Azimut 45

Peter Laessig

 · 07.06.2012

Azimut 45Foto: Azimut Yacht
Azimut 45 | 45

Man traut sich was. Die neue Azimut 45 ist mehr als eine beachtliche Yacht. Peter Lässig fuhr das Boot auf dem Mittelmeer vor Savona.

Azimut 45 | 45Foto: Azimut Yacht
Azimut 45 | 45

Azimut legt in der Flybridge-Kollektion in jeder Hinsicht kräftig nach. Hatte uns schon die Azimut 48 (BOOTE 12/2011) in puncto Qualität überzeugt, setzt unser Testboot Azimut 45 noch eins drauf. Darüber hinaus wartet es mit Ideen auf, die man so noch nicht gesehen hat.

Test Azimut 45
Foto: Werft Azimut

Das beginnt, wenn man die Azimut achtern über die mittig montierte Gangway betritt: Entfernbare Rücken- und Sitzpolster der Heckbank sind üblich. Neu ist, dass zugunsten der Kopffreiheit in der weit nach achtern gezogenen Flybridge eine Aussparung angebracht ist. Dass man da auf dem Weg ins Cockpit auch über den Cockpittisch steigt, fällt erst auf, wenn man sich umdreht und den Tisch senkrecht unterhalb der Polster hängen sieht.

Ein Handgriff, und der Tisch ist hochgeklappt – ein zweiter verdoppelt die Tischfläche. Sobald man dann die von außen verspiegelte Glastür passiert, gelangt man in den Salon und blickt auf edle Materialien sowie Holz- und Polsterarbeiten ohne Makel. Das ist in der tiefer eingebauten Pantry an Backbord und am höher angesiedelten Fahrstand an Steuerbord nicht anders.

Rundum zeigen sich akkurate Linien, feine Spaltmaße, Licht und Raum – einfach Harmonie pur. Auch die Kunststoffverarbeitungen auf und unter Deck geben keinen Anlass zur Kritik. Bis auf eine Schnittkante im Motorraum präsentieren sich alle anderen verrundet und versiegelt.

Die technischen und elektrischen Installationen verdienen ebenfalls Lob, das Konzept der Azimut 48 spiegelt sich in der 45 verbessert wider: Die Kraftstoffvorfilter mit Wasserabscheider samt Wasseralarm-Sensoren befinden sich im Motorraum noch näher am Einstieg, und beide Motoren überwachen Auspufftemperatur-Sensoren. Sie lösen einen Alarm aus, sobald die Kühlung unterbrochen wird. Das ist perfekt und bietet große Sicherheit. Dass es neben elektrischen auch eine Handlenzpumpe gibt, eine Feuerlöschanlage im Motorraum installiert wurde, die Batterien mittels Relais geschaltet werden oder Magnetventile den Kraftstofffluss regeln, sind weitere Pluspunkte.

Die Azimut 45 gibt es mit zwei oder – wie das Testboot – mit drei Kabinen, für die man knapp 15 000 Euro mehr zahlt. In der Version mit zwei Kabinen fällt die Pantry etwas länger aus, und in der Bugkabine gibt es einen Kleiderschrank mehr. Aber auf beides kann man zugunsten der dritten Kabine verzichten, da die Pantry im Testboot keine Wünsche offen lässt und groß genug ausfällt.

Zudem kann man die Kabine mit geräumigem Kleiderschrank als begehbaren Stauraum nutzen, verfügt aber immer über zwei Schlafplätze (Etagenbett) mehr. Wem das noch nicht reicht, der wandelt den Salontisch zur weiteren Liege für zwei. Somit finden auf einer 45 insgesamt acht Personen Platz zum Schlafen.

Die Kabine für den Eigner ist im Vorschiff untergebracht und verfügt neben einer gut bemessenen Doppelkoje an Steuerbord über ein eigenes Bad mit WC. Daran schließt das Gäste- oder Tagesbad mit WC an. Weitere Gäste schlafen unter dem Salon und Fahrstand in einer mitten im Boot untergebrachten Kabine. Der Clou darin ist das schräg eingebaute Doppelbett, das man in zwei Einzelkojen wandeln kann.

