Greenline 45 Fly HybridEine Hybrid-Yacht mit einem Hotelmodus

Ralf Marquard

 · 24.07.2025

Wir haben die Probe gemacht und waren 24 Stunden mit einem  Hybrid-Boot unterwegs – ohne an Land Strom nachzuladen.
Foto: Greenline Yachts
Boote mit Hybridantrieb werden immer beliebter, und auch den Begriff des sogenannten Hotelmodus – der ein autarkes Ankern ermöglicht – hört man immer häufiger.

Bei Greenline Yachts beginnt das Bootsprogramm mit einer 39-Fuß-Version und endet beim Flaggschiff OceanClass 68 Fly. Unser Testboot, die 45 Fly, liegt im unteren Mittelfeld und wird auch als Coupé-Variante angeboten. Für das Testboot sind der Antrieb und die Energieversorgung entscheidend, denn wir fahren mit der Hybrid-Version. Greenline nennt es das H-Drive-System. Das Boot ist mit einem eigens entwickelten Motor-Generator-System ausgestattet, das die Greenline elektrisch antreibt und bei der Fahrt mit den beiden Dieselmotoren als Generator fungiert. Die installierten 4 x 11,4-kWh-Batterien (insgesamt 45,6 kWh) werden im Verbrennerbetrieb mit etwa 2 x 14 kW geladen.

Zudem werden die Batterien an sonnigen Tagen noch mithilfe von Solarpanels mit Strom versorgt. Auf dem Testboot sind zwei 320-Watt-Module installiert; die Anlage ist erweiterbar (zusätzliche Solarzellen auf einem T-Top) auf eine Leistung von 1,87 kW. Wer sich für die Coupé-Ausführung entscheidet, kann Module mit 2,88 kW installieren lassen und hat entsprechend noch mehr grünen Strom zur Verfügung.

Greenline setzt bei der 45 Fly Hybrid auf den Hotelmodus

Gespeichert wird die Energie in vier LiPO-Hybrid-Batterien (56 Volt), die jedoch nicht nur für eine umweltfreundliche Fahrt vorgesehen sind, sondern auch für den sogenannten Hotelmodus. Der große Energiespeicher hat zusätzlich den Vorteil, dass man als Ankerlieger keinen Generator laufen lassen muss, sondern mit einem Inverter die 230-V-Geräte über längere Zeit versorgen kann. In der 230-V-Abteilung ist die Klimaanlage der größte Energiefresser. Installiert ist auf dem Testboot eine „Tropische Klimaanlage“ (46.000 BTU, umschaltbar). Den durchschnittlichen Verbrauch für 24 Stunden an einem sonnigen, warmen Tag gibt Greenline Yachts mit 26,312 kWh (im ECO-Mode) an. Kommen noch der Kocher, die Kühlschränke und der Verbrauch für das normale Bordleben dazu, beziffert die Werft den durchschnittlichen Energieverbrauch innerhalb von 24 Stunden auf etwa 34 kWh.

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Tagesablauf an Bord

Wir haben den Praxistest durchgeführt und verbrachten knapp einen Tag auf der Test-Greenline. Tagsüber, bei einer Außentemperatur von etwa 23 °C, waren wir mit drei Personen an Bord. Übernachtet haben wir zu zweit in jeweils einer Kabine. Hier die wichtigsten Punkte an den beiden Testtagen: Wir sind mit einem Ladezustand von 95 Prozent um etwa 12:00 Uhr gestartet (mit E-Antrieb). Dann nahmen wir auf dem Mittelmeer vor Palma de Mallorca die elektrischen Fahrwerte auf und fuhren gegen 12:40 Uhr (bei 87 Prozent) im Dieselbetrieb zum Ankerplatz. Dort haben wir gegen 13:10 Uhr den Anker ausgebracht und die Kühlschränke sowie die Klimaanlage normal weiterlaufen lassen. Gegen 15:00 lichteten wir den Anker wieder, und um 15:20 Uhr hat der Fahrer im Hafen von Porto Portals angelegt – und die Kontrollanzeige stand auf 82 Prozent.

Hinweis: Der Landanschluss wurde nicht verbunden. Den Backofen habe ich im Hafen für circa eine Stunde auf 200 °C eingeschaltet. Danach stand die Anzeige auf 75 und um 19:30 Uhr auf 62 Prozent. Am nächsten Morgen sind wir mit den Elektromotoren ausgelaufen, die Anzeige stand bei 39 Prozent, bevor der Fahrer die Dieselmotoren hinter der Hafenausfahrt gestartet hat. Nach etwa einer Stunde waren die Batterien wieder bis zu 97 Prozent geladen. Beim Ladevorgang werden die Batterien zu Beginn recht schnell geladen; zum Schluss geht es dann, wie bei anderen Systemen auch, langsamer. Der Mehrverbrauch der beiden Yanmar-Motoren liegt in der höchsten Ladestufe (um 14 kW) pro Motor bei etwa 4 Litern pro Stunde.

Die Testfahrt

Fahren lässt sich die Greenline entweder vom Salon- oder vom Flybridge-Fahrstand aus. Für die Anzeige von Fahrdaten wie beispielsweise Geschwindigkeit, Verbrauch und die Restfahrzeit bei aktueller Geschwindigkeit sind zwei große Monitore (pro Instrumententafel) auf dem Testboot zuständig. An beiden Fahrständen lassen sich Motoren und Lenkung uneingeschränkt bedienen. Beim Manö­vrieren im Hafen garantieren das Bug- und das optionale Heckstrahlruder einfaches Handling.

