Ralf Marquard
· 18.08.2013
Abenteuer zu zweit: Mit der neuen Aventura 34 OK bietet die niederländische Werft einen klassischen Stahlverdränger mit moderner Innengestaltung.
Der Name "Aventura" (spanisch für Abenteuer) offenbart bereits die Reiselust unseres Testbootes: ein niederländischer Stahlverdränger, der für die Entdeckung von Binnenrevieren und küstennahen Gewässern konzipiert ist. Gebaut wird er in zwei Versionen, als "AK" mit Achterkabine und, wie unser Testboot, als "OK"-Ausführung, die mit ihrer Bugkabine Platz für zwei bietet. Auf dem Salonsofa lässt sich ein weiterer Schlafplatz finden, dieser ist jedoch nur als Notkoje gedacht.
Die Vorderkabine (Stehhöhe 1,83 m) zeichnet sich durch eine unterlüftete (Lattenrost und Löcher) Koje mit ordentlich gepolsterter Matratze aus. Schränke und Ablagen sind ebenfalls passend vorhanden, ein Hängeschrank für Hemden und Jacken befindet sich im Salon. Gelüftet wird der Raum über je ein Bullauge pro Seite, das aufs Seitendeck zeigt, und ein knapp 0,50 m breites Notluk. Hell ist der Salon mit seinen beigefarbenen Furniereinbauten und den großen Fenstern. Sie bieten, auf der bequemen L-Bank sitzend, eine gute Sicht zur Seite und nach achtern. Nach vorn verdeckt der Aufbau (Fahrstand usw.) jedoch den direkten Blick.
Gegessen wird an einem Tisch, der für das Dinner zu zweit reichlich Platz bietet und auch für drei genügt. Gegenüber der Sitzecke ist der Pantryblock mit 3-Flammen-Gaskocher, passenden Staumöglichkeiten und Kühlschrank mit Gefrierfach eingebaut. Die Abdeckungen von Kocher und Spüle kann man beim Vorbereiten des Essens als Arbeitsfläche nutzen. Weitere Stellfläche hält der Tisch bereit. Gelüftet wird über zwei Deckenventilatoren, den Saloneingang oder das Seitenfenster beim Fahrstand.
Für die Frischluft des getrennten Dusch- und Toilettenraums steht jeweils ein Bullauge zur Verfügung. Die Räumlichkeiten sind gut aufgeteilt, weisen allerdings nur eine Stehhöhe von weniger als 1,80 m auf. Um sich entspannt abzubrausen, spendiert die Werft eine Bank in der Dusche. Die Anordnung der drei Türen von Dusche, Bugkabine und Toilettenraum fällt unpraktisch aus; die Nasszellentüren lassen sich nicht ganz öffnen, da sie vorher an den Fußbereich der Bugkoje stoßen, teilweise schlagen die Türen ungedämpft aneinander, was Kratzer hinterlässt.
Das "Leben unter freiem Himmel" findet auf einer geteilten U-Sitzbank im selbstlenzenden Cockpit statt. Ein freistehender Tisch ermöglicht gesellige Abende im Cockpit; um an Bord zu gelangen, müssen Gäste für den Seiteneinstieg einen großen, tiefen Schritt auf die Bank (hier keine Polsterauflagen) tun. Von dieser Plattform geht es außerdem auf die Seitendecks, deren Zugang die weit nach achtern gezogene Dachverlängerungsecke einschränkt. Dass die Badeplattform zu klein ausfällt und man deshalb von achtern nur umständlich ins Boot klettert, hat auch die Werft erkannt und plant sie für zukünftige Modelle tiefer.
Überhaupt werden Details, die auf unserem Testboot (Baunummer 1) nicht ganz "rund" ausfallen, überdacht und gegebenenfalls verbessert. Dazu gehört auch die Verarbeitung insgesamt, denn beispielsweise Nähte mit reichlich Schweißspritzern, bereits von Rost befallene Bereiche, klemmende Seitenfenster, losgerüt-telte Schrauben sowie Trimm-Metallplatten im Heck überzeugen nicht.
