Wajer 44Leises Kraftpaket der Luxusklasse mit neuer Bootsbau-Technologie

Leonie Meyer

 · 13.01.2024

Wajer-Handschrift: Klare Linien entstanden in Zusammenarbeit mit  Sinot Yacht Architecture & Design
Foto: Wajer Yachts
Die Wajer 44 reiht sich als Dayboat mit einer Länge von 13,10 Metern ins Mittelfeld der Flotte der niederländischen Marke ein. Die Werft setzt eine neue Technologie beim Bootsbau um, die das Gewicht reduziert und die Geräuschemission senkt.

Beide Kommandogeber werden nach dem Verlassen des Hafens von Monaco umgelegt. Die Motoren sind nicht wesentlich lauter als die Gischt, die während der Probefahrt mit der Wajer 44 entsteht. Die Yacht ist leiser im Vergleich zu anderen in dem Segment, und das mit zwei eingebauten IPS 650-Motoren von Volvo Penta. Hinter dem Steuer steht Dries Wajer, Geschäftsführer von Wajer Yachts. Er erzählt im Gespräch mit BOOTE EXCLUSIV, dass er immer wieder überrascht sei, wie laut Motorboote eigentlich sind. Umso glücklicher zeigt er sich darüber, dass es ihm gelungen sei, mit dem neuen Modell bei einer Geschwindigkeit von 26 Knoten mit 74 Dezibel über das Wasser zu gleiten. „Wir sind dafür bekannt, das leiseste Boot der Klasse zu bauen“, sagt der Niederländer, während wir die französische Riviera und zahlreiche Yachten hinter uns lassen. Dries Wajer beschleunigt den 13,10 Meter langen GFK-Bau auf 40 Knoten.

Dass man sich selbst bei Höchstgeschwindigkeit entspannt unterhalten kann, garantiert das tiefe Cockpit und die umlaufende Windschutzscheibe. Letztere steckt in einem Rahmen, der wie weitere Komponenten der 44 mithilfe des Ex-Core-Verfahrens entsteht. Hierbei werden Kohlefaser-Prepregs als erste Schicht auf eine zweiteilige Negativform aus Metall gelegt. In eine der Formen wird ein spezieller Schaum aufgebracht, der sich nach Schließen der Form durch gezielte Erwärmung und Druckaufbau gleichmäßig ausdehnt und gegen die äußeren Fasern gepresst wird. Das kontrollierte Aushärten der Verbundwerkstoffe erfolgt nicht von außen nach innen, sondern von innen nach außen. Dieser Prozess funktioniert umgekehrt zu herkömmlichen Laminierverfahren.

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Ziel der Ex-Core-Technologie ist es, Gewicht zu reduzieren, die Festigkeit zu erhöhen und Geräuschemissionen zu senken. Wajer Yachts arbeitet für die Umsetzung mit dem niederländischen Autohersteller Donkervoort zusammen, der Ex-Core ursprünglich für Elektrofahrzeuge entwickelte, um das hohe Gewicht der Batterien auszugleichen und Schall sowie Vibrationen zu absorbieren.

Unverwechselbares, zeitloses Design

Bei der Wajer 44 trifft zeitloses Design auf hervorragende Bauqualität. Ziel war es, die Linien so klar wie möglich zu halten und dabei die DNA des Herstellers erkennbar zu machen. Das gelang der Werft in Zusammenarbeit mit Sinot Yacht Architecture & Design. Van Oossanen Naval Architects übernahm die Konstruktion.

Das neue Modell ist als Hard-Top- oder Sport-Variante und in einem festen Layout erhältlich. Der Eigner kann sich zwischen sechs Farbtönen entscheiden und Konfigurationswünsche äußern. Ein Gestaltungsmerkmal bleibt immer: Ganz Wajer-typisch prangt am Heck in Tumblehome-Form der Schriftzug mit dem Modellnamen.