Weder in der Eigner- noch in der Gästekabine kommen räumliche Beklemmungen auf. Man fühlt sich darin sofort wohl, die Stehhöhen passen, und an Stauraum mangelt es auch nicht. Überragend ist die große Flybridge gestaltet, die man sich hinsichtlich Sitzen mit und ohne Tisch oder Liegen so gestalten kann, wie man möchte. Azimut bezeichnet das als „modulares System“. Auf- und Abgang zur Sonnenterrasse gewährt eine sicher zu begehende Treppe.

Wir fahren die Azimut 45 auf dem Mittelmeer vor Savona. Das Testboot verfügt über das Easy-Docking-System, mit dem man das Boot in jede Richtung manövrieren kann. Das und die zwei Motoren mit gegenläufigen Propellern ermöglichen ein einfaches An- oder Ablegen auf engstem Raum. Damit die vom Boot erzeugten Wellen nicht stören, lassen wir die Motoren 1200/min drehen und fahren damit 7 kn schnell. Ab 2000/min signalisiert ein glatter Wasserabriss am Heck, dass die Azimut 45 in Gleitfahrt übergehen will. Ab 2700/min gleitet sie mit 21 kn vollends.

Die Werft empfiehlt eine Marschfahrt von 26 kn bei 3000/min. Das deckt sich auch mit unseren Messwerten, das Testboot ist bei diesen Drehzahlen und der Geschwindigkeit in schneller Gleitfahrt am wirtschaftlichsten unterwegs. Eine Tankfüllung reicht für einen theoretischen Aktionsradius von knapp über 200 sm plus 15 % Reserve. Damit erfüllt die Azimut unsere Minimalforderung von 270 sm Aktionsradius plus Reserve nicht. Wer weiter kommen möchte, muss Fahrt herausnehmen und in Verdrängerfahrt übergehen. In voller Fahrt haben wir ein Tempo von maximal 32 kn gemessen.

Gute Arbeit leistete die Werft bei der Schalldämmung, da wir bei Vollgas im geschlossenen Salon nicht mehr als 80 dB/A und erst ab Marschfahrt im Cockpit einen Schalldruck über 85 dB/A gemessen haben.

Gegen Ende des Testtages bließ der Wind mit Stärke 6 und wühlte das Mittelmeer ordentlich auf – bei Seegang 5 bis 6 drehen wir unsere Runden. Wir passen unsere Fahrt (16 kn) etwas an, lassen die Motoren nicht höher als 2400/min drehen und wettern in alle Richtungen das Wasser, das sich vor dem Bug aufbaut, sicher und komfortabel ab. Dass da Gischt überkommt, ist normal und wird von den Scheibenwischern umgehend entfernt.

Das Kapitel „Extremmanöver“ fällt kurz aus, da nichts Extremes passiert. Bei knapp sieben Umdrehungen am Ruder und maximalen Kurvenradien von fünf Bootslängen in voller Fahrt verläuft alles im grünen Bereich. Falls ein Motor ausfallen sollte, bringt der andere das Boot mit voll ausgefahrenen Trimmklappen gerade noch in Gleitfahrt. Theoretisch kommt man mit einem Motor etwa 160 sm weit plus Reserve.

An den übersichtlichen Fahrständen stört uns lediglich das Gestühl. Im Salon bietet die nicht verstellbare Sitzbank dem Beifahrer keinen Seitenhalt, und ein Haltegriff fehlt auch. Oben muss man sich mit einem in Längsrichtung verstellbaren, einfachen Sitz begnügen. Hier fehlt ebenfalls der Seitenhalt, den wir beim Fahren in rauer See vermissten.

Die Azimut 45 ist reichlich mit Standardzubehör bestückt, und an Belegklampen mangelt es auch nicht. Die Navigationslampen sind von RINA zugelassen und dürfen daher auch in Deutschland offiziell leuchten. Sinnvolles Zubehör sind die zur Liege wandelbare Saloncouch, notwendiges die Gangway und praktisches die hydraulisch runter- und hochfahrbare Badeplattform mit integrierter Badeleiter samt Haltegriff.

Fazit: Die Azimut 45 Flybridge setzt Maßstäbe und bringt alles mit, was einen Klassenprimus ausmacht. Auch ein Dingi hat noch Platz. Perfekt ist ebenso die Scheuerleiste – besser geht es nicht

Datenblatt: Azimut 45

Werft: Azimut-Benetti

Typbezeichnung: Azimut 45

CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern

Länge: 13,78 m

Breite: 4,31 m

Verdrängung: 17,00 t

Preis: 708.050,00 €