Grand Banks 85Werft setzt auf „V-Warp“-Technologie beim Rumpf

Uske Berndt

 · 17.02.2023

Bei der Grand Banks 85 standen die Fahreigenschaften für den CEO im Fokus, weshalb er auf die "V-Warp"-Technologie setzt
Foto: Onne van der Wal

Mit der GB 85 betritt Grand Banks die Bühne der Superyachten. Die Werft mit Sitz in Singapur setzt beim Rumpf ihres Flaggschiffs auf die „V-Warp“-Technologie. Für die Fahreigenschaften der gut 26 Meter nutzt CEO Mark Richards sein Know-how aus Segelregatten der Profiklasse.

Es gibt Marken, die existieren seit Jahrzehnten und sind sehr erfolgreich – doch in der Welt der Superyachten kennt sie trotzdem kaum jemand. Ganz einfach, weil ihre Produkte zu klein oder nicht aufregend genug sind. Grand Banks ist so ein Fall. Doch mit ihrem aktuellen Flaggschiff GB 85 ändert sich der Auftritt, dank des knapp 27 Meter langen Dreideckers spielt die Werft mit Sitz in Singapur ab sofort in der Liga der Großen mit. Der Flybridge-Cruiser liefert mit 28 Knoten Maximalgeschwindigkeit und bis zu 3000 Seemeilen Reichweite die wichtigsten Eckdaten für ausgiebige Reisen, dazu eine geräumige Mastersuite sowie reichlich Möglichkeiten, die Flybridge zu konfigurieren oder den Tender zu lagern.

Dabei hatte Werftchef und Regattasegler Mark Richards für seinen neuen Entwurf eher nicht die optimale Länge, sondern in erster Linie allerbeste Fahreigenschaften im Sinn. Kein Wunder, denn der Erfahrungsschatz, aus dem der gebürtige Australier schöpfen konnte, ist groß und vielseitig: Auf der von ihm mitentwickelten Segelyacht „Wild Oats IX“ (Eigner: Bob Oatley) entschied er 2003 als Steuermann den Admirals Cup für sein Team, 2005 gewann er mit der Nachfolgerin das legendäre Sydney-Hobart-Rennen und verbuchte danach weitere Siege mit „Wild Oats XI“. Damals führte Richards noch Palm Beach Motor Yachts, das Unternehmen ging 2014 in den Besitz von Grand Banks über und hievte den umtriebigen Segler schließlich in deren Chefsessel.

Kompromisse beim Yachtbau lässt der Chef nicht gelten

Was ihn schon damals antrieb, ist der Wunsch, einen Rumpf zu erschaffen, der mit möglichst wenig Energieaufwand durchs Wasser gleitet und vor allem effizient durch hohe Wellen kommt. Zudem möchte er immer wieder beweisen, dass man beim Bau einer Motoryacht generell ohne Kompromisse auskommen kann. „Geschwindigkeit geht zusammen mit langen Distanzen, Luxus mit Effizienz“, erklärt er schlicht sein Motto. Für die GB 85 kommt die schon in den 1990er-Jahren mit dem Konstrukteur Andy Dovell kreierte und seitdem immer wieder verfeinerte „V-Warp“-Technologie zum Einsatz – ein mittlerweile geschützter Begriff. In deren Fokus steht die Rumpfform: vorne spitz zulaufend und hinten ultraflach. Vereinfacht gesagt, funktioniert es so: Der scharfe Deep-V-Steven schneidet durch die Wellen, der Mittelteil schiebt das Wasser zur Seite, und das flache Unterwasserschiff der Heckpartie sorgt für beste Gleiteigenschaften. Das Prinzip macht die Yacht schnell, spart Diesel und Motorleistung – laut Werft jeweils die Hälfte im Vergleich zu ähnlich voluminösen 85-Füßern.

