Positive Blitzabwehr

Martin Hager

 · 08.04.2020

Positive BlitzabwehrFoto: Unbekannt
Positive Blitzabwehr | hr

Schäden durch Blitzschlag nehmen zu. Doch ein innovatives Blitzschutzsystem aus Südamerika verhindert die Entstehung von Blitzen und kann Yachten schützen.

Die schlimmsten und heftigsten Unwetter meines Seglerlebens habe ich auf der östlichen Adria erlebt. Wind, der sich innerhalb weniger Minuten zu Sturmstärke steigerte, und Blitze, die im Dauerfeuer und gefühlt viel zu nah um uns herum zuckten – ein beängstigendes Szenario, das ich nie vergessen werde. Erfreulicherweise sind wir damals heil und nur unter Sturmfock aus dem Himmelsinferno herausgesegelt, ohne Schaden zu nehmen.

Glück gehabt, möchte man meinen, wenn man Holger Flindt zuhört, der bei Europas führendem Yachtversicherer Pantaenius die Schadenabteilung leitet. "Schäden durch Blitzschlag nehmen zu und haben sich in den letzten zehn Jahren zu einem echten Thema entwickelt", so der Ingenieur. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Blitzschläge machen weltweit 6,5 Prozent der Schäden aus. In einzelnen Fahrtgebieten ist das laut der Versicherungsexperten jedoch deutlich mehr – im Mittelmeer zehn Prozent, in Florida, dem Golf von Mexiko und in der Karibik schlagen Blitzschlagschäden gar mit fünfzig Prozent zu Buche. In den letzten fünf Jahren überwies das Unternehmen seinen Kunden 28 Millionen Euro für Schäden, die im Zusammenhang mit Blitzeinschlägen standen. So ist es nicht verwunderlich, dass Pantaenius den Einsatz von Blitzschutzeinrichtungen an Bord unterstützt und fördert. Ein solches System kommt aus Paraguay, nennt sich CMCE (Akronym für Compensador Multiple de Campo Electrico) und verhindert die Entstehung von Blitzen. Der Hersteller Sertec installiert seit Jahren seine erprobte Technologie auf öffentlichen Gebäuden, Stadien, sensiblen Industrieanlagen und Flughäfen.

Die Schifffahrt stand bis dato nicht im Fokus der Südamerikaner, doch ihr explizit für den Marinebereich entwickelter CMCE-Kondensator scheint wie gemacht für die Yachtbranche. "Dieses innovative System wird von uns daher nicht nur unterstützt, sondern zudem als bedingungskonforme Schutzvorkehrung anerkannt, die Kunden auch in besonders gefährdeten Fahrtgebieten im Schadenfall durch Blitzeinschlag von einer Selbstbeteiligung entbindet", lässt Holger Flindt wissen. Wenn im Falle eines direkten oder indirekten Blitzeinschlages und aufgrund der auftretenden Überspannungen die gesamte Bordelektronik in die Knie geht, kann die Schadensumme bei Großformaten schnell mehrere Hunderttausend Euro betragen.

Die Wirkungsweise eines CMCE-Kondensators | rsFoto: Unbekannt
Die Wirkungsweise eines CMCE-Kondensators | rs

Das CMCE-System basiert auf den gleichen Funktionsprinzipien, die Physiker und Elektroingenieur Nikola Tesla bereits Anfang des 19. Jahrhunderts erforschte. "Bei einem Gewitter entsteht eine Poten­zialdifferenz zwischen den negativ geladenen Wolken und der positiv geladenen Erde. Als Folge davon erhöht sich die Ladungskonzentration an bestimmten Stellen, sodass sich dort Blitze bilden können", erklärt Arne Gründel, der als Vertriebsleiter der norddeutschen Bord­elektronikprofis Elna die Vermarktung des neuen Systems in Nordeuropa koor­diniert. "Das CMCE-System sorgt für einen Potenzialausgleich, der bewirkt, dass im geschützten Bereich kein Blitz entsteht. Diese handlichen kleinen Geräte nehmen überschüssige negative Ladungen aus der Luftschicht auf und leiten sie durch die Erdung ab. Der Prozess eliminiert positiv geladene Aufwärtsströme und verhindert so die Entstehung eines Blitzkanals."

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Laut Angabe des paraguayischen Herstellers reduziert sich die Wahrscheinlichkeit eines Blitzschlags innerhalb des geschützten Bereichs um 99 Prozent. Das CMCE-System gibt es in den drei Größen Gold (1,06 kg, 9000 Euro), Platinum (2,75 kg, 12 000 Euro) und Diamond (6,17 kg, 19 000 Euro). Je größer der Kondensator ist, umso mehr nega­tive Ladung kann das Gerät ableiten. Die Sertec-Ingenieure berechnen anhand der Yachtmaße, welche Gerätegröße und wie viele CMCE-Einheiten an Bord instal­liert werden müssen.