Wrackfund vor AntikytheraTiefe gibt Schiffbaugeheimnisse aus der Antike frei

Lasse Johannsen

 · 18.07.2025

Wrackfund vor Antikythera
Foto: ESAG
Archäologen haben ein Teil des antiken Schiffswracks von Antikythera geborgen und unter die Lupe genommen. Die miteinander verbundenen Holzplanken bieten Einblicke in die Bauweise des Frachtschiffs, das vor über 2.000 Jahren sank. Taucher fanden zudem eine lebensgroße Marmorstatue und weitere Teile der wertvollen Ladung an Bord.

Das fragile Fragment des Bootskörpers konnte dank einer speziell entwickelten Stützstruktur unversehrt an die Oberfläche gebracht werden. Es besteht aus drei Schiffsplanken, die noch mit einem Spant verbunden sind und nun spannende Einblicke in die Konstruktion und Herkunft des Wracks bieten.

Antike Schiffbauweise entschlüsselt

Erste Analysen enthüllten, dass die Planken aus Ulme und Eiche gefertigt waren und aus der Zeit um 235 vor Christus stammen. Ihre Anordnung entspricht der für die damalige Zeit typischen Bauweise. Bei dieser sogenannten “Shell-First-Methode” wird zuerst die Rumpfschale gefertigt, und erst danach die innere Struktur. Das entspricht der gängigen Schiffbauweise im Mittelmeerraum der frühen Antike.

Zweites Wrack in unmittelbarer Nähe

Noch spannender ist jedoch, was die Unterwasserarchäologen an einer zweiten, nur rund 200 Meter vom Wrack entfernten Stelle auf dem Grund entdeckten. Dort waren schon früher zahlreiche Keramikgefäße und -scherben gefunden worden. Bislang war jedoch unklar, ob es sich dabei um Ladung des bekannten Antikythera-Wracks handelte oder um Funde aus einem zweiten Schiff.

Die neuen Ausgrabungen belegen nun eindeutig, dass es sich tatsächlich um Teile aus dem Wrack eines zweiten Schiffes handelt. Dieses zweite Handelsschiff hat den Forschern zufolge etwa zur gleichen Zeit wie das erste und mit ähnlicher Ladung dieselbe Küstenroute befahren. Möglicherweise waren die beiden Schiffe sogar im Geschwader unterwegs, um ihre wertvolle Fracht nach Rom zu bringen.

Die von den Forschern als äußerst wertvoll bezeichnete Entdeckung wirft ein neues Licht auf den antiken Seehandel in dieser Region und könnte wichtige Erkenntnisse über Handelsrouten und -praktiken liefern.

Rätsel um den Untergang der Frachtschiffe

Warum die beiden antiken Handelsschiffe vor Antikythera sanken, bleibt allerdings noch ein Rätsel. Theoretisch wäre sowohl ein Sturm als Ursache denkbar als auch ein Angriff von Piraten, die damals in dieser Region ihr Unwesen trieben. Analysen einiger Holzteile des Wracks von Antikythera legen zudem nahe, dass das Schiff zum Zeitpunkt seines Untergangs für damalige Verhältnisse schon ziemlich alt und möglicherweise morsch war. Auch eine Kollision der beiden Schiffe miteinander wäre denkbar.

Die Archäologen hoffen, dass die jetzt von ihnen am Meeresgrund und von den Schiffsresten entnommenen Proben mehr Aufschluss über das Schicksal der beiden antiken Frachter bringen. Die Proben werden zurzeit noch in einem geoarchäologischen Labor analysiert. Die Ergebnisse könnten nicht nur das Rätsel um den Untergang der Schiffe lösen, sondern auch wertvolle Informationen über die Lebensdauer und Belastbarkeit antiker Handelsschiffe liefern.

Wertvolle Fracht gibt Einblick in antiken Luxushandel

Neben den aufschlussreichen Schiffsteilen bargen die Taucher auch weitere Teile der kostbaren Ladung. Darunter befand sich eine lebensgroße Marmorstatue, die den hohen Wert der transportierten Güter deutlich macht. Denn das Frachtschiff war vollbeladen mit Luxusgütern der damaligen Zeit, darunter Keramiken, Marmorstatuen und sogar ein bronzener Thronsessel. Der berühmteste Fund im Wrack ist jedoch der Antikythera-Mechanismus – ein bis heute rätselhafter “Himmelscomputer” der Antike.

Die neuen Funde erweitern die Kenntnisse über Umfang und Vielfalt des antiken Luxushandels im Mittelmeerraum. Sie zeigen, dass hochwertige Kunstobjekte und technologisch fortschrittliche Geräte wie der Antikythera-Mechanismus auf denselben Handelsrouten transportiert wurden. Das verdeutlicht die Bedeutung dieser Seewege für den kulturellen und technologischen Austausch in der antiken Welt.

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