Die Ukraine, mittlerweile bekannt als Zentrum für qualitativ hochwertige Schlauchboote mit Feststoffrümpfen, ist die Heimat der robusten Aquaspirit-RIBs. Große Marken wie Brig und Grand sind ebenfalls hier vertreten und setzen weiterhin auf diesen Standort. Seit 2017 baut die Werft hier erfolgreich Boote, hat sich im Laufe der Jahre auf dem Markt etabliert und bietet den genannten Konkurrenten durchaus die Stirn.
AQS, die Abkürzung für Aquaspirit, beeindruckt mit guten Materialien und einer ebenfalls guten Verarbeitung: Ihr Unterwasserschiff besteht aus stabilem Marine-Aluminium, das im Vergleich zu glasfaserverstärktem Kunststoff eine höhere Widerstandsfähigkeit bei Grundberührungen und mechanischen Kollisionen bietet. Ein Anlanden am Badestrand ist daher kein Problem. Der lackierte Alurumpf wird erfahrene Skipper sofort am Fahrgeräusch auffallen. Es ist deutlich dumpfer als bei einem Glasfaserrumpf, fühlt sich aber auch etwas stabiler, steifer und damit weniger flexibel an.
Maßgeschneiderte Sonderanfertigungen sind möglich, was die Boote für private wie auch gewerbliche Kunden attraktiv macht. Darunter Behörden wie die Wasserschutzpolizei und Rettungsorganisationen wie DLRG und Feuerwehr. Sämtliche Baukomponenten, die hydrodynamisch optimierten Rümpfe aus Leichtmetall, das Schlauchsystem (wahlweise aus PVC oder Orca-Hypalon) und die Decksaufbauten – werden in Kiew designt und auch gefertigt. Bei unserem Test sind wir auf der Nordsee unterwegs und konnten gleich mehrere Boote fahren. Die Aquaspirit S585 haben wir bereits vorgestellt.
Unsere Testkandidatin, bereit gestellt vom Yachtcharter Hooksiel, ist das Topmodell und wurde 2024 auf der boot Düsseldorf vorgestellt. Wie bei Testbooten häufig der Fall, ist unser Testobjekt voll ausgestattet. Mit dabei sind dann zum Beispiel ein Seadeck-Decksbelag, ein Aluminiumhardtop, ein Wasserski-Bügel am Motor und natürlich der 250-PS-Suzuki-Motor mit Drive-by-Wire-Steuerung. Mit all diesen Optionen hat die S700 allerdings wenig mit dem Einstiegspreis zutun. Der Basispreis liegt bei rund 75 500 Euro inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer. Voll ausgestattet steht fast das Doppelte auf der Rechnung – stolze 131 500 Euro. Vergleichbare Alternativen wie eine Brig Eagle 8 mit 300 PS Mercury Verado und „Fahrfertig ausgestattet“ kostet aber ebenfalls 125 000 Euro. Auch eine Grand G680 HLF inklusive einem Yamaha-F200XSA-Motor kostet als Standardausführung 58 353 Euro, ähnlich also zur Aquaspirit S700.
Doch weg von beängstigenden Zahlen und zurück zur S700. Im Cockpit bietet die S700 großzügigen Platz, Sonnenliegen im Bug und Heck sind mit wenigen Handgriffen ausgeklappt. Die Liege auf dem Vordeck misst 1,50 x 1,60 Meter. Im Heck warten 1,90 x 1,36 Meter auf Sonnenhungrige. Auffällig ist der viele Stauraum, bei unserem Boot sogar mit dem Decksbelag auch innerhalb der Backskiste (410 Euro extra). Außerdem sind natürlich das optionale verfügbare Alu-T-Top am zentralen Steuerstand verbaut. Letzteres kostet in der aktuellen Aufpreisliste 2810 Euro. Für zusätzlichen Komfort ist das Cockpit mit einem elastischen EVA-Bodenbelag ausgelegt, der sogar die Innenwände schmückt. Außerdem befindet sich hinter dem Fahrstand eine feste Sitzbank für zwei Personen mit Blick zum Heck. Mit dieser Option finden im Heck entspannt sechs Personen an dem kleinen, ausklappbaren Tisch Platz.
