Aiata Wayfinder 38Türkischer Newcomer beweist sich vor der Küste Istanbuls

Jan-Ole Puls

 · 21.06.2025

Optisch könnte man fast sagen, dass das Boot aus Skandinavien und nicht aus der Türkei kommt.
Foto: aiataboats.com
Was taugt der türkische Newcomer Aiata Wayfinder 38? Wir testen das schnelle 11-m-Boot im Heimatrevier vor Istanbul.

In einer Zeit, in der viele Boote nach Schema F entworfen und gebaut werden, sorgt die Aiata Wayfinder 38 für eine erfrischende Brise auf dem Markt – und das im besten Sinne. Entwickelt wurde sie in enger Zusammenarbeit mit dem renommierten finnischen Designer Jarkko Jämsén, der unter anderem für die erfolgreichen Rümpfe von Axopar und XO verantwortlich ist. Gebaut wird das Boot in einer modernen Werft nahe Istanbul, in der sich nordisch kühle Linienführung mit mediterraner Wohnlichkeit zu einem stimmigen Gesamtbild verbindet. Das klingt wie ein Werbesatz, passt aber sehr gut. Der Mix aus durchdachtem Design und klarem Auftritt überzeugt – nicht nur auf dem Papier. Schon bei der Präsentation auf der boot Düsseldorf 2025 war das Boot eines der Highlights der Messe.

Durchdachtes Konzept für die Aiata Wayfinder

Was sofort auffällt: Die Wayfinder 38 ist alles andere als ein Serienboot von der Stange. Das Konzept ist von Grund auf modular gedacht – typisch Jämsén. Käufer haben nicht nur die Wahl zwischen verschiedenen Layouts – was meist normal ist –, sie können auch später flexibel umbauen. Aus einer großzügigen Buglounge wird im Handumdrehen eine bequeme Sonnenliege, und am Heck lässt sich je nach Bedarf eine Wet Bar, eine zusätzliche Sitzgruppe oder einfach freie Fläche realisieren.

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Das Prinzip ist zwar nicht ganz neu – Marken wie X Shore machen es ähnlich, zumindest was den Heckumbau angeht –, doch Aiata hebt die Flexibilität auf ein neues Level. Gerade in nördlichen Revieren, wo Boote mal als Angelplattform, mal als Inseltaxi genutzt werden, ist das ein echter Pluspunkt. Besonders smart: Selbst zentrale Elemente wie Seitentüren können nachgerüstet werden. Die Werft verspricht dafür gerade mal einen Arbeitstag. So wird aus der offenen „Open“-Variante im Handumdrehen eine geschlossene „Cabin“-Version – und das ganz ohne Neubootkauf.

„Open“-Variante vs. „Cabin“-Version

Im Kern bietet Aiata auch genau diese zwei Grundvarianten an: Die Cabin-Version ist ideal für alle, die gerne bei jedem Wetter unterwegs sind – mit festem Steuerhaus, optionaler Heizung und Klimaanlage. Wer es luftiger mag, wählt die Open-Version mit großem Sonnendach und fließendem Übergang zwischen Innen- und Außenbereich. Auf dieser Basis lässt sich das Boot individuell konfigurieren: im Heck zum Beispiel mit einer zusätzlichen Sitzbank für bis zu vier Personen oder einer Angler-Wet-Bar mit ein oder zwei Lebendfischbehältern. In der Kabine hat man die Wahl zwischen klassischem Sofa, L-Sofa mit oder ohne Tisch – oder ganz ohne Möbel, wenn’s spartanisch sein soll.

Auch die Pantry ist optional: Wer sie will, zahlt rund 7.400 Euro extra, der Cockpit-Tisch kostet ca. 2.200 Euro. Im Vorschiff stehen ein Sunbed, ein Sofa oder die so -genannte Camper-Version mit erhöhter Stehhöhe im Innenraum zur Auswahl. Alles ist, wie Aiata betont, später nachrüstbar. Viele Möglichkeiten also, das Boot so zu konfigurieren, wie man es gerne möchte. Besonders praktisch dafür: Aiata besitzt einen Online-Konfigurator. Ähnlich wie man es von Autoherstellern kennt, können so Optionen hinzugefügt oder weggelassen werden. Außerdem ändert sich die Grafik dementsprechend.

Doch jetzt zum eigentlichen Boot: Mit 11,6 Metern Länge und 3,5 Metern Breite liegt die Wayfinder 38 satt im Wasser, ohne dabei schwerfällig zu wirken. Die Linienführung ist klar und schnörkellos, mit sportlich-elegantem Touch. Der Rumpf wird im Vakuuminfusionsverfahren gefertigt – leicht, steif und stabil. Unterstützt durch FEM-berechnete Strukturen, die Vibrationen und Geräusche minimieren, ergibt sich ein insgesamt sehr ruhiges und souveränes Fahrverhalten – selbst bei raueren Bedingungen. Und das können wir aus eigener Erfahrung bestätigen: Die Aiata gleitet ruhig, berechenbar und angenehm durch die Wellen – und sie ist trotz allem kein träger Gleiter. Ganz im Gegenteil.

