TestBavaria E 40 - Trend-Setter

Test: Bavaria E 40 - Trend-SetterFoto: Hersteller

Die Bavaria E 40 Hybrid: Mit neu entwickelten Raum- und Antriebskonzepten will Bavaria den Verdrängermarkt aufmischen

Wenn Großserienwerften wie Bavaria neue Absatzmärkte erschließen wollen, tun sie dies nicht ohne einen Plan. Der Plan hinter der hier vorgestellten Bavaria E40 ist die Eroberung des Binnen- und Wasserwanderboot-Marktes; das bisherige Bavaria-Produktportfolio, welches ausschließlich aus Gleitbooten bestand, war dafür nur bedingt geeignet.

Konventioneller Wellenantrieb mit variabler Motorisierung, Halbgleiterrumpf, Platz für bis zu sechs Personen und ein großzügiges Raumangebot mit „Wohlfühl-Charakter" waren denn auch die Vorgaben, die die Konstrukteure zu erfüllen hatten. Zum Clou der E40, dem mittschiffs im Salon platzierten Fahrstand, kommen wir später.

Foto: Hersteller
Foto: Hersteller

Der Forderungskatalog basierte unter anderem auf einer von BOOTE durchgeführten Leserbefragung, deren Ergebnisse sich in diesem Schiff teilweise wiederfinden. Als sogenannte „Semi Displacement Motoryacht" ist die Bavaria E40 nicht auf Höchstgeschwindigkeit, sondern auf Ökonomie, Sicherheit und Komfort ausgelegt.

Das E der Bavaria-E-Line steht vor allem für Effizienz. Effizienz, was das Raumkonzept betrifft, aber auch was den Antrieb anbelangt. Neben den Standard-Dieselmotoren kann man die E40 deshalb auch in der von uns getesteten Hybridversion ordern.

Hier wird der 150 PS starke Volvo- Diesel von einem 20 kW starken Elektromotor unterstützt. Dieser dient zeitgleich auch als Generator zum Laden der Batterien und bringt seine Kraft „in Reihe" mit dem Diesel über die Welle ins Wasser, so dass theoretisch maximal 177 PS für den Vortrieb zur Verfügung stehen.

Foto: Hersteller

Wir legen uns auf die theoretische Rumpfgeschwindigkeit – sie beträgt etwa 7,8 kn – als optimale Marschfahrt fest. Aufs Testboot bezogen, sind also 2100 U/min bei einem Tempo von knapp 8 kn ideal. Mit einer Tankfüllung kommt das Boot dann 186 sm plus 15 % Reserve weit.

Reduziert man die Drehzahl auf 1500/min, erreicht die E40 noch 6 kn, die Reichweite steigt im Gegenzug auf respektable 339 sm plus Reserve. Bei Vollgas messen wir ma­xi­mal 9,6 kn, und die theoretische Reichweite schrumpft auf 76 sm (531 sm in langsamster Fahrt bei 1,62 kn), jeweils plus Re­serve.

Wichtig zu wissen: Lässt man den E-Motor als Generator eingekuppelt mitlaufen, reduziert das die Diesel-Reichweiten. Für den Elektroantrieb selbst gibt die Werft eine Fahrzeit von 1,5 Stunden bei 5 kn und 1 Stunde bei 6 kn Fahrt an. Das Umschalten von Diesel auf Elektro gelingt mit kurzer Zeitverzögerung ebenso unpro­blematisch wie umgekehrt. Das hat was.
Foto: Hersteller

Der Fahrstand ist direkt über dem Motorraum platziert, trotzdem bleibt der von uns gemessene Schalldruck mit 75 db(A) erstaunlich gering. Das Manövrierverhalten der Bavaria E40 ist als "verdrängertypisch" zu bezeichnen. Wie bei diesem Bootstyp üblich, entscheidet die Drehrichtung des Propellers über die Schokoladenseite beim An- und Ablegen, und bei Einzelmotorisierung ist das Bugstrahlruder ein Muss, um Wind oder Strömung von der Seite begegnen zu können.

Der Geradeauslauf geht in Ordnung, wobei der Skipper jedoch von Zeit zu Zeit über das großkalibrige Steuerrad, das an ein Segelboot erinnert, eingreifen muss. Die Posi­tionierung des Fahrstandes am hinteren Ende des Salons bringt zwar ein bisher ungekanntes Raumgefühl und integriert den Fahrer ins Bordleben, nachteilig wird diese Anordnung allerdings bei Dunkelheit.

Bei unserer Test-Nachtfahrt auf dem Main stellte sich heraus, dass jedwede Lichtquelle im Salon das Fahrerauge irritiert. Im Klartext: Wer nachts unterwegs sein will, muss im Salon alle Lichtquellen, inklusive der Instrumentierung, ausschalten. Erst als wir nach vorn gehen, wo üblicherweise der Fahrstand untergebracht ist, legt sich die Anstrengung, und die Augen entspannen bei guter Voraussicht.

Foto: Hersteller

Bei Tag sieht das im wahrsten Sinn des Wortes anders aus. Der Skipper hat einen fast ungestörten Rundumblick und sitzt inmitten des Geschehens – ein völlig neues Gefühl für Motorbootfahrer. Sollte es regnen, schaffen große Wischer auf der Frontscheibe ein freies Sichtfeld, und im Innenraum trocknen Defrosterdüsen die Scheiben bei hoher Raumfeuchtigkeit.

In puncto Verarbeitung konnte das Testboot, wie bei einer Baunummer eins üblich, nicht vollends überzeugen. Unbehandelte Schnittkanten an Schottwanddurchbrüchen, den denen Schläuche und Kabel scheuern können, sollten bei der Serienfertigung eliminiert werden.
Foto: Hersteller

Der Motorraum ist groß genug; trotz des zusätzlichen Elektroantriebs kann man sich gut darin bewegen. An Deck gelangt man über Seitendecks mit breitem Süllrand aufs Vorschiff. Die bis zum Bugkorb verlaufende Drahtseil­reling gefällt uns dabei weniger. Besser wäre hier – wie bei den anderen Bavaria-Yachten üblich – eine stabile, umlaufende Rohrreling. Ansonsten passt alles im und am Boot, wie man es von der Werft gewohnt ist.

Interessant ist die manuell ausklappbare Badeplattform, die insbesondere vor Anker den Aktionsradius der E40-Fahrgemeinschaft ausweitet. Die Raumaufteilung ist für ein 40-Fuß-Boot großzügig. Die im Salon auf der Backbordseite integrierte Küchenzeile sowie der ebenfalls im Salon angeordnete Fahrstand machen die Bavaria E40 zum echten Trendsetter in Sachen Reiseboot. Es gibt sie als Flybridge-Aus­führung oder in der Testversion mit der Bezeichnung Sedan. Weitere Typen der E-Serie sind in Vorbereitung.

Fazit:
Mit der E40 beschreitet die Werft neue Wege, insbesondere in der Hybridversion. Die Fahreigenschaften sind verdrängertypisch gut­mütig, das Raumkonzept ist für Familien interessant. Vor allem bei Nachtfahrt konnte uns der Fahrstand jedoch nicht überzeugen.


Dieser Artikel stammt aus der BOOTE-Ausgabe Juli 2017.