TestFountaine Pajot MY 44 - Doppelt fährt schneller

Peter Laessig

 · 05.12.2018

Test: Fountaine Pajot MY 44 - Doppelt fährt schnellerFoto: Werft

Mit der MY 44 legt die Werft zu und konzentriert sich nun auf Motorboot-Katamarane – die flott unterwegs sind

Bislang sind auf dem Markt in aller Regel Segelkatamarane zu Motorkatamaranen umgerüstet worden. So auch bei der französischen Werft Fountaine Pajot. Die Ansprüche der Kunden sind aber gestiegen. Es geht nicht mehr darum, dass sich nur ehemalige Segler nach Alternativen umschauen, sondern auch gestandene Motorbootfahrer, die beispielsweise ihrer großen Boote überdrüssig sind und sich nach kleineren mit reichlich Platzangebot umschauen.

Und das bedeutet, dass die schnellen Verdränger- Katamarane nicht mehr ganz den Ansprüchen genügen. Es muss schneller vorangehen.

Das hat Fountaine Pajot aufgegriffen und konsequent umgesetzt. Die Werft hat die bisherigen Segelbootrümpfe nicht mehr nur überarbeitet, man baut nun echte Motorkatamarane. Neben der MY 37 und der MY 55 wird nun ein komplett neues Boot angeboten: die Motoryacht 44.

Fenster rundum garantieren beste Sicht
Foto: Werft

Während uns schon die MY 37, vorgestellt im Dezemberheft 2015, einigen Respekt abverlangte, setzt die MY 44 noch eins drauf. Zumal Anregungen, die wir seinerzeit äußerten, aufgenommen und umgesetzt wurden. Wie zum Beispiel die Motorraum-Ansaugöffnungen, die sich auf der MY 37 noch beidseitig innen an den Cockpitdurchgängen zur Badeplattform befanden und dadurch für viel Lärm im Boot verantwortlich waren.

Auf der MY 44 sind sie nun da, wo sie hingehören: an den Rumpfaußenwänden. Oder, dass auf der MY 37 beide Steuerstände nicht so ausgestattet waren, wie man das sonst auf einem Motorboot erwartet. Davon ist nichts mehr übrig geblieben. Beide Steuerstände sind nun so, wie sie sein sollen: überwiegend funktional und mit Touchscreens von Garmin bestück (Extra), auf denen alles dargestellt werden kann, was es an Technik von Boot oder Motoren gibt.

Dem Design dagegen ist man treu geblieben und zeichnet die MY 44 unaufdringlich modern und zeitlos gediegen. Beibehalten hat man allerdings auch die scharfen Möbelecken und -kanten, die so auf einem Motorboot nichts verloren haben. Gebessert hat sich dafür der Gesamteindruck hinsichtlich der Verarbeitung, die nun erheblich besser ausfällt, aber für Feintuning noch Platz hat.

Nach dem Motto ‚wenn schon neu, dann aber richtig‘, ist auch das Antriebskonzept überarbeitet worden. Wo in der MY 37 noch herkömmliche Wellenantriebe für die Fortbewegung sorgten, greift die Werft nun tief in die Technikkiste und bietet die MY 44 ausschließlich mit IPS-Antrieben von Volvo Penta an, deren Motoren 260, 350 oder 435 PS leisten. Beide Motorräume sind von oben gut zugänglich, und man kommt an alles ohne Probleme heran, was an Technik verbaut ist. Das dazugehörige Sicherungs- und Hauptschalterpaneel ist im Niedergang zur Eignerkabine untergebracht. Optisch unpassend: In den Motorräumen ist nur der Rumpf mit Schutzfarbe versehen, der Decksaufbau nicht. Vorhin noch ein Lob, da bekommt die Be- und Entlüftung aufgrund ihrer strömungsungünstigen Kanalverlegung nun ein Minus. Das gedenkt man anzupassen. Kritik gilt den unbehandelten Durchbrüchen, an denen Kabel und Rohrleitungen im Laufe der Zeit Schaden nehmen können. Den fehlenden Wasseralarm an den Kraftstoffvorfiltern monieren wir, lobenswert hingegen ist die Ausführung: je zwei Vorfilter mit Umschalter.

Wir fahren die stärkste Version mit zwei IPS 600 und jeweils 435 PS unterm Deckel auf dem Mittelmeer vor Palma de Mallorca. Zwar "nur" 44 Fuß lang, aber auch knapp 22 Fuß oder 6,61 m breit – das sind beachtliche Maße, wenn es darum geht, im Hafen zu manövrieren. Legt man beide Fahrhebel auf Voraus, benötigt man Raum von knapp drei Bootslängen für einen Vollkreis. Ein Schalthebel auf Vorwärts und den anderen Rückwärts dreht die MY 44 nahezu auf der Stelle. Da sie aber mit IPS und somit auch mit Joystick ausgestattet ist, bereitet das Hantieren auf engem Raum keine Probleme. Da lässt sich die MY 44 auch bei Seitenwind oder Querströmung leicht an- oder ablegen.

Die langsamen Passagen absolvieren wir bei 1200 U/min oder mit Tempo 6 kn. Ab etwa 10 kn Fahrt (2000 U/min) signalisiert ein glatter Wasserabriss am Heck, dass unser Testboot zu gleiten beginnt. Die Höchstgeschwindigkeit messen wir mit 25 kn. Zwei Rümpfe, zwei Diesel-Tanks je 1 000 l reichen in langsamer Fahrt für einen theoretischen Aktionsradius von 1 530 sm plus 15 % Reserve.

Während wir bei der MY 37 keinen Fixpunkt ausmachen konnten, wo man in schneller Gleitfahrt ökonomisch unterwegs ist, gibt es ihn bei der MY 44. Nach Auswertung unserer Messwerte liegt er bei 2600 U/min und einem Tempo von 15 kn. Da kommt man etwa 350 sm weit, und bei Vollgas heißt es, sich nach circa 250 sm nach einer Bunkerstation umzuschauen, damit die Reserven nicht angegriffen werden. Dagegen ist nichts einzuwenden, die Reichweiten stimmen.

Beim Rauwassertest verfolgen wir eine Mallorca-Autofähre und durchfahren deren Hecksee in allen Richtungen. Das Ergebnis: in jeder Hinsicht stabil, soweit trocken und stets sicher. Laufen unter dem Testboot Wellen quer darunter hinweg, rollt es dank der zwei Rümpfe sozusagen mit Anschlag.

Wenn es auf der MY 44 eines nicht gibt, dann sind das Platz- oder Stauraumprobleme, weder in den Motorräumen noch auf oder unter Deck. Der gesamte Backbordrumpf ist alleine dem Eigner vorbehalten und im Rumpf gegenüber bieten zwei Kabinen Schlafplätze für Vier. Eine vierte Kabine ist vor dem Salon angesiedelt und entweder Crew oder weiteren Gästen vorbehalten.

Dass es auf dem Boot auch nicht an Bädern mit allem drum und dran mangelt, versteht sich von selbst. Dank der Bauweise kommen auch weder Salon noch die Flybridge zu kurz. Außen bieten breite Seitendecks, ein ausladendes Vorschiff sowie ein nicht minder großes Cockpit Platz für insgesamt 30 Personen für Binnenreviere. Auf See (CE-Kategorie B) erlaubt die Werft bis 16 Personen. Peter Lässig

Dieser Test erschien in BOOTE-Ausgabe 11/2017