Der Skipper bedient das Boot über drei eingebaute Garmin-Bildschirme. Das Cockpit ist zudem mit drei gefederten Carbon-Schalensitzen ausgestattet. Von hier aus führen drei Stufen in die geräumige Kabine. Sie verfügt auf der Steuerbordseite über ein 1,60 Meter mal 2,10 Meter großes Doppelbett, das mühelos in eine gemütliche Sitzecke mit Ess-tisch umgewandelt wird. Direkt gegenüber befindet sich die Pantry, die Wajer mit einem Kühlschrank, einer Spüle sowie einer Kaffee- und Eismaschine ausstattet. Falls Eigner einen Törn über das Wochenende hinaus planen, nutzen diese den Stauraum in den dafür vorgesehenen Schränken an Backbord und Steuerbord. Hinter einer Tür im Bug versteckt sich ein Badezimmer mit moderner Anmutung inklusive Dusche und Toilette. Die Inneneinrichtung zeichnet sich durch eine neutrale Farbpalette von Furnier und Stoffen aus, die ein angenehmes und stilvolles Ambiente schafft.

Zurück an Deck: Achtern kommen Gäste auf den U-Sofas zusammen. Maximal 16 Personen dürfen an Bord. Direkt im Anschluss gibt es zwei große Flächen zum Sonnen. Das geht zusätzlich auf der Sonnenliege im Bug. Falls sich der Eigner oder seine Freunde nach Schatten sehnen, gibt es ein Bimini. Selbstverständlich achteten die Gestalter von Sinot darauf, dass dieses mit dem Design harmoniert. Zwischen den Liegeflächen befindet sich ein Steg, sodass Gäste vom Kai über die Badeplattform an Bord gelangen. Das Heck bietet zudem Platz für Wasserspielzeug.

Während der Entwurfsphase arbeiten Dries Wajer und seine Mitarbeiter immer daran, die Handschrift beizubehalten und die Nutzung des Bootes weiterzuentwickeln. Es gehe ihm nicht um das Layout oder die Anzahl der Betten, das sei ein Unterschied zu anderen Booten. Nach dem Designprozess werde geprüft, wie viel Platz an Bord übrig bleibt, der schließlich bestmöglich genutzt wird.

Hand in Hand mit der Familie

Hinter der Arbeit steckt Familiengeschichte: Im Jahr 1992 gründete Dorus Wajer, der Vater von Dries, das Unternehmen in Heeg am Ijsselmeer. Er baute zu Beginn jene Schaluppen mit Tauwerk-Scheuerleisten, die typisch für niederländische Wasserwege sind. Doch die seien nicht passend für den Mittelmeer-Raum gewesen. Auf die traditionellen Kanalboote folgte im Jahr 2006 die Einführung der Wajer 37. Drei Jahre später stieg Dries Wajer schließlich in das Familiengeschäft ein. „Mein Vater ist gelernter Ingenieur. Ich komme aus den Bereichen Marketing und Sales. Mit unseren jeweiligen Stärken ergänzen wir uns.“ 2017 übernahm er das Familiengeschäft. In den Folgejahren wurde die Wajer 38 konstruiert, die auch in der Sport-Variante auf den Markt kam. Erweitert wurde die Flotte 2016 mit der Wajer 55. Das Modell wollte sich Football-Superstar Tom Brady nicht entgehen lassen: Mit seiner Sport-Variante „Viva La Vida“ nahm er an der Siegesparade nach dem Sieg beim Super Bowl mit den Tampa Bay Buccaneers im Boating State Florida teil. 2021 orderte er schließlich das Flaggschiff die Wajer 77 allein auf Basis von Renderings (Ausgabe 3/22). Das sah der Ex-Quarterback als Chance für eine Vergrößerung, damit er längere Auszeiten auf dem Wasser mit seiner Familie genießen kann. „Unser neues Modell ist die perfekte Ergänzung unserer bisherigen Größen.“ Zum Vergleich: Die 44 hat deutlich mehr Volumen als die 38, ist jedoch mit 13,10 Metern wesentlich kompakter als die Wajer 55.