Installationen: Bis auf eine nicht befestigte Tankanzeigen-Elektronikbox mit "fliegenden" Strippen liegen alle Leitungen fest und sicher in Kabelkanälen oder sind ordentlich verstrapst im Motorraum. Letzteren erreicht man einfach über eine eingelegte Bodenplatte im Salon. Die Kraftstoffanlage besteht aus einem mit zwei Riemen befestigten Kunststofftank (mit Inspektionsluk) und Dieselfilter direkt am Motor; Absperrhahn: Fehlanzeige. Die meisten Spritschlauch-Anschlüsse befestigten die Techniker nur mit einer Schraubschelle.
Die Stromversorgung übernehmen zwei AGM-Batterien (130 Ah), 85-Ah-Blei-Säure-Akku und eine Optima-Batterie (mit eigenem Hauptschalter) für das Heckstrahlruder. Weitere Hauptschalter sitzen unter dem Fahrerfußboden, wo man ebenfalls die Automaten für die 230-V-Anlage findet. Um an die 12-V-Automaten (unter Fahrstand) zu gelangen, muss man nur eine Wandklappe im WC-Raum öffnen. Von dort hat der Betrachter auch einen guten Einblick auf die saubere Verkabelung von Instrumenten und Schaltern, die an dem übersichtlichen Armaturenbrett untergebracht sind.
Vor dem Fahrstand sitzt der Fahrer auf einer passend gepolsterten Einmann-Bank, die sich nicht verstellen lässt. Beinfreiheit und Fußstütze sind passabel, Steuerrad und Schaltung uneingeschränkt. Einziges Manko: Die Stehhöhe von 1,70 m verhindert entspanntes Fahren im Stehen. Völlig stressfrei bleibt der Fahrer bei Geradeauskursen: Nach einer kurzen Einpendelphase läuft der Rumpf stur in die gewünschte Richtung, was auch Gewichtsverlagerungen von einer Person nicht ändern.
In schnellen Kurven mit gut 7 kn legt sich das Boot nur kurz auf die Kurvenaußenseite und zieht dann fast waagerecht seine etwa zwei Bootslängen großen Runden. Die Steuerung bleibt stets leichtgängig, und mit der Ruderlagenanzeige lässt sich auch kinderleicht der Geradeauskurs wiederfinden. Gut drei Beaufort auf dem Kölpinsee beeinflussen die Kursstabilität auch bei seitlicher Wellenfahrt nicht im Geringsten – nur ganz wenige Tropfen erreichten mal die Scheibe.
Wer den Motor dabei etwa 2000/min drehen lässt, kommt mit knapp 6 kn außerdem wirtschaftlich voran. Bei einem Verbrauch von 0,56 l/sm reicht der riesige 400-l-Tank für 602 sm plus 15 % Reserve. Lässt man den Motor mit Vollgas drehen, erhöht sich die Geschwindigkeit nur um gut einen Knoten, die Reichweite verringert sich dagegen um mehr als die Hälfte; der maximale Schallpegel mit 71 dB/A hält sich dabei in Grenzen.
Geht’s zurück in den Hafen, lässt sich unsere Test-Aventura mit Bug- und Heckstrahlruder (beides Extra) gut anlegen. Gewöhnungsbedürftig ist dabei das hohe Schanzkleid, denn man kann den Abstand Rumpf-Steg nur schwer schätzen. Es überzeugt hingegen bei der Seitenhöhe innen mit über 1,00 m. Rutschfeste Strukturen im Cockpit, auf den Seitendecks sowie auf dem Vordeck garantieren Standfestigkeit, stabile Reling und Handläufe tun ein Übriges.
Bei der Ausrüstung fehlt die Handlenzpumpe. Komfort, wie Heizung, Boiler, Ankerwinde und Landanschluss bestellt man am besten in einem Optionspaket, das auch Bugschraube, Log und Lot, Ruderlagenanzeiger, Batterielader und Schiebefenster im Salon beinhaltet.
Fazit: Die Aventura 34 OK Classic ist ein Verdränger, der für zwei Personen zum Wasserwandern konzipiert wurde. Die Verarbeitung bekommt teilweise Minuspunkte; Gleiches gilt für einige Detaillösungen. Die Fahrleistungen fallen gut aus; die große Reichweite macht das Boot zum Dauerläufer.