Dieter Wanke
· 15.12.2022
Die Astondoa 377 Coupé bietet viele sonnige Plätze auf dem luftigen Deck und ist dank bester Seegängigkeit für die Küstenfahrt gut gerüstet
Astondoa ist eher unter Liebhabern größerer Yachten bekannt. Die spanische Traditionswerft aus Santa Pola, südlich von Alicante, fertigt seit 1916. Wie in jener Zeit üblich, begann der Betrieb mit Fischerbooten aus Holz. Nach einer Pause während des Spanischen Bürgerkriegs kamen auch Freizeitboote dazu. Erst in den 1980ern folgte der Materialwechsel von Holz zu Fiberglas, später auch zu Stahl und Aluminium. Bis 2006 war der Betrieb auf über 500 Mitarbeiter bei einem enorm großen Sortiment angewachsen.
Insgesamt verließen bisher über 3000 Boote das Werftgelände. Der Fokus des mittlerweile von der vierten Generation geführten Familienbetriebs liegt nicht auf Stückzahlen, sondern auf Qualität und hoher Fertigungstiefe. Von der Entwicklung bis zum Bau sämtlicher Teile wird alles im eigenen Betrieb erledigt. Aktuell werden fünf Linien angeboten. Die neue 377 Coupé, die noch durch die 677 Coupé ergänzt wird, ist das Einsteigerboot der Werft. Außerdem werden eine 66 Flybridge und die AS-Serie, bestehend aus der AS5 und AS8, sowie die Century-Modelle 100 und 110 angeboten, eine 125 Century ist bereits angekündigt. Komplettiert wird das aktuelle Programm mit Superyachten aus Stahl in Form der 151 und 197 Steel.
In Deutschland hat sich Meik Lessig mit Enjoy Yachting aus Seelze bei Hannover dem Vertrieb der edlen Boote angenommen. Die Astondoa 377 Coupé bereichert seit der Boat-Show in Cannes 2018 das Spektrum der Yachtwelt und ist mit der Testmotorisierung ab 513.128 Euro zu haben.
Vor etlichen Jahren waren offene Centerkonsolen mit größeren Dimensionen noch Raritäten, doch inzwischen tummeln sich einige Hersteller in diesem wachsenden Segment. Die Zielgruppe sind eindeutig Eigner, die ihren Schwerpunkt auf Frischluft und sonniges Wetter setzen und nicht auf lange Schläge bei widrigen Bedingungen. Auch die Gemächer sind eher für gelegentliche Übernachtungen ausgelegt und nicht für wochenlange Bordaufenthalte. Es handelt sich also um ein reines Schönwetterboot.
Über die gut einen Meter lange Badeplattform kommt der Besucher an beiden Seiten nach einer Stufe gleich auf die breiten Eingangsbereiche zum Cockpit. Hecktüren fehlen, was ein gewisses Sicherheitsrisiko darstellt. Auf der bequem gepolsterten Sonnenliege im Heck können drei Crewmitglieder den Ausblick ins Kielwasser genießen. Darunter befindet sich ein praktischer Stauraum für Wasserspielzeug oder Ausrüstungsgegenstände wie Fender und Leinen. Es folgen zwei gegenüberliegende Sofas, die mit dem optionalen Hubtisch in der Mitte entweder eine Sitzgruppe bilden oder beim Absenken des Tischs und entsprechendem Umbau eine größere Liegefläche entstehen lassen, wobei die Rückenlehnen als Füllpolster dienen.
Mit einer Reling möchte man die schnittige Silhouette eines solchen Flitzers natürlich nicht verschandeln. Das hat die Werft gut gelöst, denn die Bordwände sind hoch, und im gesamten Decksbereich sind Handläufe und Griffe angebracht. Die Crew bewegt sich hier also immer gut geschützt und sicher. Die Klampen vorn und mittschiffs sind versenkbar, mehrere versenkbare Fenderhalter ergänzen hier die Befestigungsmöglichkeiten für die Schutzelemente.
Vor den Sitz- und Liegemöglichkeiten ist eine Wetbar montiert, die gleichzeitig als Montageplattform für das serienmäßige T-Top und die davor befindlichen Sitze am Steuerstand dient. Die Grundausstattung mit Spüle, Kühlschrank und Induktionskochplatte ist ebenfalls an Bord. Am davor befindlichen Steuerstand können der Skipper und zwei weitere Crewmitglieder in bequemen Schalensitzen Platz nehmen, die auch als Stehsitze verwendbar sind.
Der Steuerstand ist in der Serienausstattung mit dem Multidisplay Volvo Penta MFD7607, Volvo-Penta-Trip-Computer und Kompass gut ausgestattet, wer mehr möchte, muss zuzahlen. Bei anderer Motorisierung sind natürlich vergleichbare Komponenten der jeweiligen Hersteller montiert. Die bei der Probandin vorhandenen großen Displays, die Joystick-Steuerung und das Bugstrahlruder sind optional. Im Testboot war eine Plexiglas-Windschutzscheibe montiert, weil die eigentlich vorgesehene Glasscheibe laut Importeur nicht lieferbar war. Die soll aber noch ausgetauscht werden.