Großes Kompliment der Kundschaft für Wajer-Yachten

Wie Dries Wajer erklärt, kaufen Eigner oft die Wajer 38 als Einstiegsmodell. Später würden sie sich ein größeres Boot zulegen; der Geschäftsführer schätzt, dass Eigner ein Boot für circa vier Jahre behalten und sich in den meisten Fällen vergrößern würden. Genau in dieses Konzept passt die Wajer 44. Seit der Weltpremiere im Sommer 2023 wurden mehr als 50 Yachten geordert. Der Preis liegt bei rund zwei Millionen Euro, die Lieferzeit beträgt circa 1,5 Jahre. Rund zwölf Wochen bereiten die Bootsbauer Rumpf und Deck vor, und das Interieur wird in Modulen geliefert.

Zum Einsatz kommt die 44 in den meisten Fällen als Dayboat und als Tender oder Chaseboat zu bereits vorhandenen Yachten der Eigner. Kunden würden regelmäßig mitteilen, dass ihre Boote zuverlässig seien. „Das ist ein großes Kompliment für uns“, betont der Geschäftsführer.

Das Unternehmen bietet einen besonderen Service: Mit Wajer Care gibt es eine Möglichkeit, einem Klub beizutreten. Im Sommer übernimmt Wajer beispielsweise das Reinigen der Yacht. Im Winter erweitert sich der Service, und die Mitarbeiter kontrollieren die Systeme und wechseln bei Bedarf technische Teile aus.

Die Niederländer betreiben mehrere Standorte für das Management von Yachten in den Niederlanden, auf Ibiza und Mallorca, an der Côte d’Azur und in Miami. Wie Dries Wajer während der Probefahrt erklärt, kommen 50 Prozent der Käufer aus den USA, 20 Prozent aus den Niederlanden, und der Rest verteile sich auf andere Regionen der Welt, darunter England oder Afrika.

Innovative Funktionen runden das Design ab

Der 12,6-Tonner ist auf das Konzept „Smart Boating“ ausgerichtet. Beispielsweise gibt es einen schwenkbaren Ankerarm, den Dries Wajer während des Einlaufens in den Port Hercule demonstriert: Er wählt die Funktion, die Ankerluke öffnet sich, und im selben Moment fährt das Eisen heraus. Auf dieselbe Art und Weise sind Klampen sowie Fender in der Scheuerleiste integriert. Die App „Wajer Yachts“ ermöglicht es Eignern, sich mit ihrer Yacht zu verbinden. So können sie beispielsweise die Ankerposition beobachten, die hydraulisch betriebene Badeleiter oder die Klimaanlage bedienen.

Mit den Joysticks sowie den zwei Kommandogebern bereitet der Werftchef das Anlegemanöver vor. Auch weniger erfahrene Kapitäne kommen mithilfe des IPS-Antriebssystems voll auf ihre Kosten. Innerhalb kürzester Zeit liegt die Wajer 44 wieder fest vertäut im Port Hercule.


Technische Daten der Wajer 44

Wajer 44
  • Länge über alles: 13,10 m
  • Breite: 4,00 m
  • Tiefgang: 1,10 m
  • Verdrängung (halbvoll): 12,6 t
  • Material: GFK
  • Motoren: 2 x Volvo Penta IPS 650
  • Motorleistung: 2 x 353 kW
  • Geschwindigkeit (max.): 40 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 26 kn
  • Kraftstoff: 1200 l
  • Konstruktion: Van Oossanen
  • Design: Sinot Yacht Design
  • Klasse: CE „B“ / opt. MCA Kat. 3
  • Werft: Wajer Yachts, 2023
  • Startpreis: ab 8 Mio. Euro
  • Weitere Informationen: www.wajer.com

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