Ralf Marquard
· 10.03.2013
Silver Star: Die neue Pershing 58 präsentiert sich als sportliche 50-Knoten-Open, die eine Riesenportion Extravergnügen an Bord bereit hält.
Wer schon einmal eine Pershing an sich vorbeiziehen sah oder sogar selbst auf einer gefahren ist, spürt sofort die Freude, die man mit diesen „Fahrmaschinen“ hat. Verantwortlich dafür zeigen sich bei unserem Testboot Pershing 58 zwei 1360 PS starke MAN-Diesel, die ihre Kraft über Arneson-Drives ins Wasser bringen.
Antriebe, die mit speziellen Oberflächen-Propellern an Wellen ausgerüstet sind, die sich wie Z-Antriebe lenken und trimmen lassen. Vorteil dieser Technik: Je schneller man gleitet, desto höher werden die Antriebe gestellt, und die Propeller sind nur noch teilgetaucht, was einen hohen Wirkungsgrad und damit reichlich Speed ergibt.
Nachteil: Im unteren Geschwindigkeitsbereich ventilieren die Propeller, bevor sie dann voll kraftschlüssig werden. Aber auch diese Eigenschaft vermittelt sportlichen Charakter, denn wenn die Propeller nach dem Luftschnappen Gripp bekommen, beschleunigt der knapp 29 t schwere Rumpf ohne Mucken rasant hoch. Der Bug hebt sich dabei nur wenig, und die Sicht bleibt immer gut. Hilfreich zeigen sich in dieser Situation die Trimmklappen; in Gleitfahrt fährt man die Klappen immer weiter hoch und hebt die Antriebe etwas an. Um diese optimale Bootslage zu finden, ist Fingerspitzengefühl erforderlich. Stimmt alles, zieht die Pershing einen riesigen Schweif hinter sich her und erreicht respektable 50 kn.
Dass zwei Dieselmotoren über 1000 PS nicht gerade zimperlich mit dem Sprit umgehen, dürfte jedem klar sein. In Zahlen ausgedrückt: knapp 11 l/sm. Mit einem Dieselvorrat von 3200 abzüglich 15 % Reserve ergibt das eine Reichweite von 252 sm. Als Marschfahrt empfiehlt die Werft 1800/min mit einer Geschwindigkeit von knapp 35 kn. Dass man in diesem Punkt richtig liegt, zeigt ebenfalls unsere Testauswertung, die bei 1800/min den niedrigsten Verbrauch in Gleitfahrt ergab. Das sind noch gut 8 l/sm, was wiederum eine Reichweite von 331 sm bedeutet – für ein CE-Kategorie-A-Boot nicht berauschend.
Schnelle Kurvenfahrt: Hier ist lediglich negativ anzumerken, dass die Sicht zur Kurven-innenseite bei Backbord-Kurven gleich null ist, da sich die Pershing so weit auf die Seite legt, dass man nur noch Wasser sieht. Beim schnellen Kurvenmanöver gibt es bis auf das weiche Einwippen in die eigene Welle weder Schaukeln noch Einhaken. Auf Slalomkursen schwingt das Boot sicher von der einen zur anderen Seite, und beim Verreißen der Lenkung setzt der Rumpf weich ein.
Die Steuerung zeigte sich bei allen Manövern nur ausreichend leichtgängig. Mit einer Pershing langsam zu fahren, widerstrebt ihrem Charakter, doch auch diese Boote müssen mal in den Hafen oder die Bucht, wo Schleichfahrt angesagt ist. Damit die Fahrt, besonders im Hafen, nicht zu schnell wird, installiert die Werft eine Trolling-Einrichtung, mit der man die Verdrängerfahrt bei Standgas (600/min) mit gut 6 kn auf etwa 3 kn reduziert. Lenken muss man dabei kaum, denn mit gleich schnellen Motoren läuft die Pershing, fast wie an der Schnur gezogen, geradeaus. Anlegen oder In-die-Box- Manövrieren erledigt man mit gegenläufig eingekuppelten Ge-trieben und mit dem auf unserem Testboot installierten Bug- und Heckstrahlruder exakt und sicher.
