TestLinssen Classic Sturdy 36 Deckbridge - Stahlkaskos: Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge

Peter Laessig

 · 29.09.2015

Test: Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge - Stahlkaskos: Linssen Classic Sturdy 36 DeckbridgeFoto: Morten Strauch
Test Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge | ge

Linssen CS 36 Sedan Deckbridge: Von den Stahlyachtspezialisten kommt ein Verdränger mit Freilichtbühne und außergewöhnlichem Aufgang zur Fly.

Dass sich seine 1949 gegründete Firma vom Bau von Steuerrädern zu einem der führenden Stahl-Motorbootbauer entwickelt, hätte sich der Niederländer Jac. Linssen vermutlich nicht träumen lassen. Seit 2011 liegt das Geschick der familiengeführten Werft fest in den Händen von Yvonne, Jac und Ruben Linssen, der dritten Generation, die dieses Jahr das 66. Jubiläum der Firma feiern.

Am "laufenden Band" werden in Maasbracht und Echt Boote in drei Kategorien von zehn bis knapp 18 Meter Länge gebaut. Dabei bedient man sich des Serienbaus, bei dem Computer von Anfang bis Ende über die Zuschnitte von Stahl und Holz herrschen. Das hat den großen Vorteil, dass alles, was hergestellt wird, jederzeit passt. Von Nachteil ist aber auch, dass Kundenwünsche, sogenannter Custombuild, oder auf deutsch, Boote nach Kundenwunsch gebaut an konstruktionsbedingte Grenzen stoßen können.

Dass die Stahlkaskos in eigener Regie zusammengeschweißt, gestrahlt und in einer eigenen Lackierhalle von innen und außen mit den entsprechenden Schutzfarben, Lacken und Antifoulings überzogen werden, ist genauso Firmenphilosophie, wie der Umstand, dass auch alles, was mit Holz zu tun hat, selbst gefertigt wird. Technik und Elektronik kommt von außerhalb.

Insgesamt kann man über die Verarbeitung nicht meckern, bestenfalls über die eine und andere Ausführung, wie die versteckte Anordnung des Motor-Batteriehauptschalters im Motorraum. Er ist ein Opfer der modulen Bauweise. Der Bordnetzhauptschalter samt Sicherungen findet sich dagegen gut zugänglich unter der Salonsitzbank.

Test Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge
Foto: Morten Strauch

Und, während das Holzinterieur innen den erwartet ordentlichen Eindruck hinterlässt, vermittelt die Lackierung der Salontür aufgrund der rustikalen Lackierung den smarten Charme einer Hafenbarkasse.
Der Wunsch der Deckbridge-Yacht stammt aus der Schweiz und wurde in enger Zusammenarbeit mit dem dortigen Linssen-Händler entwickelt. Herausgekommen ist ein Boot mit Flybridge, zweitem Steuerstand, Tisch, Sitz- und Liegemöglichkeiten.

Das Besondere ist der Aufgang nach oben, der üblicherweise achtern aus dem Cockpit erfolgt und auf der Fly Platz wegnimmt. Auf dem Testboot befindet er sich vorn. Man steigt von den Seitendecks auf das Kabinenvordach und von dort auf die Treppe nach oben. Damit das ohne Gefahr vonstattengeht, sorgen passend montierte Handläufe für guten Halt.

Oben nimmt der Skipper an Steuerbord in einem Schalensitz Platz und Beifahrer gegenüber auf der Sitzbank. Zur Ausstattung oben zählen Pantry (Extra), Sitzbank mit Tisch, klappbarer Mast und die Sonnenliege achtern. Durch den offenen Durchstieg strömt stets Frischluft und auch sonst ist man als Fahrer dem Fahrtwind ungeschützt ausgesetzt. Damit endet die Besonderheit und der Rest darunter ist ein gewöhnlicher Stahlverdränger mit einer Kabine samt Doppelkoje im Vorschiff und separatem Bad mit WC, das für alle zugänglich ist. Eine gute Idee ist die Couch im Salon, die man mit wenigen Handgriffen zum Doppelbett wandeln kann. Die Salonpantry mit Gaskocher gehört zur Serienausstattung.

