„Wenn es die S585 nicht gäbe, müsste man sie erfinden“, heißt es auf der Homepage des ukrainischen Herstellers Aquaspirit. Das klingt vielversprechend, zugegebenermaßen würden das allerdings wohl viele Werften über ihre eigenen Boote sagen. Entsprechend gespannt machen wir uns auf den Weg nach Wilhelmshaven an der Nordsee. Als wir dort ankommen, liegt das Schlauchboot schon im Wasser. Die Jade zeigt sich von ihrer vermeintlich besten Seite mit fast zweistelligen Lufttemperaturen, über 20 Knoten Wind und einer kabbeligen Welle - perfektes Wetter, um ein RIB auf Herz und Nieren zu testen.
Noch ist es regenfrei, also beginnen wir sofort mit der Probefahrt. Mit 1000 Umdrehungen laufen wir an dem fest vertäuten Seenotrettungskreuzer „Peter Habig“ vorbei. Die Aquaspirit fährt geradeaus und fängt nicht zu schlingern an. Außerhalb des Hafens beschleunigen wir und gehen auf Nordkurs in Richtung Außenjade. Auch bei höheren Drehzahlen bleibt das Boot kurstabil. Bei rund 3000 Umdrehungen in der Minute beginnen wir mit der Gleitfahrt.
Was sofort auffällt: Es klingt anders, wenn man durch die Welle fährt. Das liegt daran, dass der Rumpf nicht wie bei den meisten RIBs aus Kunststoff ist, sondern aus vier Millimeter starkem Aluminium. Außerdem ist er doppelwandig, der Hohlraum zwischen den Schichten ausgeschäumt. Das soll laut Werft das Boot unsinkbar machen.
Kleine Wellen schluckt er problemlos, auch der höhere Schwell der Containerschiffe ist kein Problem. Die Aquaspirit springt leicht darüber hinweg und setzt sanft wieder im Wasser ein. Dreht man enge Kreise oder steuert ruckartig von Backbord nach Steuerbord, passiert genau das, was man will. Selbst wenn man es dabei mit dem Lenkeinschlag übertreibt, vermittelt die S585: Mich bringt nichts aus der Ruhe. Das mag für ungeübte Fahrer im ersten Moment eine Herausforderung sein, geübte Skipper werden allerdings mit dieser Wendigkeit ihren Spaß haben – und sind wir mal ehrlich, das gehört für viele bei einem Festrumpfschlauchboot ja auch dazu.
Geht man bei über 25 Knoten sportlich in die Kurve und versucht, möglichst enge Kreise zu fahren, dreht sich das Boot förmlich auf der Stelle. Ist der Motortrimm dabei ganz unten, zieht der Propeller keine Luft. Man fühlt sich fast wie auf einem Jetski.
Typisch für Boote mit Außenborder liegt der Wendekreis bei eingekuppeltem Motor vorwärts und auch rückwärts bei etwa 1,5 Bootslängen.
Bei 4000 Umdrehungen pro Minute und einer Geschwindigkeit von 24,3 Knoten errechnen wir wirtschaftliche Gleitfahrt. Die S585 verbraucht etwa 16,3 Liter pro Stunde. Rechnet man 15 Prozent Reserve vom 132 Liter fassenden Tank ab, reicht der Treibstoff für 167 Seemeilen. Ein ordentlicher Wert. Der niedrige Kraftstoffverbrauch wird durch das geringe Gewicht (etwa 1000 Kilogramm mit dem 140 PS starken Suzuki-Außenborder) begünstigt.
Der japanische Motor wird übrigens elektrisch gekuppelt. Gelenkt wird dagegen hydraulisch, was allerdings aufpreispflichtig ist. Die Lenkung ist gut abgestimmt und nicht schwergängig. Wir fahren zurück in den Hafen und begutachten die Aquaspirit S585 von außen. Wie sollte es anders sein, auch dieses besitzt RIB aufblasbare Schläuche. Sie haben einen Durchmesser von 50 Zentimetern und sind D-förmig. Mit Kederschienen sind sie am Rumpf befestigt und lassen sich leicht austauschen. Wer sich für Hypalon Orca statt für PVC-Schläuche entscheidet, wird mit dem ersten Schlauchsatz wahrscheinlich noch einige Jahre länger Freude haben. Dieses Extra kostet den Eigner allerdings auch etwa 5040 Euro Aufpreis. Die Farbe ist dann frei wählbar.
Das Unterwasserschiff hat innen und außen verschweißte Nähte und ist zusätzlich mit Längs- und Querverstärkungen versehen, das macht das Boot besonders steif. Wählen kann man zwischen der von uns getesteten CC-Version, also mit Mittelkonsole, und der Variante mit Doppelkonsole (DC). Letztere kostet knapp 500 Euro Aufpreis. Alle Optionen wie T-Top, Bugtisch und Soundsystem sind Extras.
Nun zum Deckslayout der Aquaspirit S585: Im Vorschiff befindet sich eine Sitzgruppe mit dem bereits erwähnten zusätzlichen Bugtisch. Dieser hat vier Aussparungen für Getränkehalter. Die Polster dafür sind ebenfalls zu bezahlen. Kauft man sie dazu, kann der gesamte Bugbereich zwischen Steuerstand und Bug zur Liegefläche umfunktioniert werden. Der Heckbereich ist mit einer kleinen Doppelbank, dem Fahrstand und dem Steuerstand ausgestattet. Letzterer verfügt über einen Simrad-Plotter und alle wichtigen Instrumente.
Generell ist die Verarbeitung etwas grober als bei einem GFK-Boot. Das liegt daran, dass alle Teile geschweißt sind und nicht laminiert und gespachtelt. Alle Schweißnähte sind hochwertige Handarbeit. Unter den Sitzbänken und am Steuerstand gibt es Stauraum. Ein Aluminiumheckbügel mit weißer Rundumleuchte als Positionslicht ist ebenfalls auf der Zubehörliste vorhanden.
Im Gespräch mit Yachthändler Sascha Mende vom Yachtcharter Hooksiel erfahren wir, dass die Boote auch von Streitkräften verschiedener Nationen als Mehrzweckboote und zum Transport von Kampftruppen genutzt werden. Auch die ukrainische Marine soll an der Konstruktion mitgewirkt haben. Selbst wenn der Rumpf voll Wasser läuft und die Schläuche platzen, soll es noch schwimmbar sein und bis zu acht Personen sicher ans Ziel bringen. Das waren nur einige der vielen Anforderungen für den Entwurf. Auf dem Youtube-Kanal von Aquaspirit werden diese Eigenschaften anschaulich gezeigt.
Aquaspirit gibt drei Jahre Herstellergarantie auf die S585. Durch das geringe Gewicht des Bootes kann es außerdem mit einem Pkw getrailert werden und braucht nicht unbedingt einen festen Liegeplatz im Wasser.
Die Aquaspirit S585 ist eine richtige kleine Rakete. Die 140 PS am Testboot bringen sie auf 38 Knoten Topspeed. Die Bauqualität ist gut. Besonders hat uns das Fahrverhalten des ukrainischen RIBs gefallen. Ein echter Spaßmacher, nicht nur für den Familienausflug am Wochenende.