Ein weiterer Effekt zeigt sich am Heck: Es gibt fast keine Wirbelschleppe. „Die meisten Yachten dieser Größe ziehen einen Tsunami hinter sich her“, kommentiert Richards. Dass zudem die Schiffsbewegungen angenehm sind, freut vor allem, aber nicht nur, die empfindlicheren Gäste. Neben den überdurchschnittlichen Fahreigenschaften sollte die 6,75 Meter breite Konstruktion extra leicht und steif werden. Während am GFK-Rumpf nur hier und da Karbonfasern verklebt werden, liefern sie für Trennwände, Decks und Aufbauten die Basis für die Struktur. Am Ende punktet das Gewicht: Die fertige GB 85 verdrängt rund ein Drittel weniger als sonst üblich, bei gleicher Sicherheit und Stabilität.

Damit der Rumpf auch bei schlechterem Wetter absolut in Form bleibt, innen wirklich nichts klappert, verrutscht oder quietscht, wird jeder Schrank und jedes Regal fest mit dem Yachtkörper verschraubt und so Teil der Gesamtkonstruktion. „Wir sind Detailfanatiker“, stellt Richards klar.

Wenn Gut der Feind von Großartig ist, glauben wir, dass Großartig der Feind von Perfektion ist.“

Dass dieses Motto auch für das Interior Anwendung findet, steht für ihn außer Frage. Ein Beispiel: Das komplette Teakholz für eine Baunummer muss aus einer Charge kommen, sonst geht es zurück an den Lieferanten. Sogar im Maschinenraum zählt jedes Detail. Hier sind Rohre und Leitungen farbig kodiert, um sie leichter zuordnen zu können. Für die Crew vereinfachen sich so Wartung und Reparaturen. Wie ihre Vorgängerinnen GB 64 oder GB 60 entsteht die 85 in Malaysia, in den Werfthallen arbeiten neben 650 Vollzeitkräften, darunter 24 Designer, auch eine ganze Reihe Roboter made in Germany. Wobei die Stahlkollegen eher bei der Entwicklung neuer Modelle zum Einsatz kommen, etwa für den Bau der Formen. „Das verkürzt die Zeit zwischen Konzept und Konstruktion dramatisch“, so Richards.

Der Weg von der Mini-Werft auf dem Lkw-Parkplatz einer Getränke-Abfüllanlage bis zur topmodernen Yachtfabrik dauerte nicht lange. Ende der 1950er-Jahre baute American Marine in Hongkong Holztrawler in Einzelanfertigung und legte damit schon den Grundstein für die GB-Modelle. Die Marke Grand Banks entstand in den 1960er-Jahren, als der Yachtbau in Serie ging. Ab 1968, mit dem Umzug nach Singapur, kamen die ersten Glasfaserrümpfe aus der Fabrik – der Abschied vom Holzgerüst und der Beginn des großen Erfolgs: Die GB 36 und 42 wurden jeweils weit über tausendmal produziert und verkauft. Soweit es geht, versucht das Unternehmen auch heute noch, alles unter ihrem Dach zu fertigen, also ohne Zulieferer auszukommen. „Für die totale Kontrolle über unser Produkt“, erklärt Richards. Das gilt auch für das Interior oder die technische Ausrüstung.

Ein richtiges Klavier zum Ausklappen? Warum nicht?

Die allererste GB 85 geht nun an einen US-amerikanischen Eigner, der sich die Modellvariante „geschlossene Flybridge“ ausgesucht hat, also eine rundum verglaste Skylounge mit Fenstern, die sich öffnen lassen – für ausreichend Frischluft bei gutem Wetter. Damit dient dieser Raum praktisch als Salon Nummer zwei, mit Sitzgelegenheiten, von denen die Gäste den Kapitän sowie die Umgebung im Blick haben. Das Hauptdeck selbst basiert auf einem modernen Layout: vorne die Galley mit bester Sicht Richtung Steven sowie einem versteckten Steuerstand, dahinter der Speiseplatz und schließlich die Lounge mit U-Sofa und weiteren Sitzmöglichkeiten. Das Cockpit bietet ebenfalls ein Sofa und eine kompakte Galley. Im Vergleich zur oberen Heckterrasse sitzt es sich hier schön schattig und sogar etwas windgeschützt.

