An BordDelphia 11 Electric Sedan

Ralf Marquard

 · 26.07.2022

An Bord: Delphia 11 Electric SedanFoto: Phil Manizan

Probier’s mal mit Gemütlichkeit: Sie ist der Anfang einer neuen Denkweise, denn die polnische Werft erfindet sich in den Bereichen Antriebssysteme, Tourenverhalten und Umweltbewusstsein neu

Delphia wurde vor gut 30 Jahren in Polen gegründet und gehört seit 2018 zur Groupe Beneteau. Damit ist sie unter den Schirm eines der führenden Global Players gekommen. Delphia-Motorboote stehen für Kabinenboote mit praktischer Aufteilung für den Charterbereich und für Eigneryachten mit großzügiger Anordnung. Hier stehen Sedan-Modelle genauso auf der Liste wie die Flybridge-Ausführungen. Unser Testmodell, die Delphia 11, ist das Neuste und Modernste, was die Werft momentan zu bieten hat. Sie lässt sich als Ein-, Zwei- oder sogar Drei-Kabinen-Version ordern. Wobei die drei Kabinen wohl meist nur für den Charter­bereich bestellt wird. Wir fuhren mit der Zwei-Kabinen-Ausführung, die mit Toilette, Waschbecken und Dusche ausgestattet ist – zwei Nasszellen sind ebenfalls möglich.

Das ganz Besondere an unserem Boot ist jedoch der Antrieb, denn hier setzt die Werft auf einen E-Motor (Deep Blue 50i) aus dem Hause Torqeedo. Wieso geht die Werft diesen Schritt? Dazu Delphia: „Mit der Zukunft im Blick haben wir eine Palette von sieben Modellen von 9 bis 13 Metern entwickelt. 2024 stellt für uns einen wichtigen Meilenstein dar. Delphia wird einen Riesenschritt hin zur Umweltfreundlichkeit machen: Wir verzichten künftig auf Verbrennungsmotoren, und unsere Antriebe werden rein elektrisch. Dies ist der erste Schritt von Delphia in der Reduzierung unseres CO₂-Fußabdrucks, um die Welt ein Stück besser zu machen.“ Auch im Bereich der Materialien ist die Werft nachhaltiger geworden. Delphia hat für all das den Begriff „Mindful Cruising“ geprägt. Nicht nur der neue Motor, auch die Versorgung unterliegt natürlich einem neuen System. Hier kommen Batterie-Packs zum Einsatz, die Torqeedo zusammen mit BMW entwickelt hat. Das gesamte System ist eine sogenannte Hochspannungsanlage, die einen hohen Sicherheitsstandard bietet. Dazu gehören beispielsweise Batteriedämpfung, um die Batterien vor harten Stößen zu schützen, spezielle Hochvoltkabel, Isolationswächter, Battery-Venting und natürlich die Wasserdichtigkeit.


Das Boot

  • Werft: Delphia/PL
  • Typ: 11 Electric Sedan
  • CE-Kategorie: B/10 Personen
  • Länge über alles: 10,77 m
  • Breite: 3,85 m
  • Gewicht: 6.815 kg
  • Kojen (Testboot): 4
  • Motorisierung: Torqeedo Deep Blue 50i, 80 HP/55,1 kW
  • max. Motorisierung: 1x 150 PS Dieselmotor
  • Preis (mit E-Antrieb): ab 315.231 €
  • Händlernachweis: www.delphiayachts.com

Angeboten werden die Boote als LifeVersion mit 40-kWh-Pack und einem 3,3-kW-Single-Charger oder mit 80-kWh-Pack als „Cruise“ oder „Rapid“. In der Cruise-Version installiert die Werft einen 3x 3,3-kW-Triple-Charger (Aufladen mit 400 V und 230 V möglich) und bei der Rapid einen 22,0-kW-Fast-Charger. Letzterer lädt die Akkus natürlich am schnellsten nach, allerdings benötigt er dafür auch einen entsprechenden Landanschluss, da reicht die normale 230-V-Dose am Steg nicht mehr aus. So wie an den Power-Ladestationen fürs Auto braucht man auch hier Drehstrom mit entsprechender Stromstärke. In diesem Punkt engagiert sich Delphia ebenfalls, denn Martin Schemkes (Brand Director) hat schon bei der Politik angeklopft, um mit Fördergeldern möglichst viele leistungsstarke Ladesäulen in den Marinas installieren zu lassen.