Die Kommandozentrale des Skippers gestaltet die Werft mit zeitgemäßer Hightech. Dazu gehören das obligatorische Pershing-Steuerrad mit nur einer Speiche, elektronische Schaltbox von ZF, gut ablesbare Instrumente und eine Schalteinheit wie im Cockpit eines Flugzeuges. Der davor stehen-de Sportsitz lässt sich nur in der Lehnenstellung verändern; sonst bietet er keine Verstellmöglichkeit – was sich an einer mäßigen Beinfreiheit zwischen tief angeordnetem Lenkrad und Sitz zeigt. Besser hat es der stehende Fahrer, wenn er die vordere Sitzfläche hochklappt und sich davorstellt.
Den Blick durch die riesigen, leicht getönten Frontscheiben stören kaum Spiegelungen, da der Fahrstand vorbildlich dunkel ausfällt. Zwei große Scheibenwischer sorgen bei Regenfahrt für die ungetrübte Vo-raussicht. Die Frischluftzufuhr übernehmen Seitenscheiben, die sich kinderleicht per Knopfdruck öffnen und schließen. Gleiches gilt für das riesige Schiebedach über dem Fahrer- und Beifahrerplatz.
Nach achtern schließt sich die Cockpitsitzecke mit Wetbar an. Im Heck dominiert eine riesige Sonnenliege, unter der man die Tendergarage findet. Hier steht selbstverständlich nicht irgendein "Bötchen" drin, sondern standesgemäß ein Williams-Tender mit Jetantrieb. Ins und aus dem Wasser kommt er mithilfe einer fernbedien-baren Gangway. Badelustige klettern über eine Leiter (elektrisch angetrieben) aus dem Wasser. Zum Abbrausen bietet sich die Dusche (warm/kalt) auf der riesigen Badeplattform an.
Dass die Pershing 58 ebenfalls unter Deck etwas Besonderes bietet, zeigt schon der erste Blick in den Salonbereich mit gemütlicher Sitzecke und Pantryblock. Hier, wie in allen Kabinen und Bädern, setzen Hell-Dunkel-Kontraste mit edel ausgeführten Möbeln ihre Akzente. Die Unter-Deck-Aufteilung bekommt man in zwei Variationen: Dabei bleiben die gemütliche Eignerkabine im Mittelteil (über die gesamte Breite mit Nasszelle) und
die VIP-Kabine im Vorschiff (ebenfalls eigenes Bad) immer identisch.
Der Unterschied liegt dazwischen: Entweder gibt es, wie auf unserem Testboot, eine Kabine mit zwei Einzelbetten für Kinder oder einen begehbaren Kleiderschrank. Die dazugehörige Nasszelle, die auch als Tagestoilette dient, lässt sich vom Vorraum aus betreten. Eine Crew-Cabin findet man noch im Achterschiff.
Der Zugang zu den Motoren führt über eine Luke und Leiter an der Sonnenliege. Im Eingangsbereich hat der Mechaniker reichlich Kopffreiheit, weiter vorn muss er sich etwas runterbeugen. Der Platz um die Motoren ist passend, was die Servicearbeiten erleichtert. Bis auf einen zu klein gewählten Kabelkanal (der Deckel beulte sich aus und musste mit Kabelbindern gehalten werden) zeigen sich die Installationen von einer ordentlichen Seite. Pluspunkte gibt es außerdem für sicher verpresste Dieselleitungen, große Spritfilter mit Schauglas und elektrischem Alarm, Absperrventil, Feuerlöschanlage, leistungsfähige Lenzeinrichtung und selbstverlöschende Schallisolierung.
Um sich an Deck sicher zu bewegen, gehören rutschfeste Bodenstrukturen genauso zum Standard wie die stabile Reling mit Unterzug. Festmachen lässt sich die Pershing an soliden Klampen, die durch verstärktes Laminat geschraubt werden. Letzteres versieht die Werft außen mit einem Gelcoat und 2-K-Lack sowie auf den Innenseiten mit einem sauberen Schutzanstrich, der sich ebenfalls auf den entgrateten Schnittkanten findet.
Fazit: Es macht Spaß, mit der Pershing 58 übers Wasser zu donnern. Zu den sportlichen Fahreigenschaften passen die gesamte Ausrüstung und das ansprechende Styling. Bei der Verarbeitung und den Installationen gibt es nur wenige Kritikpunkte.
Werft: Ferretti S.p.A.
Typbezeichnung: Pershing 58
CE-Kategorie: A - Hochsee
Länge: 18,00 m
Breite: 4,80 m
Verdrängung: 0,03 t
Preis: 2.058.700,00 €