Die Aufteilung an Bord

Beim ersten Betreten merkt man schnell, dass hier nicht nur Designer, sondern auch erfahrene Bootsbauer und Besitzer mitgedacht haben. Die Kabine bietet über 2,00 Meter Stehhöhe, viel Stauraum und ein Ambiente, das man eher aus hochwertigen Wohnbereichen kennt. Helle Farben, edle Hölzer (wahlweise Teak oder Eiche) und durchdachte Lichtführung schaffen ein modernes, einladendes Interieur. Im Vorschiff wartet ein großes Queensize-Bett mit praktischen Staufächern, daneben ein Bad im klaren, skandinavischen Stil – fast wie aus einem Ikea-Katalog. Auch im Salon dominiert skandinavische Schlichtheit: viel Holz, helle Polster (wahlweise Carbon Beige oder Grau Chalk) und eine clevere Raumaufteilung.

Der Steuerstand ist serienmäßig gut ausgestattet: ZipWake-Trimmklappen, Funkgerät, Bugstrahlruder und drahtlose Lademöglichkeiten von Scanstrut gehören zur Grundausstattung. Ein großer Plotter ist immer enthalten. Wahlweise kann hier aber auch mit der Größe oder der Anzahl gespielt werden. Außerdem sind verschiedene Motoranzeigen und natürlich sämtliche Bedienelemente verbaut. Die Sitzposition ist für große Menschen okay. Ist man etwas kleiner, empfiehlt sich das Fahren im Stehen. Was auffällt: Die Rundumsicht ist wirklich gut. Da es keine hohen Schränke gibt, ist nichts im Weg. Einziger Minuspunkt oder eher eine Voraussetzung: Da das VHF immer an Bord ist, braucht es auch immer einen Funkschein. Verkehrt ist der aber sowieso nicht.

Wer will, kann sich beim Thema Technik natürlich noch austoben: Das Basissoundsystem mit vier Fusion-Lautsprechern lässt sich auf sieben Lautsprecher samt Verstärker (ca. 3.827 Euro) erweitern. Die Premium-Version kommt dann mit JL Audio, Subwoofer inklusive, für rund 4.736 Euro plus Mehrwertsteuer. Ob man das braucht? Geschmackssache.

Die Testfahrt mit der Aiata Wayfinder 38

Zeit für den Praxistest und wohl einen der spannendsten Punkte, wenn man hört, wer das Boot gezeichnet hat. Als Motorisierung stehen verschiedene Außenborder von zweimal 300 bis zweimal 425 PS zur Wahl. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei rund 53 Knoten, mit einer entspannten Reisegeschwindigkeit um die 30 Knoten. Wir waren mit zwei Honda-Außenbordern à 350 PS unterwegs – vollgepackt mit sieben Personen, 70 % Tankfüllung und allen verfügbaren Extras. Ergebnis: 45 Knoten Topspeed – da geht definitiv noch was, wenn man abspeckt. Und nein, damit sind nicht unsere Kollegen gemeint. Die wirtschaftliche Gleitfahrt liegt bei 4.500 Umdrehungen in der Minute. Die Logge zeigt dabei 29,9 Knoten an, was bei dem 850-Liter-Tank und den zwei Benzinmotoren eine Reichweite von 149 Seemeilen ergibt.

Das Fahrverhalten ist dabei absolut überzeugend. Auch bei über 35 Knoten bleibt der Rumpf spurtreu, kleine Wellen werden souverän geschluckt. Enge Kurven, Slalom, abrupte Manöver – kein Problem für die Wayfinder. Genau das hatten wir nach der Präsentation in Düsseldorf auch erwartet. Und man muss es so sagen: Wenn Jarkko Jämsén ein Boot entwirft, weiß er einfach, was er tut.


Technische Daten

boot/screenshot-2025-06-20-115218_7a629cc07974fca6e8ccd2f2044f6088Foto: Marc André Bergmann
  • CE-Kategorie: B/10
  • Länge über alles: 11,57 m
  • Breite: 3,49 m
  • Verdrängung: 7.400 kg
  • Tiefgang (Antrieb unten): 0,64 m
  • Durchfahrtshöhe: 3,45 m
  • Kraftstofftank: 850 l
  • Max. Motorisierung: 2 x 312 kW (425 PS)
  • Testmotorisierung: 2 x Honda BF 350 mit 257 kW (350 PS)
  • Preis: ab 380.800 €
  • Vertrieb Testboot: aiataboats.com

Messergebnisse

Drehzahl U/minGeschwindigkeit knVerbrauch l/smReichweite sm
1.5007,32,71266
4.50029,94,85149
6.00045,05,60129

Fazit

Die Aiata Wayfinder 38 trifft wohl genau den Nerv der Zeit. Dank der Modularität muss man sich nicht auf ein Modell festlegen und das Interieur sieht schlicht, aber durchgestylt aus. Auch bei den Fahrwerten und der Verarbeitung braucht sich das Boot absolut nicht zu verstecken. sehr modernes Interieur-Design.

Vorteile

gute und gehobene Serienausstattung

sehr modernes Interieur-Design

gute und sichere Fahreigenschaften


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