Eine Chemie-Toilette ist unter dem Fahrstand verbaut. In die kleine Kabine gelangt man über den Bugsitzplatz. Dieser kann hochgeklappt werden. Die Klappe wird dann von einer Gasdruckfeder gehalten. Gasdruckfeder ist dabei das passende Stichwort. Jede Luke auf dem RIB wird so aufgehalten. Natürlich ist auch dies ein Extra, welches mit knapp über 1000 Euro zu Buche schlägt. Wir finden aber, es lohnt sich und macht das Boot etwas luxuriöser. Außerdem läuft man nicht Gefahr, dass einem die Luke auf die Finger fällt. Die einfache Elektrik ist fachgerecht im Boden verbaut und macht auf uns einen guten Eindruck. Ein Wassersystem ist auf unserem Testboot nicht vorhanden. Dafür eine Menge Haltegriffe.
Zum Fahren: Bei niedrigen Drehzahlen und den Gesängen von Depeche Mode – „Never let me down again“ – aus den Lautsprechern, verlassen wir den Hafen der Schleuseninsel in Wilhelmshaven. Es ist kalt, regnerisch und windig. Zwei Punkte fallen sofort auf. Die Musikanlage ist wirklich gut und auch bei den mehr als fünf Bft gut zu hören. Der zweite Punkt ist die Seegängigkeit. Vor dem Hafen warten auf uns rund 70 Zentimeter hohe und schnell aufeinander folgende Wellen. Der 700er ist das herzlich egal und sie schiebt sich weiter hinaus auf die Nordsee. Das Vordeck bleibt dabei trocken. Bis 2000 Umdrehungen in der Minute hebt sich die Nase des Bootes kaum und wir fahren in Verdrängerfahrt in Richtung LNG-Terminal. Mit der Welle beschleunigen wir.
Bei 2350 Umdrehungen in der Minute beginnen wir zu gleiten und fahren mit 17 Knoten durchs Wasser. Der Rumpf fühlt sich dabei griffig und sportlich an. Kleinen Lenkbefehlen folgt er sofort. Das Kreuzen durch die Welle macht das Sieben-Meter-RIB unbeeindruckt. Klar, trifft man die Welle genau von der Seite, spritzt es etwas über das 65 Zentimeter hohe Freibord, das passiert aber bei jedem Schlauchboot.
Im Schutz einer Landzunge legen wir den Hebel auf den Tisch und erreichen 43,0 Knoten. Selbst bei den Geschwindigkeiten fährt der Schlaucher ruhig geradeaus. Der Verbrauch steigt auf 82,1 Liter in der Stunde an. Fährt man in der wirtschaftlichen Gleitfahrt, verbraucht die AQS bei 3000 Umdrehungen in der Minute 21,9 Liter. Die Geschwindigkeit liegt per GPS gemessen dann bei 19,2 Knoten. Ist die Welle mal etwas spitzer, nimmt die S700 sie als Sprungschanze und überfliegt die nächsten Wellen. Sie setzt dann wieder weich ein und bleibt in der Spur.
Der Rumpf macht dabei weniger Geräusche, als es bei einem Rumpf aus GFK der Fall wäre. Kein Knarzen, kein Knacken. Geht man in die Kurve, macht das Boot genau das, was man möchte. Der Außenborder verliert bei ganz runter getrimmtem Motor nicht den Grip. Schlangenlinien und hektische Manöver macht die Aquaspirit ebenfalls gut. Im Vergleich zur kleinen Schwester, der 585, fährt sie sich allerdings etwas behäbiger und nicht ganz so sportlich. Verstecken muss sie sich dennoch nicht. Gefahren sind wir fast ausschließlich im Stehen. Wer sitzen möchte, darf keine zu langen Oberschenkel haben. Beim Testfahrer passt der Abstand, unser Kameramann hingegen fand es etwas beengt.
Zurück von der Testfahrt, fahren wir direkt in die Sliprampe und bringen S700 wieder an Land. Da sie rund 1800 Kilogramm inklusive Motor und etwas Benzin wiegt, ist sie außerdem trailerbar. Aber Achtung, das RIB ist mit aufgeblasenen Schläuchen 2,88 Meter breit. Wer also trailern will, muss die Luft ablassen, sodass die zulässige Breite eingehalten wird.
Die Aquaspirit S700 ist für jeden erdenklichen Tagesausflug gebaut. Sei es für sportliche Aktivitäten oder zum Sonnenbaden in einer Bucht. Wenn man sich für Schläuche aus Orca-Material entscheidet, ist eine sehr lange Lebensdauer garantiert. Die Verarbeitungsqualität ist hochwertig.
Aluminiumrumpf
Gut gearbeitete Schweißnähte
Gasdruckdämpfer an den Luken