Die Reichweiten mit den Elektroantrieben sind natürlich nicht riesig; mit 5,0 Knoten liegt sie beispielsweise bei gut 9 Seemeilen plus 15 Prozent Reserve. Um sicher aus und in Häfen zu kommen, lärmreduziert in den Naturhafen zu fahren oder einfach mal leise eine Strecke zurückzulegen, bietet sich diese Betriebsart gut an. Längere Strecken legt man mit den beiden Dieselmotoren zurück. Hierfür empfehlen sich 18,5 Knoten bei einem Verbrauch von 5,3 Litern pro Seemeile. Daraus errechnet sich mit dem Tankvolumen von 1.500 Litern eine Reichweite von gut 240 Seemeilen plus 15 Prozent Reserve. Mit 8 Knoten liegt die Reichweite bei rund 670 Seemeilen. Am zweiten Testtag auf dem Mittelmeer vor Palma zeigte sich die See recht kabbelig. Mit etwa 18 Knoten konnten wir die Wellen kursstabil und mit mäßigem Spritzwasser gut durchfahren. Auch in schnellen Kurven verhält sich der Rumpf sicher, ohne kräftig zu schaukeln oder zu stampfen.

Aufteilung an Bord der Greenline 45 Fly Hybrid

Bei schönem Wetter lässt sich die Greenline mit einem tollen Weitblick gut von der Flybridge aus fahren. Auf dem Testboot waren insgesamt vier Kameras installiert, zwei davon mit Blick nach achtern, um beim Anlegen auch das Heck gut sehen zu können. Je eine Kamera war im Bug und im Motorraum installiert. Die gleiche Videoüberwachung lässt sich ebenfalls am Salon-Fahrstand aktivieren. Hier sitzt der Skipper geschützt hinter einer Sicherheitsglasscheibe mit zwei Scheibenwischern. Eine Tür neben dem Fahrer garantiert den direkten Zugang zum Seitendeck.

Die 45 Fly wird in einer Zwei- oder Drei-Kabinen-Version angeboten. Wir fuhren die Version mit drei Kabinen und einem Doppelbett in der Gästekabine an Steuerbord. Zwei Einzelkojen sind ebenfalls möglich. Im Bug findet man die VIP-Kabine mit einem Doppelbett und einem direkten Zugang zur Gäste-Nasszelle. Diese Nasszelle hat die gleiche Komfortausstattung wie das Bad der Eignerkabine. Letztere ist über die gesamte Bootsbreite angelegt und bietet eine große Doppelkoje und viel Stauraum.

Das Gemeinschaftsleben auf dem Hauptdeck findet auf einer komfortablen Sitzeinheit im Salon an Backbord statt. Auf der gegenüberliegenden Seite ist ein Sideboard mit Fernseher untergebracht. Nach achtern schließt sich der Pantrybereich an, der sich über ein großes Fenster zum Heck hin öffnen lässt und damit gut vom Cockpit aus erreichbar ist. Hinter dem Cockpit mit Sitzeinheit und Tisch befindet sich die Abteilung für Badelustige auf einer großen Plattform mit optionaler Hydraulikeinrichtung.

Vorbildlich: Die Zugänge an beiden Seiten lassen sich mit Türen verschließen. Eine große Sonnenliege ordnet die Werft auf dem Vordeck an, gegen zu kräftige Sonneneinstrahlung schützt auf dem Testboot ein Biminidach auf dem Vorschiff und der Flybridge. Letztere ist mit Sonnenpolster, Sitzecke sowie Wetbar ausgerüstet.


Technische Daten

  • CE-Kategorie: B
  • Länge über alles: 15,57 m
  • Breite: 4,57 m
  • Verdrängung: etwa 13,5 t
  • Tiefgang (leer): 1,10 m
  • Durchfahrtshöhe: 4,16 m
  • Kraftstofftank: 1.500 l
  • Batterien: 4 x H-drive Batterien mit je 11,4 kWh Solarzellen2 x 320 W
  • Inverter Charger: 5.000 VA/100A
  • Testmotorisierung: 2 x Yanmar 8LV 370 PS (272 kW), 2 x E-Motor 23 kW (als Generator 14 kW)
  • Basispreis ab Werft mit Testmotorisierung und Hybridausrüstung: 895.254 €
  • Vertrieb Testboot: argoyachting.com

Messergebnisse

Drehzahl U/minGeschwindigkeit knVerbrauch kWh/smReichweite smLautstärke dB(A)
6203,02,3016,946
1.0005,04,209,249
1.3006,36,835,754

Die wichtigsten Verbraucher- und Stromanschlüsse

24 V

  • Beleuchtung
  • VHF-Funk
  • Motorgebläse
  • Kühlschrank Flybridge
  • Frischwasser
  • Instrumente
  • Trimmklappen
  • Horn, Suchscheinwerfer
  • Radio, 12-V-Steckdose
  • Autopilot

230 V

  • Klimaanlage (Steuerung, Kabinen und Salon)
  • Ofen
  • Kocher
  • Grill (Flybridge)
  • Eiswürfelbereiter
  • Warmwasserbereiter
  • Kühlschrank Pantry
  • Waschmaschine/Trockner
  • Geschirrspüler
  • Batterieladegerät
  • Steckdosen Unterdeck
  • Steckdosen Hauptdeck
  • Entertainmentsysteme

Fazit

Mit der Greenline 45 Fly Hybrid ist man zukunftsweisend unterwegs. Auf der Drei-Kabinen-Version können sechs Personen bequem übernachten und sich wohlfühlen. Im Außenbereich gibt es viele bequeme Sitz- und Liegekombinationen. Der „Hotelmodus“ garantiert ohne Generatorbetrieb ein ruhiges, angenehmes Leben an Bord.

Vorteile

Einfach zu manövrieren mit Bug- und Heckstrahlruder

Leise Fahrt mit den Elektro­motoren

Viel Platz und komfortables Wohnen


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