Unser Vorführboot wurde extra für die Messe in Düsseldorf 2022 mit einem durchsichtigen Bo-
den ausgerüstet. Da die Messe bekanntermaßen ausfiel, waren Händler und Fachpresse die 
ersten Betrachter des neuen Antriebs sowie des Salonbereichs, Fahrstands und CockpitsFoto: Phil Manizan
Unser Vorführboot wurde extra für die Messe in Düsseldorf 2022 mit einem durchsichtigen Bo- den ausgerüstet. Da die Messe bekanntermaßen ausfiel, waren Händler und Fachpresse die ersten Betrachter des neuen Antriebs sowie des Salonbereichs, Fahrstands und Cockpits

Eine Säule von Torqeedo steht in unserem Vorführhafen in Makkum. Als wir morgens ankommen, sind die Akkus gut geladen, und es kann sofort losgehen. Die Einhebelschaltung ist wie bei den meisten Neubooten eine Elektronikausführung und kinderleicht zu bewegen. Erst einmal ungewohnt ist das Säuseln des Motors beim Herausfahren aus der Box, denn hier hört man so gut wie nichts, und man kann den Schub nicht so einfach einschätzen wie beim lauteren Verbrenner. Gleiches gilt beim Aufstoppen des Bootes. Ansonsten fährt sich die Del­phia Electric wie ihre „Artgenossinnen“. Sie läuft gut geradeaus und lässt sich entspannt steuern.

Die Fahrwerte, die wir von der Werft bekommen haben, zeigen folgende Eckpunkte: Bei maximaler Drehzahl erreicht das Boot eine Geschwindigkeit von 14,1 km/h, und es werden knapp 54 kW aufgenommen. Das Akku-System mit 84,4 kWh reicht abzüglich einer 15 % Reserve für eine Fahrzeit von gut 1 1/4 Stunden und eine Reichweite von 18,8 Kilometern. Dass Elektromotoren bei voller Fahrt recht viel Leistung aufnehmen, ist natürlich keine Überraschung, denn das ist ja schon aus dem Automobilbereich bekannt. Wenn wir die Fahrt auf 10 km/h drosseln, sieht die Reichweitenberechnung schon ganz anders aus: Die Leistung sinkt auf 12,8 kW, was eine Reichweite von etwa 56 km ergibt. In Wanderfahrt (etwa 8,0 km/h und 6,0 kW) kommt man bereits 98 km weit. Ist der nächste Hafen gefunden, legt man mit Heck- und Bugstrahlruder problemlos an. Das erledigt der Fahrer an einem Fahrstand, an dem es eine Seitentür gibt. Praktisch: Ist diese geöffnet, kann sich der Fahrer auf das Seitendeck stellen und von dort aus noch alle Bedienhebel gut erreichen. Außerdem sitzt direkt am Türausgang eine Mittelklampe, mit der man super einhändig das Boot festmacht oder schleust.

Im Bug befindet sich die Eignerkabine mit Doppelkoje und Panoramafenstern in den SeitenFoto: Phil Manizan
Im Bug befindet sich die Eignerkabine mit Doppelkoje und Panoramafenstern in den Seiten

Zum Relaxen oder um den Tag Revue passieren zu lassen, bieten sich außen zwei Lounges an: die Sitz-/Liegeeinheit im Bug und die U-Bank mit Tisch im Cockpit. Letzteres lässt sich mit einem großen Fenster und einer Tür zum Salon hin öffnen, sodass ein schöner großer Wohnraum entsteht. Direkt am Fenster steht dann die Salonsitzecke und gegenüber die gut angeordnete und ausgestattete Pantry. Zwischen Fahrstand und Salonsitzecke geht es eine Abteilung tiefer zu dem bereits erwähnten WC- und Dusch-Raum sowie zu den beiden Kabinen. Die Bugkabine mit großer Doppelkoje ist für den Eigner vorgesehen und die an Backbord mit etwa 1,40 m Breite für Gäste und Kinder. Die Gästekabine kann man auch ohne Koje bekommen und lässt sie sich etwa als Büro gestalten – vielleicht ja als mobilen Homeoffice-Arbeitsplatz.

Und wie sieht es im Motorraum aus? Da hat sich die Werft für ihr Vorführmodell etwas besonderes einfallen lassen: einen durchsichtigen Salonboden, durch den man den sauber installierten Motor mit Batterien und Regel- sowie Ladeeinheit sehen kann. Noch lassen sich an dieser Stelle auch Diesel­aggregate installieren – doch das ist ja bald vorbei.

Das Porträt der Delphia 11 Electric Sedan finden Sie in BOOTE-Ausgabe 08/2022 seit dem 13. Juli 2022 am Kiosk und online direkt im Delius-Klasing-Shop.