-Serien teilnehmen. Die ersten zwei Pleasure-Boote wurden verkauft, bevor sie gebaut waren.

"Damit konnte das Projekt Fahrt aufnehmen und die Finanzierung stand vom Start weg auf einer soliden Basis", so Niklas Sjöö, Besitzer und Geschäftsführer von Swecat Racing.

Doch wie fährt sich so ein High-Tech-Renner für Freizeitpiloten? Ich bin die Erste außerhalb des eigentlichen Racingteams, die von der Werft das Vertrauen bekam, das neue Kraftpaket zu testen. Ich bin ein wenig nervös und überprüfe, ob die Schwimmweste ordentlich sitzt, setze den überdimensionierten Helm über meinen Kopf und nehme im niedrig und speziell angefertigten Fahrersitz Platz.

Foto: BOOTE

Es ist Frühwinter in Stockholm und der anhaltende Regen bildet kleine Rinnsale an der schmalen Windschutzscheibe. Sobald ich die im Doppelpack installierten Mercury 400R-Motoren starte und Fahrt aufnehme, wird das Regenwasser durch den Winddruck effektiv zur Seite geschoben und die Sicht nicht mehr beeinträchtigt.

Ich beginne mit einigen langsamen Runden, um das Boot kennenzulernen und mir ein Gefühl für die Bedienung zu erarbeiten. Der Hypercat ist überraschend einfach zu fahren und das Risiko, die Geschwindigkeit zu unterschätzen, ist groß. Ich beschleunige langsam auf Marschgeschwindigkeit, die Instrumente pendeln sich bei 70 Knoten ein. Für mich fühlt sich das aber eher wie 25 kn in einem normalen Sportboot an. Das Fahrverhalten ist sicher und bequem.

Das Boot reagiert direkt, aber ohne jede Nervosität auf die kleinsten Lenkkommandos. Ich bin beeindruckt wie sicher und stabil der Katamaran-Rumpf auf seinen selbst erzeugten Luftkissen ruhig und völlig undramatisch über die Hecksee einer Passagierfähre geht. Die Bootsbreite von rund drei Metern sorgt für eine stabile Wasserlage und das viel zitierte "gute Gefühl" beim Fahrer.

Auch der Kraftstoffverbrauch ist beeindruckend. Bei 65–70 Knoten Fahrt verbrauchen wir nur rund 1,5 l/sm, das ist weniger als manch gleich großes Sportboot mit Mono-Rumpf, entsprechend groß ist auch die Reichweite des Bootes.

Es ist eine Sache, extrem schnell geradeaus zu fahren. Das Boot aber bei hoher Geschwindigkeit und Wellen auch bei Kurvenfahrt sicher im Griff zu behalten, das ist eine Herausforderung, dessen bin ich mir bewusst. Meine Nervosität weicht nach den ersten schnellen Kurven. Schnell zeigt sich, dass die Konstrukteure schon beim Rumpfentwurf auf ein möglichst sicheres und einfaches Fahrverhalten Wert legten.

Foto: BOOTE
Um weitere Sicherheit zu schaffen, bietet Swecat potenziellen Käufern einen zweitägigen Fahrkurs in Stockholm an, in dem Eigner der Umgang mit dem Boot in allen Situationen beigebracht werden soll.

Außerdem wird die Geschwindigkeit anfangs auf maximal 80 kn gedrosselt. Erst, wenn der Fahrer erfolgreich seine Fahrkompetenzen bewiesen hat, wird die Begrenzung aufgehoben und die maximale Geschwindigkeit von 100 kn erlaubt.

Das Design eines offenen Cockpits bedeutete eine Reihe von neuen Herausforderungen. Vor allem, wenn vier Personen bequeme und sichere Sitzplätze angeboten werden sollen. Erst nachdem eine spezielle Sicherheitszelle um das Cockpit installiert und von den Behörden genehmigt wurde, war das Team zufrieden.

Hinzu kamen Windkanal-Versuche, mit dem Ziel, den Gesamtluftwiderstand und vor allem die Windturbulenzen im Boot für die Passagiere zu minimieren.

Swecat Racing sieht im Hypercat darüber hinaus die ideale Testplattform, um verschiedene Motoren mit neuen Antriebsalternativen zu erproben. "Wir verfolgen aufmerksam die Entwicklung aller neuen Bootsantriebe, inklusive der Elektrovarianten. Bei der Auswahl und Berechnung von Batteriezellen der neuesten Generation haben wir viel Aufwand in Forschung und Entwicklung gesteckt, um unseren Katamaran auch für innovative Antriebe tauglich zu machen. Zusammen mit neu entwickelten Elektromotoren ist es jetzt möglich, eine wirklich hohe Leistung zu erreichen, die Verbrennungsmotoren in Sachen Performance nicht nach steht", sagt Niklas Sjöö.

Für die Zukunft wird sich Swecat auch neue Partner suchen, mit denen sie zusammen die nächste Generation, den sogenannten "Hypercat Electric", entwickeln möchten. "Wir wollen eine neue internationale E-Offshore-Rennklasse unter Führung der U.I.M gründen.

In diesem Segment werden wir zukünftig ein neues wettbewerbsfähiges Elektroboot für E-Offshore-Rennen anbieten können. Dass es dieses Boot dann auch in einer Pleasure-, also Freizeitboot-Variante geben wird, versteht sich für uns von selbst". Auch an einer geschlossenen Version des Bootes wird schon gearbeitet.

Diesen Artikel lesen Sie in der April-Ausgabe von BOOTE.