Test Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge | geFoto: Morten Strauch
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Bei der Motorenauswahl gibt es keine Option: Ein D2-75 von Volvo Penta stemmt 75 PS auf die Welle. Damit erreicht das Testboot erst mit Anlauf geradeso seine theoretische Rumpfgeschwindigkeit von 7,5 kn. Schnell fließende Gewässer, wie der Rhein auf Höhe des Binger Lochs, können hier je nach Pegel zum Problem werden. Die Reichweiten unseres Testbootes sind wie bei jedem Verdränger von Geschwindigkeit und Drehzahlen abhängig.

Dreht der Motor 900 U/min, kommt man mit einer Tankfüllung bei einem Tempo von 3,0 kn theoretisch 1514 sm weit. Bei Vollgas mit 7,5 kn erreicht man 140 sm, bis die Tankreserve von 15 % angegriffen wird. Die vom Boot erzeugten Wellen nimmt man bei 1500 U/min oder einem Tempo von 5,1 kn kaum wahr, sie fangen erst ab 2000 U/min oder 6,0 kn Fahrt an, sich zu entwickeln.

Die Linssen folgt jedem Einschlag direkt und fährt bei Volleinschlag einen Kreis mit einem Durchmesser von etwa 1 ½ Bootslängen. Für den geraden Kurs in Rückwärtsfahrt bedient man sich des serienmäßigen Bugstrahlruders. Voraus hält das Boot ihn, einmal eingeschlagen, bei. Zwei große Klappen machen im Salon den Weg in den Motorraum frei, wo man an alles für Service und Kontrolle – mehr und weniger bequem – herankommt. Kritik gilt dem Kraftstoffvorfilter: kein Wasseralarmsensor.

Test Linssen Classic Sturdy 36 Deckbridge | geFoto: Morten Strauch
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Die Zug- und Druckkräfte der Antriebswelle werden von einem separatem Drucklager aufgefangen und ein homokinetisches Lager dient als Verbindung zwischen Welle und Motor. Dadurch kann man den Motor weich lagern, weshalb erzeugte Vibrationen kaum über die Fundamente weitergeleitet werden. Zusammen mit dem schwimmend verlegten Salonboden (zwischen Stahl und Holzboden liegt Schaumstoff) sorgt das für moderate Schalldruckwerte.

Die haben wir in voller Fahrt im Salon über dem Motor mit maximal 68 dB/A und im Cockpit mit 76 dB/A gemessen. Das ist optimal, hat aber auch einen Nachteil. Man hört, was man sonst nicht hört: die "singenden" Schalt- und Gaskabel. Beide Fahrstände sind übersichtlich gestaltet und mit dem Notwendigsten ausgestattet. Nur Lot und kein serienmäßiger Kompass ist uns für ein Boot, das in küstennahem Gewässer unterwegs ist (CE C) zu wenig. Lob gebührt dem reichhaltigem Stauraum und der Kunststoff-Wieling, die den Namen Scheuerleiste verdient.

Fazit
Die Linssen Classic Sturdy 36 Sedan Deckbridge ist ein Boot für Zwei, das auch mal Gäste für einen längeren Törn mit an Bord nehmen kann. Wie sich das Boot auf See verhält, wissen wir nicht, da unser Testrevier kaum Wellen aufwies. Bei der Motorisierung wünscht man sich etwas mehr Leistung. Die Verarbeitung gibt keinen Anlass zur Kritik.

Datenblatt: Linssen Classic Sturdy 36 Sedan Deckbridge

Werft: Linssen Yachts B.V.

Typbezeichnung: Linssen Classic Sturdy 36 Sedan Deckbridge

CE-Kategorie: C - Küstennahe Gewässer

Material von Rumpf und Deck: Stahl

Länge: 11,10 m

Breite: 3,45 m

Verdrängung: 10,00 t

Preis: 353.000,00 €