Torsten Moench
· 24.02.2018
Die italienische Cranchi-Werft steht wie kaum eine andere für den Begriff „Familienbetrieb“. Wir besuchten die Cranchis in ihrem Stammbetrieb am Comer See
Der Comer See ist bekannt für seine reizvolle Landschaft mit gediegenen Villen in Wasserlage – ein Paradies für wohlhabende Erholungssuchende aus aller Welt. Große Industrieansiedlungen oder gar Yachtwerften vermutet man hier eher weniger.
Und doch ist die Ortschaft Piantedo, gelegen am Nordostufer des Comer See, Standort einer der größten italienischen Motoryachtwerften: Cranchi. Als Holzbootwerft 1870 in San Giovanni di Bellagio gegründet, dauerte es rund 100 Jahre bis Aldo Cranchi, inzwischen in vierter Generation Bootsbauer, zusammen mit Tullio Monzino den neuen Werftsitz 1970 in Piantedo in Betrieb nahm.
Es war die Zeit des gerade aufkommenden Kunststoffbootsbaus, die der damals hochmodernen Werft einen wahren Auftragsboom bescherte. In der Folge stiegen Absatz und Bekanntheit.
So dauerte es nur wenige Jahre, bis die ersten Kunststoffboote "made in Italy" ihren Weg über die Alpen zu deutschen Händlern fanden. Mit den Jahren stiegen die Ansprüche der Kunden und damit auch die Bootsgrößen. Aus den zunächst offenen Sportbooten für den Tagestrip auf oberitalienischen Seen wurden Daycruiser, Kajütboote und schlussendlich ausgewachsene Motoryachten für den Hochsee-Einsatz.
Um den immer größeren Projekten gerecht zu werden, gründete man Anfang der 2000er Jahre Werft Nummer zwei in San Giorgio di Nogaro in Friaul Julisch Venetien (siehe dazu auch "Charter und Revier" in der März-Ausgabe von BOOTE). Hier befindet sich mittlerweile auch das Cranchi-Testzentrum, in dem interessierte Kunden jedes Boot vor der Anschaffung ausgiebig Probe fahren können.
Doch damit nicht genug. Nur knapp acht Jahre später investierte die nunmehr in fünfter Generation in Familienbesitz befindliche Werft erneut und schuf in Piantedo auf 140 000 Quadratmetern die "Seventy Plant 4". Eine hochmoderne Werft, angelehnt an die Produktionsprozesse der automatisierten Automobil-Industrie. Hier können jetzt Boote und Yachten jenseits der 50-Fuß-Grenze gebaut werden.
Computergestützte Lager-Logistik, moderne Laminier-Roboter und die Fließbandfertigung wichtiger Anbauteile garantieren effiziente Arbeitsabläufe. Gegen Ende meiner Werftbesichtigung sitze ich mit der heutigen Chefin Paola Cranchi am See und wir reden über das Erfolgsrezept ihrer Familie:
"Für uns stehen die Produkt-Qualität und die Kundenzufriedenheit an erster Stelle. Schließlich stehen wir mit unserem Namen für jedes einzelne Cranchi-Boot. Das ist eine große Verantwortung, die wir jedoch gerne annehmen – vielleicht unterscheidet uns das von manch anderem Anbieter".
Cranchi in Deutschland: Enjoy Yachting in Hannover, www.enjoy-yachting.de