Martin Hager
, Sören Gehlhaus
· 25.08.2021
222 Meter, 39 Apartments, weltweite Fahrt. Was bis 2024 bei Vard in Norwegen entstehen soll, ist halb Yacht, halb Kreuzfahrer. Das gigantische Winch-Design „Somnio“ polarisiert.
Ein großes Schiff, dessen Kabinen Apartmentausmaße haben und die jeweils einer Nutzerpartei gehören, kann per definitionem keine Yacht sein. Oder doch? Im Englischen wird mit „Private Residence Yacht“ etwas umrissen, das es bereits seit 2003 gibt. „The World“, ein 192 Meter langer Zwitter, reist – teils mit ständig an Bord lebenden Co-Eignern – erfolgreich über die Weltmeere. Winch Design, das „Somnio“ außen wie innen konzeptionierte, hob den Begriff „Yacht Liner“ aus der Taufe. Und ja, die äußere Erscheinung zeigt durchaus Yachtcharakter, etwa im Vergleich mit der 156 Meter langen „Dilbar“.
Auf den 222 Metern soll es 39 Suiten geben, die zwischen 150 und 600 Quadratmetern rangieren und ab 9,5 Millionen Euro vermarktet werden. Bei der Interiorgestaltung werden Andrew Winch und sein Team durch das Kreuzfahrt-erfahrene Studio Tillberg Design of Sweden unterstützt. Eine 170-köpfige Crew bietet unter anderem Concierge-Service, der auf einen 10 000 Flaschen großen Weinkeller zurückgreift. In Aussicht gestellt werden eine Vielzahl an Restaurants und ein Beachclub mit Tenderhafen. Zudem werde „Somnio“ mit sauberer Motorentechnologie fahren und international anerkannte Experten an Bord holen, um Eigner über Lösungen für „wichtige ökologische und philanthropische Themen zu informieren“. Die Routenplanung ist global ausgerichtet und reicht vom Mittelmeer über New York bis hin zu Entdeckungsfahrten in den Südpazifik oder die Antarktis. Die ersten „Somnio“-Stahlplatten will die Fincantieri-Tochter Vard im März 2022 in Norwegen schneiden; der Launch wird für Mitte 2024 angepeilt.
222 Meter in zweieinhalb Jahren sprechen doch eher für eine standardisierte Kreuzfahrt- denn für eine individuelle Yachtkonstruktion. Für das Konzept spricht: Zum „Somnio“-Team zählt mit Erik Bredhe der Exkapitän von „The World“. Kürzlich wurde bekannt, dass neben Fincantieri eine weitere Kreuzfahrtwerft im neuen Alternativsegment mitmischt: Von der Meyer Werft soll 2025 das 289 Meter lange Øino-Design „Njord“ ablegen. Da beide optisch und von der Nutzung her in einer Grauzone schwimmen, votieren wir für eine neutrale Umschreibung mit „Apartmentschiff“.