Die hohe Schule der Seemannschaft ist nirgends so hart wie auf einem Großsegler. Aus diesem Grund genießt die Ausbildung unter Segeln auch einen besonderen Ruf, der noch aus der Zeit stammt, als „die Schiffe aus Holz“ und die Männer, die auf ihnen fuhren, „aus Eisen“ waren.
Dennoch war es nicht die romantisch heroische Verklärung des Wilhelminismus, die dafür sorgte, dass sich 1900 in Berlin der Deutsche Schulschiff-Verein gründete. Verantwortlich waren pragmatische Kaufleute: Der Seehandel des Kaiserreiches boomte und die deutschen Reeder benötigten Nachwuchs für ihre wachsenden Flotten.
Und die bestanden zu jener Zeit noch immer zu einem großen Teil aus Frachtseglern, die besonders auf Fernreisen schneller und wirtschaftlicher waren als kohleverschlingende Dampfer. Als viertes Schiff des Vereins lief 1927 die „Schulschiff Deutschland“ vom Stapel. Der Namenszusatz war dabei weniger ihrer kommenden Aufgabe geschuldet als der Tatsache, dass bereits das Panzerschiff gleichen Namens in Planung war.
Bis 1939 unternahm die "Schulschiff Deutschland" im Winter Ausbildungsfahrten in den Südatlantik, etwa nach Rio de Janeiro in Brasilien und Kapstadt in Südafrika. Insgesamt waren es zwölf dieser Überseereisen und 17 Sommer-Ausbildungsfahrten in die Nord- und Ostsee. Dabei wurden bis zu 12.000 Seemeilen zurückgelegt und Geschwindigkeiten bis zu 17 Knoten erreicht.
Trotz der Kriegsumstände und einer dezimierten Stammbesatzung wurden während des Krieges etwa 800 Offiziersanwärter ausgebildet. Am 15. April 1940 wurde die "Schulschiff Deutschland" in die Ostsee verlegt. Aufgrund zunehmender Luftangriffe wurde das Schiff im November 1941 nach Lübeck verlegt, von wo aus bis zum 1. Oktober 1944 weiterhin Ausbildungsfahrten in der Ostsee stattfanden.
Bei Kriegsende wurde das Schiff als schwimmendes Lazarett genutzt, danach als Wohnschiff für die in Cuxhaven von den Alliierten aufgestellten deutschen Minenräumeinheiten. Ab 1952 begann dann erneut der seemännische Ausbildungsbetrieb für Schiffsoffizieranwärter an Bord, allerdings nur noch stationär. Nach zwanzig Jahren endete diese Form des Unterrichts, bis 2001 wohnten noch angehende Schiffsmechaniker an Bord. Als Museumsschiff lag die “Schulschiff Deutschland” danach in Bremen-Vegesack, 2024 schließlich erfolgte der Umzug in Bremerhavens Neuen Hafen.
Das Segelschulschiff liegt im Neuen Hafen in Bremerhaven. Das letzte deutsche Vollschiff gibt Einblicke in die Handelsschifffahrt des 20. Jahrhunderts. Auf dem Offiziersdeck gibt es ein Bordmuseum. Man kann das Schiff auf eigene Faust erkunden oder ab zehn Personen eine Schiffsführung buchen.
Öffnungszeiten: Tägl., März–Oktober 10–18 Uhr, November–Februar 10–17 Uhr. Freitags und am 2. und 4. Samstag im Monat kann das Schiff für Trauungen für je eine Stunde gesperrt sein.
Preise: Erwachsene: 4,50 Euro, Kinder: 3,50 Euro, Familien: 12 Euro. Führung: Erwachsene 60 Min., 9 Euro, Kinder 30–45 Min., 6 Euro. Tel.: 0471/30055597, Internet: schulschiff-deutschland.de
Anreise per Boot: Inmitten der Havenwelten liegt die Lloyd Marina Bremerhaven. Tel.: 0471/1428690, Schleuse Neuer Hafen: UKW-Kanal 69, Tel.: 0471/9412840.