Peter Laessig
· 28.07.2015
Mia Cara: Die Absolute 64 Fly ist edel, gläsern, innovativ, mutig und aufregend zugleich. Motorinstrumentierung gibt's nur noch auf dem Bildschirm.
"Mia Cara" bedeutet so viel wie "meine Liebste". Natürlich hat ein italienisches Boot ein "enges Verhältnis" zur Liebe, was dachten Sie denn? – Und: Als eine der wenigen Werften in Europa brennt Absolute unbeirrt ein Feuerwerk von neuen Yachten ab. So wurde das mittlerweile 16 Modelle umfassende Angebot um die Absolute 64 Fly nach oben erweitert.
Das Boot wartet mit vier Kabinen plus eine für die Crew auf. Letztere steht hinsichtlich der verwendeten Materialien und der Ausstattung den anderen in nichts nach. Zählt man das separate Bad in der Crew-Kabine mit, sind es also vier Räumlichkeiten; für insgesamt zehn Personen stehen bequeme Kojen bereit.
In puncto Sicherheit findet man Halt, wo man ihn braucht. Manuelle und elek-trische Lenzpumpen sind vorhanden und doppelte sowie umschaltbare Kraftstoffvorfilter mit Alarmsensoren versehen. Das Schanzkleid an den Seitendecks ist samt Reling so hoch, dass man auch bei rauer See sicher gehen kann. Bei einem Test würden wir ausschließlich die Note "Gut" vergeben. Kritikpunkte: Einige Möbel und die Türgriffe sind uns zu eckig, was aber der Zeitgeschmack zu verantworten hat.
Die Absolute 64 Fly wird serienmäßig mit zwei 725 PS starken Volvo-Penta-Dieselmotoren mit IPS-Pod-Antrieben bestückt. Im Testboot ist die teurere Variante eingebaut, zwei 900 PS starke Selbstzünder. Zwei Motoren allein garantieren wendiges Verhalten in langsamer Fahrt. Aber mit IPS plus Joysticksteuerung gelingen An- oder Ablegemanöver auch weniger geübten Skippern. Das installierte Bugstrahlruder kostet extra und sorgt bei längeren Rückwärtsfahrten und starkem Seitenwind zusätzlich für Kurstreue.
Im Hafen empfiehlt es sich, bei 600/min beide Getriebe im Trolling-Modus zu fahren, um nicht zu schnell (3 kn) zu werden. Die gleichen Drehzahlen gilt es auch bei langsamen Passagen ohne Trolling-Modus einzuhalten, damit die vom Boot erzeugten Wellen bei 6 kn Fahrt nicht stören. Mit zunehmender Geschwindigkeit beginnt die Fly 64, sich nahezu parallel aus dem Wasser zu heben, und ab 1500/min (14 kn) Fahrt signalisiert ein glatter Wasserabriss am Heck, dass sie zu gleiten beginnt.
Bei Booten mit IPS-Antrieben sorgen Trimmklappen beim Anfahren und später für uneingeschränkte Voraussicht. Unser Testboot beeinflussen automatisch arbeitende (Extra), die ihre Aufgabe perfekt erledigen. Aber auch ohne Trimmklappen gibt es nichts zu beanstanden: Die Sicht am Fahrstand bleibt ungetrübt. Die Automatik sorgt neben der Längstrimmung auch für reduzierte Krängungswinkel bei weitläufigen Kurvenfahrten, was insbesondere der Sicht über Backbord zugute kommt.
Beide Motoren drehen 80 U/min mehr, als der Hersteller erlaubt, was aber angesichts der geringen Beladung für passende Propeller spricht. Im GPS loggen sich als Höchstgeschwindigkeit 34,6 kn ein. Die Werft benennt 26 kn als Marschfahrt und einen Verbrauch von 8,5 l/sm. Nach Auswertung unserer Messwerte können wir das bestätigen, fahren bei 2000/min 1 kn schneller und verbrennen die gleiche Menge Sprit pro Seemeile.
Für die Reichweiten heißt das, man kommt mit den 3000 l Diesel theoretisch knapp 300 sm weit, bevor die 15-%-Reserve angegriffen wird. Und bei Vollgas reicht der Sprit für knapp 280 sm plus Reserve. Damit erfüllt das Testboot in diesem Punkt unsere Minimalforderung von wenigstens 270 sm Aktionsradius plus Reserve. In langsamer Fahrt wird die Absolute 64 Fly zum Langstreckenläufer und muss erst nach rund 1500 sm eine Bunkerstation anlaufen, soll die Reserve erhalten bleiben. Das ist mehr als gut.
Einschlagwinkel von IPS-Antrieben sind programmierbar und werden von Geschwindigkeit und Drehzahlen beeinflusst, was Extremmanöver verhindert. Beim Testboot durchmessen die Vollkreise bei Höchstgeschwindigkeit bis 300 Meter; wer engere Kurven fahren will, muss Gas wegnehmen. Wo wir sonst eine Verzögerung von der Ruderbetätigung bis zur Reaktion der IPS-Antriebe festgestellt haben, wurde die beim Testboot so minimiert, dass die Steuerung nahezu direkt reagiert.
Dadurch lässt es sich auf der Slalomstrecke minimal über die Längsachse pendeln. Im Übrigen verlaufen alle Aktionen sicher und neutral. Wellen, die einen halben Meter hoch sind – oder hin und wieder höhere – stellen für die 64 Fly keine Herausforderung dar. Bei Vollgas hört man ab und an im Salon beim Passieren von Wellen das eine oder andere Möbelstück "knarzen" – was die Werft zukünftig ändern will. Dass man dieses Geräusch vernimmt, liegt aber auch an der mehr als wirksamen Schalldämmung; denn 73 dB/A bei Vollgas im Salon sind beeindruckend leise.
An beiden Fahrständen, die – durch die Kooperation von Garmin und Volvo Penta nur mit Bildschirmen ausgestattet – etwas puristisch erscheinen, sitzt man in optimal gestalteten Schalensitzen sicher und bequem. Es lassen sich alle Instrumente auch analog auf den Bildschirmen darstellen. Daneben informiert ein Touchscreen am Hauptfahrstand über alles, was im oder auf dem Boot passiert. Kritikpunkt am Fahrstand auf der Fly: Joystick und Schaltung sollten ihren Platz wechseln!
In den Motorraum führen zwei Wege, durch eine Cockpitbodenluke und von der Badeplattform in die Crew-Kabine durch die Toilette. Letztere ist auch der Haupteingang zum Motorraum, der sich nahezu komplett begehbar zeigt und eine Vorrichtung besitzt, bei der an der Decke die Cockpitstühle gestaut werden können. Man kommt an alles gut heran. Absolute stattet die 64 Fly mehr als fahrfertig aus, lässt dem zukünftigen Eigner aber auch noch genügend Spielraum, sich seine Yacht mittels Zubehörliste indivi-duell zu gestalten.
Fazit:
Es beeindruckt, dass Absolute realistische Verbrauchswerte nennt, anderen Werften fehlt meist der Mut dazu. – Und was von außen schon gut aussieht, wirkt auch innen: lichtdurchflutete Räume, in denen es nicht an Komfort mangelt. Auf Deck bieten die ausladende Fly, das Cockpit und das Vordeck mehr als genug Platz. Fraglos ein Boot, das begeistert.
Werft: Absolute S.p.A
Typbezeichnung: Absolute 64 Fly
CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern
Material von Rumpf und Deck: Kunststoff
Länge: 29,60 m
Breite: 5,15 m
Verdrängung: 37,50 t
Preis: 1.880.200,00 €