Weiter geht’s im Bug mit einer großen gepolsterten Sonnenliege. Auch hier überall Haltegriffe, die den Weg absichern. Ganz vorn dann die raffinierte Ankerinstallation, die während der Nichtbenutzung unsichtbar hinter einer Verkleidung auf Einsätze wartet und per Knopfdruck elektrisch ausfährt. Die durchaus komplexe, aber unverzichtbare Konstruktion kostet 9163 Euro Zuzahlung. Anker und Kette sind in dem Posten auch enthalten.
Bleiben die Gemächer. Hier erwartet die Crew eine Doppelkoje im Bug, die allerdings mit 1,83 x 1,60 Meter für groß gewachsene Zeitgenossen durchaus knapp bemessen ist. Besser sieht es da schon bei den beiden mittschiffs montierten Unterflur-Einzelkojen mit 2,00 x 0,90 Meter aus, die gibt es aber nur gegen Aufpreis von 9425 Euro. Für die Körperpflege ist eine Nasszelle mit Waschbecken, elektrischer Toilette und Dusche vorhanden. Wahlweise lässt sich unter Deck auch noch ein großer 130-Liter-Kühlschrank bestellen. Eine Klimaanlage ist natürlich auch verfügbar, aber nur in Verbindung mit dem ebenfalls optionalen Generator. Eine große Luke im Vordeck sorgt für gute Belüftung und lässt sich als Notausstieg nutzen.
Feuerlöscher waren nirgends montiert, ein kleiner Mangel, der sich leicht beheben lässt. Auch das Fehlen einer manuellen Bilgenpumpe und die unterdimensionierte Löschanlage im Motorraum sprachen wir an. Der Importeur versprach, mögliche Nachbesserungen mit der Werft zu besprechen.
Bei der Motorisierung ist die Auswahl groß. Die fängt bei Außenbordern in Form von zwei Suzuki DF 350 oder drei Mercury Verado F300 V8 an. Wer Innenborder bevorzugt, kann es bei zwei Selbstzündern vom Typ Volvo Penta D4-270 DPI belassen, die gleichzeitig die Basismotorisierung darstellen. Wahlweise sind aber noch D4-300, D4-320 oder D6-380 bestellbar. Wer Benziner möchte, kann die Astondoa 377 Coupé auch mit zwei Volvo Penta V8-300 DPS ordern. Im Testboot waren D4-320 mit 235 kW (320 PS) verbolzt, die wir für eine gute Wahl halten.
Das Übertragen der Kraft ins Wasser übernehmen Z-Antriebe, die beim Testboot mit einer optionalen Joysticksteuerung versehen waren, die das Manövrieren zum Kinderspiel machte. Aber auch ohne das Hilfsmittel klappen Hafenmanöver bei einem Wendekreis von rund zwei Bootslängen und guten Reaktionszeiten beim Umsteuern problemlos.
Wer die Hebel auf Anschlag bringt, hat nach sieben Sekunden bei 2500 Touren und 17,6 kn die stabile Gleitfahrt erreicht. Bemerkenswert hier, dass der Bug sich nur wenig nach oben erhebt. Nach 20 Sekunden ist bei der Nenndrehzahl von 3600 Umdrehungen die Höchstgeschwindigkeit von 34,9 kn erreicht. Die effiziente Reisegeschwindigkeit ermitteln wir bei 3000 U/min mit 25,8 kn. Dabei saugen die Antriebe 77 Liter in der Stunde aus dem 800 Liter fassenden Reservoir. Das ergibt nach Abzug einer 15-prozentigen Reserve eine Reichweite von 228 Seemeilen.
Die Astondoa 377 Coupé hat hervorragende Fahreigenschaften. Beim Überfahren von Wellen taucht der Rumpf butterweich ein, was auf gute Rauwassereigenschaften schließen lässt. Vollkreise bei schneller Fahrt werden mit vier Bootslängen Durchmesser gemeistert. Die Neigung des Rumpfs bleibt dabei völlig unkritisch und hinterlässt bei der Besatzung ein großes Sicherheitsgefühl. Insgesamt sind hier also ausgezeichnete Fahreigenschaften zu attestieren. Das gleiche Urteil trifft auch bei der Verarbeitung und Montage aller Komponenten zu. Klampen, Fenderhalter und alle Handläufe machen einen grundsoliden Eindruck. Im Motorraum ist genügend Platz für Servicearbeiten. Die wenigen von uns beanstandeten Mängel sollen laut Importeur noch behoben werden.
Die Astondoa 377 Coupé ist eindeutig ein Hingucker, der in jedem Hafen viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wer auf ein Schönwetterboot setzen möchte, das mit ausgezeichneter Verarbeitung und hervorragenden Fahreigenschaften glänzt, der sollte die spanische Diva auf der Liste haben. Die Motorisierung im Testboot ist eine gute Wahl.
T-Top; Badeplattform; Silvertex-Außenpolster; Wetbar mit Spülbecken, 65-Liter-Kühlschrank und Induktionskocher; drei Sitze am Steuerstand; Heckdusche warm/kalt; elektrische Toilette; Dusche; Starterbatterien 2x 90 AH; AGM Batterie 1x 160 AH; Batteriehauptschalter; zwei elektrische Bilgenpumpen; Multidisplay Volvo Penta MFD7607; Volvo-Penta-Trip-Computer; Kompass; Navigationsbeleuchtung; Plane Cockpittisch; Plane Steuerstand