Das Unterdeck erreichen die Gäste über eine Treppe vorne bei der Galley. Zur Mastersuite geht es dann noch ein paar Stufen weiter hinunter. Spätestens hier fühlt man sich an Bord ein wenig wie in einem urig verschachtelten Holzchalet. Die größte Suite zieht sich mittig über die gesamte Breite der Yacht und bietet neben einer Loungeecke sogar die Möglichkeit, ein ausklappbares Klavier unterzubringen. Für die Baunummer eins bestellten die Eigner das sogenannte Dreiviertel-Layout mit etwas kleinerer Mastersuite plus einer schmalen Zusatzkabine für die Enkel. Ansonsten übernachten die Gäste in zwei weiteren Suiten, davon eine VIP vorne im Bug.

Im hinteren Teil des Unterdecks kommt die zwei- bis dreiköpfige Crew unter. Wenn nötig, können auch zusätzliche Familienmitglieder hier schlafen, die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt. In Richtung Heck schließt sich der Motorenraum an, wobei es sich hier genau genommen um zwei Räume handelt. Die beiden Volvo Penta-Diesel kommen separat unter, getrennt von der großen Toy-Garage – „für mehr Ellenbogenfreiheit und besseren Zugriff bei der Wartung“, erläutert der Werftchef das ungewöhnliche Layoutkonzept. Alternativ zum Volvo-Antrieb bietet Grand Banks auch noch stärkere MAN-Motoren an, damit erhöht sich die Leistung von zweimal 746 auf jeweils 969 Kilowatt. Die Reichweite bei rund 20 Knoten liegt schon bei bemerkenswerten 1000 Seemeilen, auch dank des

10 000 Liter fassenden Dieseltanks. Das bei zehn Knoten Reisegeschwindigkeit 3000 Seemeilen durchaus realistisch sind, beschreibt Mark Richards schlicht als „phänomenal!“.


Technische Daten der Grand Banks 85

  • Länge über alles: 26,58 m
  • Rumpflänge: 24,00 m
  • Breite: 6,75 m
  • Tiefgang: 1,50 m
  • Höhe: 7,80 m
  • Verdrängung (leer): 49 t
  • Material: GFK/Karbon-Sandwich
  • Motoren: 2 x Volvo IPS oder 2 x MAN
  • Motorleistung: 2 x 746 kW oder 2 x 969 kW
  • Geschwindigkeit (max.): 28 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 20 kn
  • Reichweite: 1000 sm
  • Reichweite @ 10 kn: 3000 sm
  • Diesel: 10000 l
  • Wasser: 1400 l
  • Stabilisatoren: Seakeeper
  • Konstruktion: Mark Richards, Grand Banks
  • Exteriordesign: Grand Banks
  • Interiordesign: Grand Banks
  • Werft: Grand Banks, 2022
  • Startpreis: ab 9 Mio. Euro
Hinter der Skylounge schließt sich das Cockpit an. Der Tender gelangt über einen Kran zu Wasser
Hinter der Skylounge schließt sich das Cockpit an. Der Tender gelangt über einen Kran zu Wasser
Die Galley ist halb offen,  schön hell und dient gleichzeitig als Treppenhaus
Die Galley ist halb offen, schön hell und dient gleichzeitig als Treppenhaus
In der Standardversion gibt es drei Suiten. Der Maschinenraum ist zweigeteilt, für mehr Platz zum Arbeiten
In der Standardversion gibt es drei Suiten. Der Maschinenraum ist zweigeteilt, für mehr Platz zum Arbeiten

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